Lübecker Marzipan und Spreewaldgurken

Wie die EU regionale Spezialitäten in Deutschland schützt

In den Farben Schwarz, Rot und Gold verpackte Marzipanstücke der Marke Niederegger liegen in einem Schaufenster.

In den Farben Schwarz, Rot und Gold verpackte Marzipanstücke der Marke Niederegger liegen in einem Schaufenster.

Brüssel. Was haben Spreewaldgurken, Hessischer Apfelwein und Lübecker Marzipan gemeinsam? Sie alle dürfen das EU-Siegel „Geschützte geografische Angabe“ tragen. Tausende Produkte in der Europäischen Union tragen dieses Siegel, das sie als Spezialität einer bestimmten Region auszeichnet. Die EU will damit die lokale Identität, den Wert regionaler Produkte und die Wirtschaftskraft im landwirtschaftlichen Raum stärken. Den lokalen Betrieben geht es vor allem um die Exklusivität ihrer Erzeugnisse: Kein Großkonzern darf in Deutschland Goudakäse (benannt nach der niederländischen Stadt Gouda) herstellen oder einen badischen Sekt als Champagner verkaufen. Selbst „Marzipan nach Lübecker Art“ ist nicht erlaubt. Festgelegt sind die Vorschriften für die Siegel in der EU-Verordnung 664/2014, wie unsere Serie zur Europawahl zeigt.

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Etwa 80 Spezialitäten aus Deutschland tragen dieses Gütezeichen der EU. Allerdings muss für dieses Siegel nur ein einziger Produktionsschritt in der betreffenden Region stattfinden. Über die Herkunft der Rohstoffe sagt das Label also nichts aus. „So könnte das Schweinefleisch für die Nürnberger Rostbratwurst aus Dänemark oder den Niederlanden stammen und nur die Wurstherstellung in der Region erfolgen“, kritisiert die Verbraucherzentrale.

Die drei EU-Zeichen im Vergleich.

Die drei EU-Zeichen im Vergleich.

Deutlich strenger ist das EU-Zeichen „Geschützte Ursprungsbezeichnung“, bei dem alle Herstellungsschritte in einer Region erfolgen müssen. Bei tierischen Produkten müssen sogar die Futtermittel überwiegend aus der Region stammen. Außerdem ist ganz genau festgelegt, wie das Produkt hergestellt werden muss. Angesichts dieser Anforderungen ist es nicht verwunderlich, dass nur rund 30 Lebensmittel aus Deutschland dieses Siegel tragen. Dazu zählen zum Beispiel der Allgäuer Bergkäse und das Fleisch der Lüneburger Heidschnucke, einer norddeutschen Schafrasse. In der ganzen EU sind es allerdings rund 2000 Produkte.

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Ein drittes EU-Label gibt es für „garantiert traditionelle Spezialitäten bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln“, wie es in der EU-Verordnung heißt. Hier stehen regionale Traditionen bei der Zubereitung einfacherer Produkte im Mittelpunkt. Damit ein Produkt „traditionell“ hergestellt wird, muss das Wissen um die Herstellung seit mindestens 30 Jahren von Generation zu Generation weitergegeben werden. Heumilch und Mozzarella werden häufig mit diesem Siegel geschützt. Da die drei Siegel sehr ähnlich aussehen, warnt die Verbraucherzentrale vor Verwechslungsgefahr.

Die meisten geschützten Produkte gibt es übrigens in Italien. Dort tragen mehr als 880 regionale Lebensmittel ein EU-Siegel, mehr als die Hälfte davon sind Weine. Spanien hat sich vor allem Obst und Gemüse schützen lassen, Portugal Schinken- und Wurstspezialitäten.

Die EU und ich: Wie Europa unseren Alltag beeinflusst – die RND-Serie zur Europawahl 2024

Dieser Artikel ist Teil unserer wöchentlichen Serie zur Europawahl 2024.

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