Kolumne „Weltwirtschaft“

Die 6-Billionen-Dollar-Talfahrt der chinesischen Aktienmärkte

Ein chinesischer Investor ruht sich aus, vor einer Monitorwand, an der die Aktienkurse in einem Brokerhaus angezeigt werden.

Ein chinesischer Investor ruht sich aus, vor einer Monitorwand, an der die Aktienkurse in einem Brokerhaus angezeigt werden.

Momentan werden in China selbst die loyalsten Patrioten auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Der politische Kommentator Hu Xijin zum Beispiel geht nur mehr mit Sonnenbrille und gesenktem Blick in sein Stamm­nudellokal, wie er kürzlich auf den sozialen Medien schrieb. Denn der 63‑Jährige verkündete noch vor wenigen Wochen öffentlich, dass er – allen Unkenrufen zum Trotz – jetzt erst recht in chinesische Aktien investieren werde. Und nun fürchtet der ehemalige Chefredakteur der „Global Times“ die hämischen Blicke der Besserwisser.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Denn die chinesischen Börsen sind seither nur noch tiefer gefallen. Die seit drei Jahren anhaltende Talfahrt hat bereits über 6 Billionen Dollar vernichtet. Am Wochenende schließlich stürmten die chinesischen Anleger den Onlineaccount der US‑Botschaft in Peking, wohl in der Hoffnung, dort den Zensoren entgehen zu können. Dort ließen sie zu Zehntausenden ihren Frust ab: „Können Sie nicht einige Raketen erübrigen, um die Börse in Shanghai wegzubomben?“, schrieb einer der Poster.

Chinesische Kurse stellen Binsenweisheit infrage

Tatsächlich stellen die chinesischen Kurse eine alte Binsenweisheit infrage, nach der man auf dem Aktienmarkt nur genug Geduld mitbringen müsse. Wer etwa zum Zeitpunkt der Übergabe Hongkongs an China in den Hang Seng Index investierte, das Hongkonger Äquivalent zum Dax, steht nun knapp 27 Jahre später mit einem deutlichen Minus da.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Dabei verfügt das Reich der Mitte über Unternehmen, die stärker denn je innovative und international konkurrenzfähige Geschäftsmodelle zustande bringen. Das Problem ist jedoch, wie so vieles im Reich der Mitte, politischer Natur: Die grundlegende Vertrauensbasis ist zerstört.

Unbezahlbar

Unser Newsletter begleitet Sie mit wertvollen Tipps und Hintergründen durch Energiekrise und Inflation – immer mittwochs.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Vertrauen lässt sich nicht einfach ab- und wieder aufdrehen

Nun realisiert die chinesische Regierung, dass man es zu weit getrieben hat mit der Einmischung in die Privatwirtschaft. Doch sämtliche unterstützenden Maßnahmen fruchten bislang wenig. Das Vertrauen der Märkte lässt sich eben nicht so einfach ab- und wieder aufdrehen wie ein Lautstärkeregler.

Fabian Kretschmer ist Peking-Korrespondent des RND. Wie die Chinesen und Chinesinnen das 21. Jahrhundert erobern wollen, erklärt er hier im Wechsel mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus anderen Regionen. Alle bisherigen Beiträge der Kolumne finden Sie hier.

Mehr aus Wirtschaft

 
 
 
 
Anzeige

Spiele

Das tägliche Kreuzworträtsel

Testen Sie ihr Allgemeinwissen und finden Sie das Lösungswort des Tages.

Anzeige