„Sehr viele sehr kluge Maßnahmen“ hat Bundeskanzler Olaf Scholz in dieser Woche angekündigt, einen „Wachstumsturbo“ für das Land will die Ampelregierung auf den Weg bringen. Das ist auch bitter nötig, denn konjunkturell präsentiert sich Deutschland als Gastgeber der Fußball-EM reichlich lahm, und das nicht erst seit dem Start des Turniers.
Was für ein Unterschied zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006: Auch damals hatte Deutschland – ähnlich wie jetzt – einige trübe Jahre hinter sich, bevor das Sommermärchen im eigenen Land die Wende einleitete. Erst gingen Stimmung und Aufträge nach oben, später dann die Wirtschaftsleistung insgesamt. Kräftige 3,8 Prozent legte das deutsche Bruttoinlandsprodukt damals zu, mehr als in den fünf Jahren davor zusammengenommen.
Von einer solchen Wende zum Besseren ist Deutschland aktuell weit entfernt. Und das liegt nicht an der – überraschend guten – Leistung der Fußballer, sondern an der bisherigen Nicht-Leistung dieser Bundesregierung. Dass die Auftragsbücher der deutschen Industrie so leer sind wie seit 2012 nicht mehr, kann man natürlich auch mit der Konjunkturabkühlung in China und Unsicherheiten über den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl erklären.
Beides belastet wichtige Exportbranchen und damit Säulen des Wachstums. Als alleinige Erklärung reicht das aber nicht aus. Viel entscheidender sind die zahlreichen Dauerbaustellen im eigenen Land, die die Wirtschaft ausbremsen: allen voran der weitverbreitete Fachkräftemangel, die im internationalen Vergleich hohen Energiekosten und eine überbordende Bürokratie.
Vorbild Agenda 2010
Das Sommermärchen 2006 verdankte Deutschland vor allem zwei Dingen: Zum einen den Vorzieheffekten der damals drohenden Mehrwertsteuererhöhung; zum anderen einem gewissen Reformwerk namens Agenda 2010, das damals begann, Wirkung zu zeigen. Es war das letzte große Reformwerk seiner Art. Auf eine Neuauflage wartet Deutschland bis heute. Wenn die Regierung wirklich den Turbo einlegen will: Hier wäre er mehr als nötig.