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Geschichte Bronzezeit

Die Himmelsscheibe von Nebra beflügelte die Archäologie

Raubgräber bargen im Juli 1999 bei Nebra einen Schatz. Erst 2002 endete der Fall um die Himmelsscheibe und ihre Beigaben in einem Basler Hotel. Seitdem werden die Stücke erforscht und eröffnen völlig neue Perspektiven auf die Bronzezeit.
Ein Foto der restaurierten "Himmelsscheibe von Nebra" wird am Montag (27.09.2004) vom Landesmuseum für Vorgeschichte (Sachsen-Anhalt) in Halle/Saale veröffentlicht (undatierte Aufnahme). Das Weltbild der Bronzezeit ist auf der Himmelsscheibe, der ältesten konkreten Sternenabbildung der Welt von einer dreiköpfigen Forschergruppe entschlüsselt worden. Eindeutig sind ein Schiff, Sonne, Mond, Sterne und als Ansammlung von sieben Goldpunkten der Sternenhaufen der Plejaden in einer Konstellation wie vor 3600 Jahren zu erkennen. Dazu sind am Rand der Scheibe zwei Bögen, so genannte Horizontbögen zu sehen. Foto: Landesmuseum für Vorgeschichte dpa/lah (ACHTUNG - Dieses Foto ist nur frei zur Verwendung in Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung über den Termin "Weltbild der Himmelsscheibe" am 27.09.2004) +++ dpa-Bildfunk +++ Ein Foto der restaurierten "Himmelsscheibe von Nebra" wird am Montag (27.09.2004) vom Landesmuseum für Vorgeschichte (Sachsen-Anhalt) in Halle/Saale veröffentlicht (undatierte Aufnahme). Das Weltbild der Bronzezeit ist auf der Himmelsscheibe, der ältesten konkreten Sternenabbildung der Welt von einer dreiköpfigen Forschergruppe entschlüsselt worden. Eindeutig sind ein Schiff, Sonne, Mond, Sterne und als Ansammlung von sieben Goldpunkten der Sternenhaufen der Plejaden in einer Konstellation wie vor 3600 Jahren zu erkennen. Dazu sind am Rand der Scheibe zwei Bögen, so genannte Horizontbögen zu sehen. Foto: Landesmuseum für Vorgeschichte dpa/lah (ACHTUNG - Dieses Foto ist nur frei zur Verwendung in Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung über den Termin "Weltbild der Himmelsscheibe" am 27.09.2004) +++ dpa-Bildfunk +++
"Jahrhundertfund von weltweiter Bedeutung": Die Himmelsscheibe von Nebra nach der Restaurierung
Quelle: Landesmuseum für Vorgeschichte/dpa/picture-alliance
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Es ist Sonntag, der 4. Juli 1999, als gegen 15 Uhr die Sonde anschlägt. Der sehr starke, hohe Pfeifton im Kopfhörer signalisiert dem Mann, dass ein großes metallisches Teil dicht unter der Erdoberfläche liegt. Mit dem Fuß schiebt er ein paar Laubblätter zu Seite und lockert mit einem umgearbeiteten Feuerwehrbeil das Erdreich auf. Plötzlich schlägt er auf Metall. Sein Komplize kommt dazu. Etwas Rundes lehnt an einem Stein. Als die beiden Männer ihn entfernt haben, sehen sie, dass eine Scheibe zusammen mit anderen Stücken im Boden steckt. Was sie nicht ahnen: Bei der Scheibe handelt es sich um die älteste konkrete Darstellung astronomischer Phänomene weltweit.

Am Ende haben die Männer zwei Beile, einen Meißel, zwei zerbrochene Armspiralen und zwei Schwerter aus dem Boden geholt. Die Griffe der Schwerter sind mit Goldklammern verziert. Sie sind wertvoll, das erkennen die Männer sofort. Mit der Scheibe können sie nichts anfangen, sie nehmen sie mit, immerhin glänzt Gold darauf. So wird es einer der Angeklagten später im Prozess schildern, in dem es unter anderem um Fundunterschlagung ging.

Die wiedereröffnete „Arche Nebra" oberhalb der Unstrut. Neun Monate war das Besucherzentrum am Fundort der Himmelsscheibe wegen Sanierung geschlossen. Die Besucherinnen und Besucher erwartet unter anderem eine überarbeitete digitale Show im Planetarium, eine begehbare Wandinstallation, zudem wurde das Gebäude barrierefrei umgestaltet. Es wurden rund 3,2 Millionen Euro investiert. (Luftaufnahme mit Drohne)
Der Fundort: das Besucherzentrum „Arche Nebra" über der Unstrut
Quelle: picture alliance/dpa

Die Scheibe bleibt für die Öffentlichkeit zunächst unerreichbar. Erst zweieinhalb Jahre später, am 23. Februar 2002, wird der bronzezeitliche Schatz in einem Hotel in Basel von der Polizei sichergestellt. Vorangegangen waren Monate der Suche und ein verdächtiges Angebot von Hehlern. Zum Schein ließ sich Sachsen-Anhalts Landesarchäologe Harald Meller darauf ein und informierte die Polizei.

„Es ist ein großer Glücksfall, dass die Himmelsscheibe von Nebra nach ihrer Bergung durch illegale Sondengänger für das Land Sachsen-Anhalt bewahrt und ihre Fundstelle sowie Echtheit durch kriminologische Methoden, naturwissenschaftliche Untersuchungen und Nachgrabungen festgestellt werden konnten“, sagt Meller 25 Jahre später. Es eröffne den Menschen nicht für möglich gehaltene Einblicke in das Wissen und die Vorstellungswelt unserer Vorfahren. „Das ist ein Jahrhundertfund von weltweiter Bedeutung, wie auch die Aufnahme in das Unesco-Weltdokumentenerbe zeigt. Dieses Wissen würde uns fehlen, wäre sie im Kunsthandel verkauft worden.“

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Auf der etwa zwei Kilogramm schweren Scheibe mit einem Durchmesser von 32 Zentimetern befinden sich Goldauflagen, die von Archäologen als Horizontbögen, Schiff sowie Mond, Sonne und Sterne gedeutet werden. Eine Ansammlung von sieben Goldpunkten wird als Sternenhaufen der Plejaden, in einer Konstellation wie vor 3600 Jahren, gedeutet. Seit 2008 befindet sich die Himmelsscheibe in der Dauerausstellung des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle.

Die Himmelsscheibe beflügelte die Archäologie. Eines der weltweit größten Forschungsprojekte zur Bronzezeit lief zwischen 2004 und 2012. Untersucht wurden der archäologische Sensationsfund selbst und sein Umfeld. An dem Projekt mit dem Titel „Der Aufbruch zu neuen Horizonten. Die Funde von Nebra, Sachsen-Anhalt, und ihre Bedeutung für die Bronzezeit Europas“ beteiligten sich 36 Wissenschaftler unter anderem aus Halle, Jena, Tübingen, Bochum, dem Saarland und Edinburgh.

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Heute ist klar, die damalige Gesellschaft war wesentlich komplexer als früher angenommen, verfügte über Fernhandelsbeziehungen und große handwerkliche Fähigkeiten. Das Zinn für die Bronze kam zum Beispiel aus Cornwall, auch das Gold für Sonne, Mondsichel und die 32 Sterne, die Handwerker zwischen 1800 und 1750 v. Chr. auf der Scheibe befestigten. Ihr Kupfer stammt aus den Alpen.

Auch weil die Scheibe topographische Bezüge zum Brocken im Harz aufweist, verorten Experten ihre Entstehung in Mitteldeutschland. Ihre Hersteller haben in einer ersten Nutzungsphase eine Schaltregel zur Harmonisierung des Mondjahres (354 Tage) und des Sonnenjahres (365 Tage) codiert. In einer zweiten Phase verschlüsselten sie uraltes kalendarisches Wissen aus der Steinzeit über die Bestimmung der Sommer- und Wintersonnenwende. Denn bereits vor rund 7000 Jahren konnten der Lauf der Gestirne und der richtige Zeitpunkt für die Aussaat bestimmt werden.

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Mit diesem Wissen konnte eine Elite ihre herausgehobene Stellung legitimieren, die über Jahrhunderte hinweg eine einigermaßen stabile Herrschaft im Osten des Harzes, etwa zwischen Magdeburg und Erfurt, etablierte. Meller identifiziert sie mit der Aunjetitzer Kultur, in der Angehörige der Glockenbecher-Kultur und Zuwanderer aus dem Osten, die auch das Pferd mitbrachten, verschmolzen.

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Gestützt auf die Ressourcen, die die fruchtbaren Böden von Börde und Goldener Aue erbrachten, formten die Herren der Himmelsscheibe eine Gesellschaft, die von einem großen Maß an Organisation, Arbeitsteilung und Ungleichheit geprägt war. Der Elite engagierte sich im Fernhandel mit Metallen und Bernstein, was zum einen ihr Repräsentationsbedürfnis befriedigte, zum anderen der Herstellung von Waffen diente, mit denen loyale Kriegergruppen unterhalten werden konnten. Meller geht daher so weit, von der ersten Reichsbildung in Mitteleuropa zu sprechen.

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Für Sachsen-Anhalt bedeutet der Fund eine kulturelle und touristische Aufwertung. In das Besucherzentrum „Arche Nebra“ in der Nähe des Fundortes der Scheibe kamen nach Angaben der Leiterin Bettina Pfaff bislang insgesamt mehr als eine Million Menschen. Es gab drei große Sonderausstellungen zur Himmelsscheibe im Land, in den Jahren 2002, 2004 und 2021. Auch international wurde die Himmelsscheibe immer wieder gezeigt, eine Schau im British Museum in London zog 2022 rund 180.000 Besucher an.

mit dpa

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