Berufe der Zukunft

Die Welt von morgen gestalten: Was machen die Zukunft Erforschende?

Zukunftsforscherin Louisa Kastner.

Zukunftsforscherin Louisa Kastner.

Berlin. Die Glaskugel gehört nicht zu ihrem Handwerkszeug, auch das Horoskop wird nicht befragt, wenn Louisa Kastner ihrer Arbeit nachgeht. Die 38-Jährige ist Zukunftsforscherin. Ihr wichtigstes Werkzeug ist ihre Analysefähigkeit, mit der sie sich mit möglichen, wahrscheinlichen und wünschenswerten zukünftigen Entwicklungen auseinandersetzt, zum Denken in Alternativen einlädt und darüber neue Handlungsoptionen in der Gegenwart aufzeigt.

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Zukunftsszenarien im Blick

Wie werden wir leben, arbeiten und lernen? Das gehört zu den zentralen Fragen der Menschen, die sich beruflich mit der Zukunft beschäftigen. „Mit Zukünften“, konkretisiert Kastner und erklärt: „Die Zukunft ist offen, nicht festgelegt. Sie existiert nur als Vorstellung in unseren Köpfen, ist deswegen heute gestaltbar.“

Deshalb gehe es um die Bilder, die wir uns gegenwärtig von der Zukunft machen. „Die Vorstellungen, die wir heute von der Zukunft haben, beeinflussen, wie wir leben, was wir in der Gegenwart wahrnehmen und für wichtig halten, welche Entscheidungen wir treffen und wie wir handeln. All dies prägt Zukunft“, sagt Kastner, die erst Betriebswirtschaftslehre und anschließend Zukunftsforschung studiert hat.

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„Ich wollte mich vor allem methodisch weiterbilden“, sagt sie. Wissenschaftliche Methoden seien die Voraussetzung, um belastbares Orientierungswissen zu generieren. „Dazu gehören beispielsweise die Szenariotechnik, Roadmaps, datenbasierte Simulationen, Verfahren der partizipativen Zukunftsgestaltung oder die Delphi-Methode, bei der Experten und Expertinnen zum Beispiel um Einschätzungen gebeten werden, wann eine neue Technologie Marktreife erlangen wird“, beschreibt Kastner.

„Aber auch die Analyse von Science-Fiction kann aufschlussreich sein, um potenzielle Zukunftsentwicklungen und damit zusammenhängende ethische Dilemmata moderner Technologien zu reflektieren.“

Orientierung für morgen

Im Unterschied zur Trendforschung, die eher auf kurzfristige Einzelphänomene etwa in der Mode ausgerichtet ist, blickt die Zukunftsforschung auf langfristige Entwicklungen und Abhängigkeiten: Orientierung stiftende Ausblicke ins mögliche Morgen als Wettbewerbsvorteil für alle Bereiche – von der Logistik bis zur Lebensmitteltechnologie, vom Bildungssektor bis zur Verkehrsbranche, von der Gentechnik bis zur Raumfahrt. So fließen die Szenarien der die Zukunft Erforschenden heute beispielsweise ein, wenn es um klimagerechtes Bauen geht.

„Doch zukunftsbezogenes Orientierungswissen ist nicht nur unter wirtschaftlichen Aspekten wichtig“, sagt Kastner, die gebürtige Berlinerin, die auf „Futures Literacy“ setzt. Unter dem von der Unesco entwickelten Bildungskonzept versteht man die Fähigkeit jeder Einzelnen und jedes Einzelnen, sich bewusst ganz unterschiedliche Zukünfte vorstellen zu können. Dadurch soll die eigene Vorstellungskraft gestärkt und die eigene Bedeutung für die Gestaltung von Zukunft deutlich werden.

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Immer mehr haben Zukunftsängste

Kriege, Klimawandel, Inflation und KI: Wo geht die Entwicklung hin? Übernehmen demnächst Maschinen, Algorithmen oder Softwareprogramme unsere Arbeit? Wie verläuft der Kampf um das Trinkwasser?

In Deutschland blicken immer mehr Menschen mit Angst in die Zukunft. Das ist das Ergebnis einer exklusiven Forsa-Umfrage im Auftrag des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND). Danach glaubt weniger als ein Fünftel, dass die persönliche Lage in zehn Jahren besser sein wird als heute. Und aufgrund des Klimawandels kann sich jede Vierte zudem vorstellen, in ihrem Leben auf Kinder zu verzichten.

„Alternatives Denken ist gefragt, Ausblicke, die Hoffnung geben können“, weiß Kastner. „Für mich ist die Zukunft keinesfalls schwarz“, sagt die 38-Jährige, die nach ihrem Studienabschluss in Zukunftsforschung unter anderem für „Z_punkt“ gearbeitet hat, ein international tätiges Beratungsunternehmen für Fragen der strategischen Vorausschau. Derzeit ist sie freiberuflich tätig.

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Ein Job mit Perspektive – aber keine geschützte Berufsbezeichnung

Wie wird man Zukunftsforscher oder Zukunftsforscherin? Die Berufsbezeichnung ist nicht durch eine Kammer geschützt. An der Freien Universität Berlin, an der Louisa Kastner derzeit einen Lehrauftrag hat, gibt es beispielsweise einen Masterstudiengang Zukunftsforschung. Die Studierenden bauen hier auf ihren bisherigen wissenschaftlichen Abschlüssen sowie auf ihren praktischen Erfahrungen auf, haben danach meist unterschiedliche Schwerpunkte in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft oder Technik.

Perspektive hat der Beruf auf jeden Fall: Zukunftsforscher und -forscherin – schon der Name legt nahe, dass es sich hier um einen Beruf mit Zukunft handeln muss. Für Kastner ist die professionelle Beschäftigung mit dem Morgen der Traumberuf: „Ich finde es spannend, die eigene Vorstellungskraft herauszufordern und zu trainieren, dabei verschiedene Perspektiven einzunehmen und darüber hoffentlich immer wieder neue Impulse geben zu können.“

Dabei gehe es nicht darum, dass sich bestimmte Zukunftsbilder eins zu eins materialisieren werden, sondern darum, die Aufmerksamkeit relevanter Adressaten auf zentrale Zukunftsthemen zu lenken und sie zu motivieren, sich intensiver mit diesen zu beschäftigen, erklärt sie.

Steckbrief

Die Zukunft Erforschende erstellen Orientierungs- und Entscheidungshilfen für Management, Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft.

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  • Ausbildungsform: Weiterbildender Masterstudiengang an der FU Berlin
  • Ausbildungsdauer: Vier Semester
  • Voraussetzungen: Bachelor-Abschluss, mindestens ein Jahr Berufserfahrung
  • Eignung: Analytisches Denken, Teamfähigkeit (interdisziplinäres Arbeiten), Vorstellungskraft und Neugier

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