Eine Frau in hellem Anzug, mit braunem Haar und Brille verlässt ein spiegelverglastes Bürogebäude mit einem Aktenordner unter dem Arm und gesenktem Blick.
picture alliance/dpa | Kay Nietfeld
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Fördermittel-Affäre
Stark-Watzinger im Rechtfertigungs-Marathon

Aufklärung der Fördermittel-Affäre ist gefragt. Gesprächsbedarf haben unter anderem Wissenschaftsorganisationen und der Bildungsausschuss.

25.06.2024

Die Union im Bundestag will laut Deutscher Presse-Agentur Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) am kommenden Mittwoch im Bildungsausschuss des Bundestages zur Fördergeld-Affäre befragen. Die Fraktion habe am Donnerstag beantragt, den Punkt "Sachverhaltsaufklärung zu den aktuellen Vorwürfen gegen die Bundesministerin für Bildung und Forschung" im Ausschuss auf die Tagesordnung zu nehmen und zugleich um Anwesenheit der Ministerin gebeten, wie aus einer E-Mail an den Ausschuss hervorgehe. 

Lückenlose Aufklärung gefordert 

"Das Verhalten und die Äußerungen von Bundesministerin Stark-Watzinger der vergangenen Tage haben neue Fragen aufgeworfen", habe der bildungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Jarzombek (CDU) gesagt. "Die Ministerin muss den Sachverhalt jetzt lückenlos aufklären und vor dem Bildungs- und Forschungsausschuss Rede und Antwort stehen." Es gehe weiterhin um die Frage, ob und wie die Ministerin in Vorgänge in ihrem Haus im Zusammenhang mit einem Protestbrief von Berliner Hochschullehrenden, die die Räumung eines propalästinensischen Camps an der FU Berlin kritisiert hatten, eingebunden war. 

Unabhängig von einer möglichen Befragung im Bildungsausschuss wird die FDP-Politikerin am selben Tag auch auf größerer Bühne Rede und Antwort stehen müssen: Bei der Regierungsbefragung, die immer mittwochs in Parlamentswochen stattfindet und jeweils von verschiedenen Ministerinnen und Ministern der Regierung bestritten wird, ist sie laut Tagesordnung des Parlaments diesmal gemeinsam mit Wirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) an der Reihe. 

Wissenschaftsorganisationen im vertraulichen Gespräch 

Einem Bericht der FAZ zufolge, haben höchste Repräsentantinnen und Repräsentanten der deutschen Wissenschaftsorganisationen auf Anregung von Patrick Cramer, dem Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft, in einem vertraulichen Gespräch mit Bettina Stark-Watzinger über die Vertrauenskrise des Bundesbildungsministeriums beraten. 

Katja Becker, die Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, habe betont, der Wissenschaft sei an einer stabilen Bundesregierung gelegen. Die deutlichste Unterstützung für Stark-Watzinger habe Gerald Haug, der Präsident der Leopoldina, zum Ausdruck gebracht. Professor Walter Rosenthal, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, habe ein Gespräch der Ministerin mit den betroffenen Hochschullehrenden angeregt, wozu sie sich bereit erklärt habe. Die Nachfolge der Staatssekretärin sei ebenfalls diskutiert worden.

Antrag auf Zugang zu amtlichen Informationen wochenlang offen 

Eine Anfrage der "Open Knowledge Foundation" über die Plattform "FragDenStaat" zu den Diskussionen um den offenen Brief und die dazugehörigen Vorfälle im Bildungsministerium blieb seit dem 17. Mail unbeantwortet. "Die Informationen sollen sämtliche Kommunikation enthalten (u.a. die Weisung von StS Döring und weitere Kommunikation), das Ergebnis der (juristischen) Prüfung (u.a. in Bezug auf straf- und dienstrechtliche sowie förderrechtliche Konsequenzen für die Lehrenden) und etwaige (Leitungs-)Vorlagen sowie Vermerke und Kommunikation mit Dritten", ist im Antrag gemäß Informationsfreiheitsgesetz (IFG) zu lesen. 

Am 17. Juni wurde diese Anfrage nun seitens des BMBF mit einer Zwischennachricht als "noch nicht abgeschlossen" aufgrund "der Komplexität des Antragsgegenstandes" beantwortet.

Erkenntnisse aus dem internen BMBF-E-Mail-Verkehr

Inzwischen konstatierte das Ministerium gegenüber "FragDenStaat", dass es am 22.6. noch technische Probleme beim Datei-Upload gegeben habe, die erst am späten Sonntagabend beseitigt werden konnten. Die 132-seitigen Dokumente zum internen E-Mail-Verkehr im BMBF zur Sache "Fördergeld-Affäre" liegen nun auf dem Portal vor. 

Aus ihnen geht hervor, dass 

  • sowohl förderrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen für die Unterzeichnenden des offenen Briefs geprüft werden sollten, 
  • der Überprüfungsprozess bereits am Folgetag nach Erscheinen des offenen Briefs (9. Mai) am 10. Mai begonnen hat, 
  • dass den Unterzeichnenden in der Prüfanfrage explizit vorgeworfen wird, "nicht auf dem Boden des Grundgesetzes" zu stehen, 
  • in der Prüfanfrage angezweifelt wird, dass der offene Brief keine extremistischen Aussagen enthalte, 
  • eine Namensliste der Unterzeichnenden angefordert worden war, 
  • diese Anweisungen auf der Fachebene auf Widerstand gestoßen sind, 
  • auf Fachebene die Zuständigkeit des BMBF für eine verfassungs- beziehungsweise strafrechtliche Prüfung in dieser Sache angezweifelt wurde, 
  • die Leitungsebene und das Pressereferat auf die Erstellung der Liste und die Prüfung insistierten.  

 

Dieser Artikel wurde am 25.6. um 10:30 Uhr aktualisiert (Ergänzung Erkenntnisse aus Dokumenten von "FragDenStaat")  und am 21.6. erstmals veröffentlicht.

cva/dpa