In einer hochalpinen, schneebedeckten Landschaft ist eine Forschungsstation zu sehen.
Jungfraujoch

Treibhausgase
Internationales Umweltabkommen zeigt Wirkung

Studien zeigen den Rückgang ozonschädlicher Chemikalien und den Zuwachs an Lachgas. Sie bestätigen die Notwendigkeit internationaler Regelungen.

12.06.2024

Die von Forschenden der "University of Bristol" geleitete Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift "Nature Climate Change" veröffentlicht wurde, zeigt zum ersten Mal einen bemerkenswerten Rückgang des atmosphärischen Gehalts an ozonabbauenden Stoffen. Diese sogenannten teilhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen (HFCKW) sind potente Treibhausgase, so dass ihre Reduzierung die globale Erwärmung verringern dürfte. 

Das Montreal-Protokoll wurde 1987 vereinbart, um die Produktion und Verwendung von ozonabbauenden Stoffen zu kontrollieren, die früher bei der Herstellung von Hunderten von Produkten wie Kühlschränken, Aerosolsprays, Schaumstoffen und Verpackungen weit verbreitet waren. 

"Die Ergebnisse sind sehr ermutigend. Sie unterstreichen, wie wichtig es ist, internationale Protokolle zu erstellen und einzuhalten", sagt der Hauptautor der Studie, Dr. Luke Western von der "University of Bristol". "Ohne das Montreal-Protokoll wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Es ist also eine Bestätigung der multilateralen Verpflichtungen zur Bekämpfung des stratosphärischen Ozonabbaus, die sich auch auf die Bekämpfung des vom Menschen verursachten Klimawandels auswirkt." 

"Die Ergebnisse sind sehr ermutigend. Sie unterstreichen, wie wichtig es ist, internationale Protokolle zu erstellen und einzuhalten"
Dr. Luke Western, "University of Bristol"

Rückgang des ozonschädigenden Chlors schneller als erwartet 

Die internationale Studie zeigt, dass die Gesamtmenge des ozonschädigenden Chlors in allen HFCKWs im Jahr 2021 einen Höchststand erreicht hat. Da es sich bei diesen Verbindungen auch um starke Treibhausgase handele, erreichte ihr Beitrag zum Klimawandel in diesem Jahr ebenfalls einen Höchststand. Dieser Höchststand sei fünf Jahre früher ein als im letzten Ozonbericht von 2022 prognostiziert eingetreten. Obwohl der Rückgang zwischen 2021 und 2023 nur weniger als ein Prozent betragen habe, zeige er doch, dass sich die HFCKW-Emissionen in die richtige Richtung bewegten. 

Für den Wissenschaftler der "Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt" (Empa) und Co-Autor Dr. Stefan Reimann stellt die Studie denn auch ein "Meilenstein in der Geschichte der Maßnahmen zur Eindämmung des Ozonlochs dar, in der wir erstmals zeigen konnten, dass nun sogar die Ersatzprodukte der noch deutlich stärker ozonabbauenden FCKW abnehmen – und das sogar fünf Jahre früher als erwartet." Dies sei nur durch eine kontinuierliche Verschärfung der internationalen Protokolle und deren Überprüfung mit Hilfe atmosphärischer Messungen, etwa auf dem Jungfraujoch, möglich geworden, so der Empa-Forscher. 

Hochpräzise Messungen an weltweit verteilten Observatorien 

Die Ergebnisse beruhen auf hochpräzisen Messungen an weltweit verteilten Atmosphären-Observatorien, die Daten des "Advanced Global Atmospheric Gases Experiment" (AGAGE) und der "National Atmospheric and Oceanic Administration" (NOAA) nutzen, darunter auch die hochalpine Forschungsstation auf dem Jungfraujoch, in der Empa-Wissenschaftler ihre atmosphärischen Untersuchungen an zahlreichen Luftfremdstoffen durchführen. "Wir verwenden hochempfindliche Messtechniken und sorgfältige Messprotokolle, um die Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit dieser Beobachtungen weltweit zu gewährleisten", sagt Co-Autor Dr. Martin Vollmer, Atmosphärenforscher an der Empa. 

Co-Autor und Wissenschaftler der US-Behörde NOAA, Dr. Isaac Vimont, fügte hinzu: "Diese Studie unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Umweltüberwachung wachsam und proaktiv zu bleiben, um sicherzustellen, dass andere ozonabbauende Substanzen und Treibhausgase einem ähnlichen Trend folgen, was dazu beitragen wird, unseren Planeten für künftige Generationen zu schützen." 

"Diese Studie unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Umweltüberwachung wachsam und proaktiv zu bleiben."
Dr. Isaac Vimont, NOAA

Vergessenes Treibhausgas: Lachgas-Ausstoß nimmt schnell zu 

Die Menschheit produziert zunehmend mehr klimaschädliches Lachgas. Es ist nach Kohlendioxid und Methan das drittwichtigste Treibhausgas. In den vier Jahrzehnten seit 1980 seien die von Menschen verursachten Lachgas-Emissionen um etwa 40 Prozent gestiegen, heißt es in der umfangreichen Analyse des Forschungsverbundes "Global Carbon Project" unter Leitung des Boston College in den USA. In den zuletzt untersuchten Jahren 2020 und 2021 seien es besonders hohe Werte gewesen. 

Lachgas gelangt auch auf natürliche Weise in die Luft. Sogar zwei Drittel der derzeitigen Emissionen seien den Forschenden zufolge darauf zurückzuführen. Dieses wird aber normalerweise wieder abgebaut. In diesen natürlichen Stickstoff-Kreislauf der Erde hätten die Menschen eingegriffen. 

N2O-Haupttreiber: chemischer Dünger und Gülle 

Die Menschen nutzten den Stickstoff der Luft – also N2, nicht N2O –, um daraus in einem chemischen Verfahren Dünger herzustellen. Hinzu komme die Gülle, die auf Weiden gelassen oder auf Feldern ausgebracht werde. Werde all dieser Dünger nicht vollständig von den Pflanzen aufgenommen, könne er sich direkt in Lachgas verwandeln oder später indirekt in die Atmosphäre gelangen. 

Insgesamt sei die Landwirtschaft der Studie zufolge mittlerweile für 74 Prozent des menschlichen Lachgas-Ausstoßes verantwortlich. Vor allem in Ländern, in denen die Bevölkerung um viele Millionen gewachsen sei, seien auch die Lachgas-Emissionen in den vier untersuchten Jahrzehnten stark angestiegen, darunter besonders in China und Indien. In Europa hingegen sei der Ausstoß zurückgegangen, unter anderem, weil weniger fossile Brennstoffe verwendet worden seien und die chemische Industrie ihre Prozesse geändert habe. 

25 Prozent mehr Lachgas in der Atmosphäre 

Etwa zehn Millionen Tonnen Lachgas verursachte die Menschheit 2020 und 2021 pro Jahr, heißt es nach Angaben des Boston College weiter. Während im Jahr 1750 in der Atmosphäre noch 270 Lachgas-Teilchen pro Milliarde Teilchen (ppb) zu finden gewesen seien, sei dieser Anteil im Jahr 2022 auf 336 Teilchen angestiegen – ein Zuwachs um fast 25 Prozent. 

Die Autorinnen und Autoren der Studie betonen, dass es zur Einhaltung der Klimaziele nötig sei, auch die Lachgas-Emissionen zu verringern. Nur dann könne der globale Temperaturanstieg auf zwei Grad begrenzt werden, erklärte der Erstautor Professor Hanqin Tian vom Boston College. "Die Reduzierung der Lachgasemissionen ist die einzige Lösung, da es derzeit keine Technologien gibt, Lachgas aus der Atmosphäre zu entfernen." 

 "Die Reduzierung der Lachgasemissionen ist die einzige Lösung, da es derzeit keine Technologien gibt, Lachgas aus der Atmosphäre zu entfernen." 
Professor Hanqin Tian, Boston College

Reduzierung durch gezieltere Düngung möglich 

Um die Menge des menschengemachten Lachgases zu verringern, schlagen Fachleute mehrere Ansätze vor. Die US-amerikanische Umweltschutzbehörde etwa hält es für zentral, Düngemittel effizienter einzusetzen. Werde weniger Dünger verwendet, verbleibe am Ende weniger Überschuss im Boden, der zu Lachgas werden kann. Außerdem empfiehlt die Behörde, weniger Öl, Gas und Kohle zu verwenden beziehungsweise Katalysatoren bei deren Verbrennung einzusetzen. 

An der sehr umfassenden Studie arbeiteten 58 Fachleute aus 15 Ländern mit, auch aus Europa. Sie nutzten Millionen von Messungen aus vier Jahrzehnten: aus der Luft, aus Süßwasser und den Ozeanen. Tian zufolge handelt es sich um die bisher umfassendste Untersuchung des globalen Lachgases. 

Treibhausgase FCKW, HFCKW und N2O 

HFCKW wurden als Ersatz für die zuvor verwendeten Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) entwickelt. Während die Produktion von FCKW seit 2010 weltweit verboten ist, wird die Produktion und Verwendung von HFCKW derzeit noch weltweit schrittweise heruntergefahren, was bis 2040 abgeschlossen sein soll. Sie werden durch nicht ozonabbauende Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) und andere Verbindungen ersetzt. "Die prognostizierte Produktion für 2023 und 2024 liegt unter den Anforderungen des Montrealer Protokolls, aber noch über den Anforderungen für den schrittweisen Abbau ab 2025", heißt es über die erwartete HFCKW-Herstellung in der aktuellen Studie zum Thema. 

Medizinerinnen und Mediziner nutzen Lachgas, das in der Fachwelt auch Distickstoffmonoxid oder N2O genannt wird, als Narkosemittel. Viel größere Mengen entstehen aber aus Versehen, etwa durch das Düngen von Feldern oder beim Verbrennen von fossilen Energieträgern, und gelangen so in die Atmosphäre. Die Bundesregierung hat sich in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel gesetzt, den Stickstoffüberschuss im Mittel der Jahre 2028 bis 2032 auf 80 Kilogramm pro Hektar und Jahr zu senken.

cva/dpa