Ist wirklich nur die Maske schuld?

Frankreichs Superstar Kylian Mbappé: Bisher nur ein Schatten seiner selbst

Richtet seine Maske: Frankreichs Superstar Kylian Mbappé.

Richtet seine Maske: Frankreichs Superstar Kylian Mbappé.

Der Wechsel zu Real Madrid hätte ihn eigentlich beflügeln sollen. Am 3. Juni, elf Tage vor Beginn der Europameisterschaft, unterschrieb Kylian Mbappé beim spanischen Champions-League-Sieger einen Vertrag bis 2029 und kehrte Paris Saint-Germain damit endgültig den Rücken. Direkt im Anschluss postete der französische Superstar ein Bild bei Instagram, das ihn als Kind im Trainingsanzug von Real zeigt. Ganz nach dem Motto: ‚Seht her, ich spiele in Zukunft für meinen Traumverein.‘

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Mit dieser frohen Kunde im Gepäck reiste Mbappé schließlich mit der französischen Nationalmannschaft zur EM in Deutschland. Sein klares Ziel: der Favoritenrolle gerecht werden, den Titel holen und selbst einen entscheidenden Beitrag dazu leisten. Die Tatsache, dass Frankreich inzwischen im Halbfinale steht und dort am Dienstagabend (21 Uhr, ZDF und MagentaTV) auf Spanien trifft, lässt eigentlich vermuten, dass bisher alles nach Plan läuft. Doch das trifft nur bedingt zu.

Denn zur Wahrheit gehört auch: Die Équipe Tricolore hat im gesamten Turnierverlauf noch keinen Treffer aus dem Spiel heraus erzielt. Lediglich zwei Eigentore und ein Elfmetertor von Mbappé stehen bislang zu Buche. Dass Frankreich mit dieser Ausbeute zu den vier besten Teams in Europa gehört, liegt vor allem an der starken Defensive, die erst einen Gegentreffer zuließ. Die mit Stars bestückte Offensive überzeugt higegen kaum. Auch Mbappé präsentiert sich als Schatten seiner selbst. Von dem Mann, der mit seinem Tempo allen davonsprintet, der seine Gegner schwindelig spielt und vor dem Tor eiskalt bleibt, ist in Deutschland bisher nichts zu sehen.

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Ein Grund dafür ist sicherlich sein Nasenbeinbruch, den er sich im ersten Gruppenspiel gegen Österreich (1:0) zuzog. Seitdem läuft der Angreifer, dessen Marktwert von transfermarkt.de auf satte 180 Millionen Euro geschätzt wird, mit einer Spezialmaske im Gesicht auf. „Es ist furchtbar, mit ihr zu spielen. Ich hasse es, es ist wirklich sehr irritierend“, sagte er bereits vor dem Achtelfinale gegen Belgien (1:0). In der Tat fällt auf, dass sich Mbappé während der Spiele immer wieder seine Maske richtet und vor allem Kopfballduelle meidet. Er wirkt gehemmt und nicht voll bei der Sache.

Mbappé: „Ich war zu müde“

Auswirkungen auf seine fußballerischen Fähigkeiten dürfte der Nasenschutz aber eigentlich nicht haben. Doch auch mit dem Ball am Fuß bringt der Superstar seine Qualitäten nicht auf den Rasen. Immer wieder bleibt er in Dribblings hängen. Immer wieder werden seine Abschlüsse geblockt oder fliegen am Tor vorbei. Im Viertelfinale gegen Portugal, das Les Bleus nach 120 torlosen Minuten im Elfmeterschießen für sich entschieden, ließ sich Mbappé zur zweiten Hälfte der Verlängerung sogar aus freien Stücken auswechseln. Das passiert eigentlich nie.

Ist es wirklich nur die Maske, die den 25-Jährigen beeinträchtigt? „Ich hatte bereits am Ende der regulären Spielzeit mit dem Trainer gesprochen. Wir haben gesagt, dass ich es noch einmal versuche. In der Pause habe ich dann gesagt, dass ich mich nicht mehr gut fühle. Ich war zu müde“, erklärte Mbappé seine Auswechslung. Offenbar spielt auch die Fitness eine Rolle. Das untermauern auch die Aussagen von Coach Didier Deschamps, der von Rückenproblemen bei Mbappé berichtete. Mit diesen hatte sich der künftige Madrilene schon vor der EM herumgeplagt.

Und dann wäre da noch die politische Lage in seinem Heimatland. Anlässlich der Parlamentswahlen hatte sich Mbappé mehrfach politisch geäußert und zur Wahl gegen rechts aufgerufen. Die deutliche Kritik von Marine Le Pen, Vorsitzende des rechtsnationalen Rassemblement National (RN), an den Aussagen Mbappés im Vorfeld der Stichwahl am Sonntag sorgten zusätzlich dafür, dass noch mehr Augen auf ihn gerichtet sind – auch wenn der befürchtete Rechtsruck letztlich überraschend ausblieb. Frankreichs Superstar muss sich vor dem Halbfinale also nicht bloß mit seiner Spezialmaske und seinem Rücken auseinandersetzen – er nimmt auch eine zentrale Rolle in der politischen Debatte ein.

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Obwohl sich Mbappé über die Wahlpleite des RN freuen dürfte, ist seine Vorbereitung auf Deutschland-Bezwinger Spanien, die bisher beste Mannschaft des Turniers, erschwert worden. Das lässt die Hoffnungen auf eine Leistungsexplosion des Angreifers nicht unbedingt größer werden. Und Real Madrid hat sicherlich auch auf einen besseren Mbappé bei der EM gehofft. Schließlich wollen sie ihn Medienberichten zufolge zwei Tage nach dem Finale mit einer Show der Superlative vor 80.000 Fans vorstellen. Negative Presse kann da im Vorfeld kaum erwünscht sein. Was trotz aller Probleme aber nicht vergessen werden darf: Mbappé hat mit Frankreich noch mindestens ein EM-Spiel vor der Brust. Und wenn man es jemandem zutrauen muss, sich von all dem zu befreien, dann ihm.

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