Wie beantrage ich einen Erbschein?

Dr. Thomas Asmus
Mitgründer, Rechtsanwalt und Steuerberater
Stand:
June 3, 2024
Lesedauer:
5
min

Ein Erbschein ist ein durch das zuständige Nachlassgericht ausgestelltes Dokument, das ausweist, wer und ggf. mit welchem Anteil jemand Erbe einer verstorbenen Person geworden ist. Was kostet ein Erbschein? Muss ich beim Erbschein beantragen eine Frist einhalten? Wann braucht man überhaupt einen Erbschein? Hier erfahren Sie alles, was Sie über die Beantragung des Erbscheins wissen müssen.

Inhalt:

Der Erbschein – Was ist das?

Ein Erbschein ist ein durch das zuständige Nachlassgericht ausgestelltes Dokument, das ausweist, wer mit welchem Anteil Erbe einer verstorbenen Person geworden ist. Das Nachlassgericht erteilt den Erbschein nur auf Antrag eines Erben (also nicht automatisch) und nach Prüfung des Erbfalls.

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Soll oder muss ich einen Erbschein beantragen?

Ein Erbschein löst Gebühren aus, die sich nach dem Nachlasswert richten. In folgenden Konstellationen sollten Sie diese Gebühren in Kauf nehmen und einen Erbschein beantragen:

  • Immobile im Nachlass und kein notarielles Testament: Damit die Erben als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden, benötigen sie einen Erbschein oder ein notarielles Testament. Liegt kein gültiges notarielles Testament vor, müssen sie zum Nachweis einen Erbschein beantragen.
  • Zugriff auf Bankkonten und -depots: Banken und andere Finanzdienstleister fordern häufig einen Erbschein, bevor sie den Erben den Zugriff auf Konten, Depots und Fonds einräumen. Sie dürfen eigentlich nicht pauschal auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen, sondern müssen auch andere Nachweise gelten lassen. Insbesondere eröffnete notarielle oder eindeutige und eröffnete handschriftliche Testamente reichen aus. Da die Banken jedoch jedes Haftungsrisiko vermeiden wollen, lehnen sie diese Art von Nachweis meist ab. Die Erben müssen sich dann entscheiden, ob sie entweder einen Erbschein beantragen und abwarten wollen oder ob sie mit Hilfe eines Rechtsbeistandes versuchen wollen schnelleren Zugriff auf das Konto oder das Depots zu erlangen.
  • Zweifel am / Streit um das Erbrecht: Wenn ein oder mehrere Testamente oder Erbvertrag/-verträge vorliegen, kann es Zweifeln unterliegen, wer mit welchem Anteil Erbe geworden ist. Diese Zweifel oder Streitigkeiten können in der Regel am Besten im Erbscheinsverfahren geklärt werden. Das Nachlassgericht prüft den Erbfall, hört die Beteiligten an und entscheidet dann, indem es im Erbschein das Prüfungsergebnis ausweist. Der Vorteil dabei ist, dass auch mehrere angebliche Erben als Beteiligte im Erbscheinsverfahren unterschiedliche Erbscheine beantragen können, am Ende aber eine einheitliche Entscheidung gegenüber allen Beteiligten gefällt wird. Obwohl Erben sich im Erbscheinsverfahren nicht durch eine Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, kann dies in rechtlich kniffeligen Fällen ratsam sein.

Wenn danach ein Erbschein benötigt wird, gilt: Beantragen Sie ihn besser früh als spät. Dies bringt Kostenvorteile bei der Umschreibung im Grundbuch und Sie können schneller über Konten und Depots verfügen (z.B. um Verluste, die erbschaftssteuerlich nicht mindern berücksichtigt werden, zu vermeiden).

Mit dem Erbschein ist es möglich, sich im Rechts- sowie Geschäftsverkehr gegenüber Ämtern, Banken und Versicherungen als Erbe auszuweisen.

Wie läuft ein Erbscheinsverfahren ab?

Im Bestfall hat der Antragssteller im Erbscheinsverfahren alle benötigten Unterlagen an das zuständige Gericht eingereicht und die anderen möglichen Beteiligten (je nach Fall können das unter anderen Miterben, die gesetzlichen Erben oder ehemalig bedachte Personen aus früheren Testamenten sein) erheben keine Einwände.

1. Antrag

Im ersten Schritt stellt also der potenzielle Erbe, der einen Erbschein braucht, den möglichst vollständigen und formell richtigen Antrag an das zuständige Nachlassgericht. Weitere Informationen hierzu finden Sie weiter unten im Artikel.

2. Information und Prüfung durch das Gericht

Nun informiert das Gericht potenzielle andere Beteiligte und ggf. auch sonstige Personen, die vom Testament betroffen sind, wie z.B. Vermächtnisnehmer. Zeitgleich prüft das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Insbesondere geht es bei konkreten Anhaltspunkten z.B. der Echtheit von Testamenten oder der Testierfähigkeit des Erblassers nach.

3. Rückmeldung anderer Beteiligter

Das Gericht wartet nun, meist unter Fristsetzung, potenzielle Stellungsnahmen, vor allem der anderen Beteiligten, ab. Im besten Fall ergeben sich hieraus auch keine neuen Informationen bzw. die anderen Beteiligten akzeptieren den Antrag.

4. Entscheidung

Erkennt das Gericht nun aufgrund des ermittelten Sachverhalts den Antrag als richtig an, erteilt es dem Antragssteller den beantragten Erbschein.

Schaubild: Wie läuft ein Erbscheinsverfahren ab?

„Durch das Programm von Erblotse.de konnte ich ohne Schwierigkeiten den Erbschein beantragen. Einfach super. Bloß gut, dass es euch gibt. Danke!“ Christel G., Erbin.

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Verschiedene Arten des Erbscheins

Es gibt mehrere verschiedene Arten von Erbscheinen:

  • Der Alleinerbschein wird als Erbnachweis für Alleinerben ausgestellt.
  • Es stellt sich häufig die Frage bei einer Erbengemeinschaft: Wer bekommt den Erbschein? Das Gericht erteilt auf Antrag eines der Erben einen gemeinschaftlichen Erbschein, welcher alle Erben und ihre Anteile an der Erbschaft ausweist. Voraussetzung dafür ist u.a., dass alle ausgewiesenen Erben die Erbschaft bereits angenommen haben und die jeweiligen Erbanteile beziffert sind. Der bevollmächtigte Erbe muss dann den Antrag zudem vertretend für die Erbengemeinschaft stellen.
  • Einzelne Miterben einer Erbengemeinschaft können auch nur für sich einen Teilerbschein beantragen, der lediglich Auskunft ihren individuellen Erbanteil. Somit kann es durchaus mehrere Erbscheine geben.
  • Auchgibt es noch die Möglichkeit einen gegenständlich beschränkten Erbschein zu beantragen, d.h. der Erbschein ist dann auf das deutsche Vermögen beschränkt. Das kann sinnvoll sein, wenn nicht klar ist oder feststeht, dass für das ausländische Vermögen nicht das deutsche Erbrecht gilt. Das ausländische Vermögen wird dann bei der Kostenberechnung des Erbscheins nicht beachtet!
  • Schließlich ist auch die Beantragung eines Erbscheins für eine sich nach ausländischem Recht richtende Erbschaft möglich, sofern sich ein Teil des Erbes in Deutschland befindet. Dies nennt man dann Fremdrechtserbschein. Der Erbschein betrifft dann ausschließlich das inländische Vermögen.
  • Daneben gibt es auch noch die europäische Version des Erbscheins: Das Europäische Nachlasszeugnis. Dieses ist vor allem für die Fälle geeignet, in denen sich Teile des Vermögens im europäischen Ausland befinden. Das Europäische Nachlasszeugnis kann man auch neben dem Erbschein beantragen. Jedoch ist die Abschrift, die man davon erhält, nur 6 Monate gültig und muss dann ggf. erneuert werden.

Was mache ich mit ausländischem Vermögen?

Um auf ausländisches Vermögen zugreifen zu können, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zunächst sollte man prüfen, ob noch Vollmachten bestehen, die einem den direkten Zugriff auf das Vermögen über den Tod hinaus erlauben.

Ist dies nicht der Fall und befindet sich das Vermögen innerhalb der Europäischen Union (außer Irland und Dänemark), sollten Sie über ein Europäisches Nachlasszeugnis nachdenken. Dies hat den Vorteil, dass Sie sich gleich innerhalb der gesamten Europäischen Union als Erbe legitimieren können.

Liegt das Vermögen außerhalb der europäischen Union, gibt es sonst nur die Möglichkeit seinen bereits bestehenden Erbschein bzw. das Europäische Nachlassverzeichnis im Ausland anerkennen zu lassen oder sich direkt im Ausland nach den dortigen Bestimmungen als Erbe legitimieren zu lassen.

Wo, wie und wann beantragt man einen Erbschein?

Den Erbschein beantragt der Erbe direkt beim zuständigen Nachlassgericht, wobei der Antrag auch über einen Notar beim Nachlassgericht gestellt werden kann. Das zuständige Nachlassgericht ist in aller Regel das Amtsgericht am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort, also dem Wohnsitz, des Erblassers. Für den Antrag gibt es keine Fristen, bei Bedarf kann der Antrag also auch noch Jahre nach dem Erbfall gestellt werden (empfehlenswert ist das aber nicht).

Die Dauer einen Erbschein zu beantragen ist unterschiedlich. Es muss mit einer Bearbeitungszeit von mehreren Wochen gerechnet werden, je nachdem, wie ausgelastet das zuständige Nachlassgericht ist; in Zweifels- oder Streitfällen kann das Verfahren mehrere Monate betragen. Vollständige Angaben beschleunigen die Bearbeitungszeit.

Ein Erbschein bringt immer Kosten mit sich. Wenn Sie beim jedoch Erbschein Kosten vermeiden wollen, können Sie den Antrag bei persönlichem Erscheinen vor dem Nachlassgericht auch mündlich erklären. In diesem Fall sparen Sie vor allem die Mehrwertsteuer und die Auslagen, die sonst beim Notar anfallen würden. Der Antrag wird dann von einem Rechtspfleger protokolliert. Der oder die Antragsteller müssen dazu eidesstaatlich versichern, alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen zu machen. Beachten Sie dann jedoch, dass die regelmäßige Bearbeitungszeit bei selbst erklärten Anträgen i.d.R. länger ist. Der Erbschein über den Notar ist meist schneller.

Aufgrund der Notwendigkeit der eidesstattlichen Versicherung  kann man mit einem einfachen Schreiben einen Erbschein aber nicht formlos beantragen. Vielmehr müssen Sie jedenfalls danach immer nochmal persönlich vor einem Notar oder vor Gericht erscheinen.

Der Erblotse unterstützt Sie online bei der Beantragung Ihres Erbscheins. Sie können ein vollständiges Datenblatt mit Hinweis auf beizubringende Unterlagen erstellen, ausdrucken und direkt an das Nachlassgericht versenden, oder auf dieser Grundlage direkt einen Notartermin erhalten. Diese Begleitung hilft Ihnen dabei, nichts zu vergessen und bündelt alles erforderliche Wissen und organisiert ihnen die nächsten Schritte. Registrieren Sie sich dafür kostenlos auf Erblotse.de und erhalten Informationen und Hilfe zur Ermittlung aller Erben, der Berechnung der Erbquoten sowie des Nachlasswertes, den Gebühren für Ihren Erbschein und den einzureichenden Dokumenten.

„Der Erblotse begleitet Sie unkompliziert und stressfrei bei Ihrem Antrag und vermittelt Ihnen bei Bedarf Expert:innen, die Dokumente für Sie beschaffen und unbekannte Erben ermitteln."
Dr. Birte Gall,
Mitgründerin von Erblotse

Beachten Sie, dass Sie das Erbe mit der Beantragung des Erbscheins annehmen und so auch Schulden und Lasten im Nachlass übernehmen.

Diese Dokumente benötigen Sie zusätzlich zum schriftlichen Antrag

Für die Antragstellung werden in aller Regel folgende Dokumente benötigt und sind beim Nachlassgericht vorzulegen:

  • Ausweisdokument, also Ihren Personalausweis oder Reisepass,
  • Sterbeurkunde des Erblassers,
  • Familienstammbuch, um die Verwandschaft zu dokumentieren oder die gesetzliche Erbfolge nachzuvollziehen,
  • Auskünfte darüber, ob es einen gerichtlich anhängigen Prozess zu Ihrem Erbrecht gibt, bspw. wegen eines Streits in der Erbengemeinschaft,
  • Namen und Adressen aller Miterben, zur Beschleunigung des Prozesses zudem deren Vollmachten,
  • Nachweise, die bestätigen, dass bestimmte Personen nicht mehr Erben sind – bspw. Sterbeurkunden und Erbausschlagungs- oder Erbverzichtserklärungen,
  • falls vorhanden Testamente oder Erbverträge,
  • Informationen über den Güterstand bei Eheleuten oder Vermögensstand im Fall einer eingetragenen Lebenspartnerschaft,
  • Angabe des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Verstorbenen.
„Mit Erblotse konnte ich nicht nur meinen Erbscheinsantrag leicht ausfüllen, sie haben mir auch geholfen, fehlende Dokumente zu beschaffen“, Stephanie S. Erbin.

Hier erfahren Sie, welche Dokumente Sie bei Ihrem Erbfall für den Erbschein brauchen. Einfach Erbfall anlegen und starten!

Kosten des Erbscheins

Die Kosten für einen Erbschein sind nicht pauschal, sondern sie richten sich nach dem Wert des Nachlasses abzüglich der Schulden. Die Gebühren werden im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) festgelegt. Anhand dessen lassen sich die Kosten beim Erbschein anhand einer Tabelle errechnen, die Anlagen zum Gesetz ist. Es können zusätzlich Kosten für eidesstattliche Erklärungen anfallen und die tatsächlichen Kosten des Antrags beim Nachlassgericht können die grundlegenden Gebühren teils übersteigen. Die ungefähren Gebühren für einen einfachen Erbscheinsantrag inkl. der eidesstattlichen Versicherung, finden Sie in dieser Tabelle:

Bedenken Sie dabei, dass bei der Antragsstellung über den Notar noch die Mehrwertsteuer und die Auslagen hinzukommen.

Häufig gestellte Fragen zum Erbschein

Wie beantrage ich einen Erbschein? Um einen Erbschein zu beantragen, müssen Sie sich an einen Notar oder direkt an das Nachlassgericht wenden. Dort müssen Sie einen Erbscheinsantrag stellen, die erforderlichen Unterlagen vorlegen und eine persönliche eidesstattliche Erklärung abgeben.
Innerhalb welcher Frist muss ein Erbschein beantragt werden? Es gibt keine Frist, innerhalb derer ein Erbschein beantragt werden muss.
Was passiert, wenn ich keinen Erbschein beantrage? Wenn Sie keinen Erbschein beantragen, kann es schwierig sein, Ihre Rechte als Erbe durchzusetzen. Ohne Erbschein können Sie beispielsweise häufig die Konten des Verstorbenen nicht einsehen oder verwalten. Es ist daher häufig ratsam, einen Erbschein zu beantragen, wenn Sie Erbe sind.
Was kostet die Beantragung eines Erbscheins beim Nachlassgericht? Die Kosten für die Beantragung eines Erbscheins beim Nachlassgericht richten sich nach dem Wert des Nachlasses. Sie betragen in der Regel zwischen 0,5 % und 1,0 % des Nachlasswertes, mindestens jedoch 75 Euro. Es empfiehlt sich, vorab beim zuständigen Nachlassgericht nachzufragen.
Muss ein Erbschein beantragt werden? Ein Erbschein muss nicht zwingend beantragt werden. Es gibt jedoch Fälle, in denen ein Erbschein benötigt wird, z.B. wenn der Erbe seine Rechte gegenüber Dritten nicht anders nachweisen kann.

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