Editorial

VOGUE im Juli/August 2024: "Das Verbindende ist so viel beflügelnder ist als das Trennende"

Unter dem Motto "LOVE" plädiert die neue Juli/August-Ausgabe 2024 für Dialog und Zusammenhalt – besonders inspiriert durch das Vorbild der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer. Kerstin Weng, Head of Editorial Content von VOGUE Germany, über das, was das Leben so lebenswert macht.
VOGUE im JuliAugust 2024 LOVE
Katja Broemer

VOGUE im Juli/August 2024: Das sind die Themen unserer Sommer-Ausgabe.

Kürzlich las ich, das Ende der Cancel-Culture sei nah. Also das Ende davon, Menschen und Unternehmen bei Fehlverhalten öffentlichkeitswirksam durch Ausschluss abzustrafen. Ich war mir erst nicht sicher, wie ich das finden sollte. Schließlich ist es wichtig, dass Einzelne, die gravierende Fehler begehen oder gar Kriminelles tun, sich nicht hinter Macht oder Ansehen verstecken können. Ein kollektiver Aufschrei brachte unter anderem Harvey Weinstein zu Fall. Andererseits: Die Cancel-Culture hat sich verselbstständigt. Sie nährt das gesellschaftliche Klima der Spaltung. Wir hatten zwar schon eine Mauer in unserem Land, doch war Deutschland selten so geteilt wie jetzt. Wer etwas sagt, das nicht ins Weltbild des Gegenübers passt, wird angegriffen (auch oft körperlich) oder digital ausgebuht. So verstärkt sich Lagerbildung.

Dabei könnten wir doch gerade aus der Mode lernen, wo vieles gleichzeitig sein darf. Trends und Ästhetiken existieren parallel, sie inspirieren sich oft gegenseitig, gerade beim Verbinden von vermeintlichen Kontrasten entsteht Großartiges. Das Kreative der Mode setzt auf Dialog.

Margot Friedländer auf dem Cover der VOGUE Collector's IssueFoto: MARK PECKMEZIAN. Styling: KATE PHELAN. Haare und Make-up: SUSANNA JONAS.

Die VOGUE Collector's Issue im Juli/August 2024 unter dem Motto "LOVE"

Diese Ausgabe haben wir unter das Motto Liebe gestellt. Sie soll daran erinnern, dass das Verbindende so viel beflügelnder ist als das Trennende. Es geht deshalb um Lieblingsstücke, Lieblingsmenschen (wie Joy Denalane und Max Herre – ab Seite 72) und um den deutschen Fashion-Darling Odeeh (ab Seite 46); es geht um das, was uns guttut (Reise-Special ab Seite 100), um Gemeinschaft (Olympia-Special ab Seite 114), um die modische Freude am Kommunizieren (Method Dressing ab Seite 40) und um eine positive Einstellung.

Margot Friedländer auf ihrem Balkon, am Tag vor dem Covershoot.

privat

Die positivste Person, die ich kenne, ist in dieser Ausgabe auf unserem Cover: Margot Friedländer. Vielen ist sie als Holocaust-Überlebende bekannt, doch sie hat nicht nur die Nazis überstanden, sondern auch Verrat und Verlust. Sie hätte jeden Grund, verbittert zu sein, bleibt aber aufgeschlossen, lässt sich auf keine Seite ziehen, ist Menschenfreundin durch und durch. Sie ist mit ihren 102 Jahren das Gegenteil von Cancel-Culture. Zugegeben, es ist aktuell nicht leicht, im Dialog zu bleiben, doch wenn ich an Margot Friedländer denke und an ihre Liebe zu Menschen, weiß ich, dass es möglich ist. Viel Freude mit dieser Ausgabe!

– Kerstin Weng, Head of Editorial Content

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