Uefa sperrt Nationalspieler

Merih Demiral zeigt Wolfsgruß: Was das Handzeichen türkischer Rechtsextremer bedeutet

Merih Demiral beim Jubel nach seinem zweiten Tor gegen Österreich. Dabei zeigt er den Wolfsgruß.

Merih Demiral beim Jubel nach seinem zweiten Tor gegen Österreich. Dabei zeigt er den Wolfsgruß.

Berlin. Spieler und Fans der türkischen Nationalmannschaft hatten am Dienstagabend einigen Grund zu feiern: Im Achtelfinale der Fußball-Europameisterschaft setzte sich die Türkei mit 2:1 gegen Österreich durch und zog ins Viertelfinale ein.

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Für Aufsehen sorgte zuvor jedoch der türkische Nationalspieler Merih Demiral mit seiner Jubelgeste. Der 26-Jährige formte nach seinem zweiten Treffer am Dienstagabend im Leipziger Stadion mit beiden Händen den sogenannten Wolfsgruß, ein Handzeichen und Symbol der Grauen Wölfe. Bei Menschenrechtlern und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sorgte die Geste im Anschluss für scharfe Kritik, die Uefa sperrte den Spieler schließlich am Freitag für zwei Spiele.

dpatopbilder - 02.07.2024, Berlin: Fußball: EM, Österreich - Türkei, Finalrunde, Achtelfinale. Türkei-Fans feiern den Sieg am Breitscheidplatz. Foto: Christoph Soeder/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Autokorsos bis in die Nacht: Party nach Türkei-Sieg in vielen deutschen Städten

Die Türkei ist am Dienstagabend in das EM-Viertelfinale eingezogen, das Spiel gegen Österreich entschied das Team mit 2:1 für sich. Grund genug für Fans in zahlreichen Städten bis tief in die Nacht mit Autokorsos und Hupkonzerten zu feiern. Die schönsten Partyfotos.

Denn bei dem Handzeichen handelt es sich um ein Erkennungszeichen türkischer Rechtsextremisten. Die Grauen Wölfe sind eine ultranationalistische politische Bewegung in der Türkei. Ihre Anhänger wollen eine Art großtürkisches Reich schaffen, in dem alle Turkvölker vereint sind. In den Augen vieler türkischen Rechtsextremisten sollte sich dieses Großreich vom Balkan bis nach China erstrecken.

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Von mörderischen Paramilitärs zum Koalitionspartner Erdogans

In der türkischen Parteipolitik wird die Ideologie der Grauen Wölfe von der MHP vertreten, der 1969 gegründeten Partei der Nationalistischen Bewegung. Bei der letzten türkischen Parlamentswahl erhielt sie etwa 10 Prozent der Stimmen und ist Teil der Regierungskoalition um die islamisch-konservative AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.

Die Grauen Wölfe sind jedoch mehr als nur eine politische Partei: Als paramilitärische Kommandos verübten sie zwischen den 1960er- und den 1990er-Jahren Mordanschläge, unter anderem auf sozialistische und kurdische Politiker und Gewerkschafter. Sie sind auch für Pogrome gegen Aleviten verantwortlich. Beim Pogrom von Kahramanmaraş im Süden Anatoliens wurden im Dezember 1978 mehr als 100 Menschen getötet. Zuvor waren Häuser von Aleviten mit roter Farbe als Ziel markiert worden.

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Die Ideologie der Grauen Wölfe ist durch einen extremen Nationalismus und einen starken Rassismus geprägt, der sich besonders gegen Kurden und Armenier richtet. Auch Antisemitismus spielt im türkischen Rechtsextremismus eine maßgebliche Rolle.

„Größte rechtsextreme Organisation in Deutschland“

Auch in Deutschland sind die Grauen Wölfe seit Jahrzehnten aktiv. Der Sozialwissenschaftler Kemal Bozay bezeichnete sie in einem Dossier für die Bundeszentrale für politische Bildung 2017 gar als „die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland“. Das Bundesamt für Verfassungsschutz zählt in seinem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht für 2023 etwa 12.500 Graue Wölfe in Deutschland. Rund 10.500 davon seien in drei großen Dachverbänden organisiert.

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Die größte Organisation der Grauen Wölfe in Deutschland ist die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland (ADÜTDF), die laut Verfassungsschutzangaben die Interessen der MHP in Deutschland vertritt. Bedeutend ist außerdem die zweitgrößte Organisation, die Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa (ATIB) – eine religiösere Abspaltung von der ADÜTDF, die für einen stärker islamisch geprägten türkischen Nationalismus steht und zahlreiche Moscheen in Deutschland betreibt.

Die Ideologie der Grauen Wölfe ist zudem längst auch bei vielen Anhängern und Wählern von Präsident Erdogan verbreitet. Nach der Präsidentschaftswahl in der Türkei war der Wolfsgruß im vergangenen Mai auch bei Jubeldemonstrationen von Erdogan-Unterstützern in deutschen Städten zu sehen.

Auch wenn die Grauen Wölfe vom Verfassungsschutz beobachtet werden – bei dem Wolfsgruß handelt es sich anders als etwa beim Hitlergruß nicht um ein verbotenes Symbol. In der Vergangenheit gab es jedoch mehrfach politische Initiativen für ein Verbot der Grauen Wölfe. Sollte es zu einem solchen Verbot kommen, könnte damit auch das Zeigen des Wolfsgrußes unter Strafe gestellt werden.

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