Militärstützpunkte werden zum Problem

Zypern gerät zwischen die Fronten des Nahostkonflikts

In Akrotiri sind unter anderem Flugzeuge der Royal Airforce stationiert.

In Akrotiri sind unter anderem Flugzeuge der Royal Airforce stationiert.

In Zypern wächst die Sorge vor einer Eskalation der Kämpfe im Nahen Osten. Auf der Insel gibt es zwei britische Militärbasen. Weitet Israel seine Offensive auf den Süden des Libanon aus, könnte der EU-Staat in den Krieg hineingezogen werden. An Warnungen mangelt es nicht.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Erst drohte die Terrormiliz Hisbollah, jetzt versucht auch die Türkei die Regierung der EU-Inselrepublik Zypern einzuschüchtern: Zypern sei „ein operationelles Zentrum für Israels Völkermord in Gaza“, sagte der türkische Außenminister Hakan Fidan dem Nachrichtenkanal Habertürk. Wenn sich die Zyprer aus dem Konflikt „nicht heraushalten, werden sie zur Kriegspartei, und dann wird das Feuer über sie kommen“, sagte Fidan.

Krisen-Radar

RND-Auslandsreporter Can Merey und sein Team analysieren die Entwicklung globaler Krisen im wöchentlichen Newsletter zur Sicherheitslage – immer mittwochs.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Ganz ähnlich hatte sich vergangene Woche der Generalsekretär der libanesischen Terrormiliz Hisbollah, Hassan Nasrallah, geäußert. Wenn Zypern Israel mit seinen Flug- und Seehäfen logistisch unterstütze, werde die Hisbollah Vergeltung üben. Dass der türkische Außenminister nun ins gleiche Horn stößt, kommt nicht überraschend. Die türkische Regierung betrachtet sich als Schutzherr radikal-islamischer Terrororganisationen wie der Hamas und der Hisbollah. Staatschef Recep Tayyip Erdogan bezeichnet die Hamas als „Befreiungsorganisation“, während er Israel als „Terrorstaat“ geißelt.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Hintergrund der jüngsten Drohungen aus Ankara und Beirut sind mutmaßliche Pläne Israels, den Krieg auf den Süden des Libanon auszuweiten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte in einem Fernsehinterview an, sobald die Armee ihre Kämpfe im Gazastreifen beendet habe, werde man sich „nach Norden wenden“. Dort beschießt die Hisbollah seit Monaten israelische Städte und Dörfer aus dem Libanon mit Raketen. In israelischen Militärkreisen heißt es, man habe bereits operative Pläne für eine Invasion im Libanon. Laut arabischen Medien erwarten die USA für Mitte Juli eine israelische Bodenoperation im Südlibanon.

Zypern „Teil der Lösung und nicht Teil des Problems“

Die Drohungen der Hisbollah haben in Zyperns Inselhauptstadt Nikosia Nervosität ausgelöst. Zypern ist seit einer türkischen Invasion im Sommer 1974 geteilt. Im besetzten Inselnorden stehen rund 35.000 türkische Soldaten. Zyperns Staatspräsident Nikos Christodoulides erklärte, sein Land sei „weder in der Region noch anderswo an militärischen Operationen beteiligt“. Zypern sei „Teil der Lösung und nicht Teil des Problems“, so der Staatschef. Er spielte damit auf die Rolle seines Landes als Drehscheibe für humanitäre Hilfslieferungen nach Gaza an.

Baerbock besorgt um Lage an israelisch-libanesischer Grenze

Baerbock kommt am Dienstag nach Angaben des Auswärtigen Amts zunächst in Ramallah mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Mustafa zusammen.

Tatsächlich sind der Hisbollah-Chef und der türkische Außenminister mit ihren Drohungen bei der zyprischen Regierung an der falschen Adresse. Denn es geht um die beiden britischen Militärbasen auf Zypern, Akrotiri und Dhekelia. Sie sind eine Hinterlassenschaft der britischen Kolonialherrschaft. Als London 1960 Zypern in die Unabhängigkeit entließ, verblieben die beiden Stützpunkte als britisches Staatsgebiet unter der alleinigen Kontrolle des Vereinigten Königreichs. Die zyprische Regierung hat keinerlei Einfluss darauf, was auf den beiden Militärstützpunkten passiert.

Militärstützpunkte zuletzt für Angriffe auf Huthi-Rebellen genutzt

Sie spielen vor allem für militärische Aufklärung im Nahen Osten eine wichtige Rolle und werden auch von den USA genutzt. Ihnen verdankt Zypern seinen Ruf als „unsinkbarer Flugzeugträger“ des Westens im östlichen Mittelmeer. In den Irak-Kriegen, während der Nato-Operation in Libyen 2011 und bei den Luftangriffen auf die IS-Terrormiliz spielten die Basen eine Schlüsselrolle. Im Januar nutzte Großbritannien die Basis Akrotiri für Angriffe auf die Huthi-Rebellen im Jemen. Über Aktivitäten auf den Basen während des gegenwärtigen Krieges Israel gegen die Hamas gibt Großbritannien keine Auskunft.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Zypern dürfe „nicht als Basis für Kriegsoperationen dienen“, sagte Inselpräident Christodoulides jetzt. Eine Ausweitung des Konflikts auf den Libanon könnte für die Insel schwerwiegende Folgen haben. Beobachter rechnen dann mit einer massiven Flüchtlingswelle. Zu den primären Zielen dürfte das 160 Kilometer entfernte Zypern gehören. Trägt Israel den Krieg in den Libanon, könnten nicht nur Hunderttausende Libanesen zu Vertriebenen werden. Der Libanon, der nur etwa halb so groß ist wie Hessen, beherbergt außer den eigenen 5,5 Millionen Einwohnern auch 1,5 Millionen syrische Bürgerkriegsflüchtlinge. Das Land steckt seit Jahren in einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise. Regierung und Parlament verlieren immer mehr die Kontrolle, stärkste Macht ist die islamistische Hisbollah.

Mehr aus Politik

 
 
 
 
Anzeige

Spiele

Das tägliche Kreuzworträtsel

Testen Sie ihr Allgemeinwissen und finden Sie das Lösungswort des Tages.

Anzeige