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Geschichte Leo Baeck

Anstatt selbst zu fliehen, half er Juden bei der Flucht

Den Ersten Weltkrieg erlebte Leo Baeck als Feldrabbiner an der Front, in der Weimarer Republik übernahm er zahlreiche repräsentative Ämter. 1943 wurde er nach Theresienstadt verschleppt. Auch nach Kriegsende setzte er sich für jüdisch-christlichen Dialog ein.
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Leo Baeck am 17. August 1951 in der Synagoge in Berlin-Charlottenburg
Quelle: pa/dpa
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Zwei seiner Schwestern starben in Theresienstadt, er selbst überlebte das Konzentrationslager, in das er im Alter von fast 70 Jahren deportiert wurde. Der Rabbiner und Religionsphilosoph Leo Baeck (1873-1956) hörte trotzdem zeitlebens nicht auf, sich für Versöhnung zwischen Juden und Christen einzusetzen. Der Sohn eines Rabbiners wurde am 23. Mai 1873 in der Kleinstadt Lissa in der damaligen Provinz Posen geboren, dem heutigen Leszno.

Das Gebäude der ehemaligen Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin, an der er bis zu deren Schließung 1942 lehrte, ist heute nach ihm benannt. Auf dem eigens verbreiterten Fußweg davor stehen Poller als Schutz vor Anschlägen. In dem Haus hat unter anderem der Zentralrat der Juden in Deutschland seinen Sitz. Er vergibt seit 1957 jährlich den Leo-Baeck-Preis, seine höchste Auszeichnung.

Baeck, der aus einer orthodoxen Familie stammte, setzte sich als Vermittler zwischen verschiedenen Strömungen im Judentum ein – und nicht nur das: Nach dem Ersten Weltkrieg begründete er einen christlich-jüdischen Gesprächskreis, der zur religiösen und kulturellen Verständigung beitragen sollte. Nach dem Ende des Nationalsozialismus ließ er die Arbeit mit dem Gesprächskreis wieder aufleben.

Mit dem Wunsch, Rabbiner zu werden, besuchte Baeck zunächst das konservative Jüdisch-Theologische Seminar in Breslau. Anschließend setzte er sein dort parallel begonnenes Philosophiestudium in Berlin fort und besuchte die liberale Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums. 1905 erschien sein religionsphilosophisches Werk „Das Wesen des Judentums“. Nach Stationen als Rabbiner im schlesischen Oppeln (Opole) und Düsseldorf berief ihn 1912 die Jüdische Gemeinde Berlin an die damals neue Synagoge in der Fasanenstraße.

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Den Ersten Weltkrieg erlebte Baeck als Feldrabbiner an der Front, in der Weimarer Republik übernahm er zahlreiche repräsentative Ämter. So wurde er unter anderem Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Rabbinerverbands. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 leitete er die Reichsvertretung der Deutschen Juden, den Zusammenschluss der jüdischen Gemeinden und Verbände. Anstatt selbst vor der antisemitischen Verfolgung zu fliehen, unterstützte er Juden und half ihnen bei der Flucht.

Während der Pogromnacht von 1938 wurde auch die Synagoge in der Berliner Fasanenstraße zerstört. Baeck aber blieb bei seiner Gemeinde. 1943 wurde er nach Theresienstadt verschleppt. Im Konzentrationslager ließ er sich in den Ältestenrat wählen und unterstützte andere Gefangene. Im Lager wurde Baeck „zum Arbeiten wie ein Pferd vor einen Müllwagen“ gespannt, sagte der damalige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier 2015 bei der Verleihung des Leo-Baeck-Preises an den Grünen-Politiker Volker Beck.

Nach der Befreiung des Lagers und dem Ende des Zweiten Weltkriegs zog der schwer misshandelte Baeck nach London, wo seit 1938 seine Tochter wohnte. Er sah damals kaum Chancen für ein Wiederaufleben jüdischen Lebens in Deutschland. „Soviel Mord, Raub und Plünderung, soviel Blut und Tränen und Gräber können nicht mehr ausgelöscht werden“, sagte er. „Unser Glaube war es, dass deutscher und jüdischer Geist auf deutschem Boden sich treffen und durch ihre Vermählung zum Segen werden könnten. Die Epoche der Juden in Deutschland ist ein für alle Mal vorbei.“

Dennoch bemühte er sich weiter um Dialog. In London gründete er Ende 1955, rund ein Jahr vor seinem Tod am 2. November 1956, das Leo Baeck Institute zur Erforschung der Geschichte des Judentums in Deutschland.

Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte 2007 bei der Verleihung des Leo-Baeck-Preises an sie, der Rabbiner habe Zeichen für Toleranz und für Zivilcourage gesetzt. Er habe gewusst, „dass das eine nicht ohne das andere geht“. Unter anderem Mitgefangene aus Theresienstadt hatten Baecks Hilfsbereitschaft und aufrechte Haltung im Lager als wertvolle Stütze beschrieben.

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Michael Meyer schrieb in seiner 2021 auf Deutsch erschienenen Biografie „Leo Baeck. Rabbiner in bedrängter Zeit“ über den im orthodoxen Umfeld aufgewachsenen und später liberalen Gelehrten: Baeck habe sich darum bemüht, „ein tiefes Bewusstsein für das jüdische Erbe zu bewahren und zugleich die jüdische Lehre mit universellen Werten in Einklang zu bringen“.

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epd/mak

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