StrgF / NRD / Picture Alliance

Das öffentlich-rechtliche Youtube-Format „Strg F“ kehrt mit einem langen Statement aus einer rund fünfmonatigen Pause zurück. Vorausgegangen war ein Streit mit Youtuber Rezo, der dem Format „Strg F“ unsaubere Recherche vorgeworfen hatte.

Man habe die Zeit genutzt, um die Vorwürfe mithilfe von externen Journalisten und Reviewern aufzuarbeiten. „Wir haben Fehler gemacht und unser Umgang damit war schlecht“, heißt es darin.

Künftig wolle man auf mehr Faktenchecks, mehr Recherche-Transparenz und weniger Druck durch weniger Videos setzen.

Das öffentlich-rechtliche Youtube-Format „Strg F“ ist mit einem langen Statement aus rund fünf Monaten Pause zurückgekehrt. Man habe in der Zeit alle Vorwürfe mithilfe externer Prüferinnen und Prüfern aufarbeiten lassen, heißt es dazu in einer Pressemitteilung. Fazit: „Wir haben Fehler gemacht und unser Umgang damit war schlecht“, heißt es. Und: „Wir haben durch unsere Fehler journalistische Standards unterlaufen.“

Doch was war überhaupt passiert? Das zum Content-Netzwerk „Funk“ gehörende Format war Ende vergangenen Jahres mehrfach in die Kritik geraten – prominent Anfang Dezember durch Youtuber Rezo. Nachdem der in einem kritischen „Strg F“-Beitrag über den Supplement-Hersteller More Nutrition aufgetaucht war, hatte er dem Funk-Format in zwei langen Videos (insgesamt 4,3 Millionen Aufrufe) unsaubere Recherche vorgeworfen.

Bereits im Januar hatte sich „Strg F“ in einem Statement auf ihrem Instagram-Account bei Rezo entschuldigt. „Wir haben uns hier verrannt“, schrieb das Format damals. Sie seien gegenüber dem Influencer zu misstrauisch und nicht offen genug gewesen. Man wolle die Kritik nun aufarbeiten und „Abläufe, Strukturen und auch unseren Umgang mit Fehlern verbessern“.

„Wir haben durch unsere Fehler journalistische Standards unterlaufen“

Die Pause wurde etwas länger. Rund fünf Monate sind seit der Veröffentlichung des Statements vergangen – sehr zum Ärger der Youtube-Community, die die lange Funkstille in den Kommentaren massiv kritisiert hat. „Wir können diese Kritik verstehen“, schreibt „Strg F“ jetzt in einem Statement. Man habe gemerkt, dass man für eine tiefgehende Analyse mehr Zeit brauche als die ursprünglich veranschlagte Winterpause.

„Bei den drei in die Kritik geratenen Videos haben wir jedoch durch unsere Fehler journalistische Standards unterlaufen“, heißt es prominent im Statement. Das zuvor auf die Kritik von Rezo veröffentlichte Antwort-Video hat „Strg F“ auf privat gestellt – es ist also nicht mehr öffentlich auffindbar. Für ihre erste Reaktion war das Format von der Community hart kritisiert worden. Sie hätten sich „reflexhaft verteidigt“ und seien „nicht ausreichend fähig zur Selbstkritik gewesen“, gesteht das Format nun.

Zum Statement hat das Format auch einen 17-seitigen Abschlussbericht veröffentlicht. Dafür hat „Strg F“ Journalisten des verantwortlichen Norddeutschen Rundfunks (NDR) hinzugezogen, sowie drei externe freie Journalisten. Den Abschlussbericht selbst habe man drei externen Reviewern vorgelegt.

Die Ursache für die Fehler liege auch im hohen Output, schreibt das Format nach der Analyse: „Eine Ursache für die Fehler sehen wir auch darin, dass wir uns im vergangenen Jahr angesichts des wöchentlichen Outputs von STRG_F in eine Überlastungssituation manövriert hatten: zu viele Videos, zu wenig Zeit, zu wenig personelle Ressourcen, zu wenig Reflexion“, heißt es. Man habe das lange kompensiert und man hätte gemeinsam mit dem zuständigen NDR und dem Content-Netzwerk Funk schon früher umsteuern müssen

Konsequenzen: Weniger Druck, mehr Faktencheck, mehr Transparenz zur Recherche

Daraus habe das Format Konsequenzen gezogen: Einmal werde der Output um ein Drittel reduziert – auf 30 Videos im Jahr. So habe man mehr Zeit für Recherche, Prüfung und Quellentransparenz. Für letztere soll künftig ein öffentliches Recherchedokument sorgen, in der Quellen, Recherchewege und Hintergründe dokumentiert werden sollen.

Außerdem werde man bei jeder Recherche einen zusätzlichen externen Kollegen als Faktenchecker hinzuziehen, der „die zentralen Annahmen, Thesen und Schlussfolgerungen des Videos bewusst hinterfragen“ soll. Bisher sei der Faktencheck durch die Autorinnen des Beitrags sowie eine redaktionelle und juristische Abnahme erfolgt.

Auch Presseanfragen sollen in Zukunft „nach Möglichkeit“ mit mehr Vorlauf gestellt werden. Einzelpersonen sollen längere Antwortfristen bekommen. Insbesondere das war ein Kritikpunkt von Youtuber Rezo, der angab, nach Erhalt einer Presseanfrage von „Strg F“ nur wenige Stunden Zeit zur Beantwortung gehabt zu haben.

Man habe außerdem alle Workflows überprüft und verbessert, um Fehler zu verhindern, und bereits unter neuen Bedingungen Videos vorproduziert, um weniger Drucksituationen zu haben. „Wir werden uns künftig mehr Zeit für Kritik und den Umgang mit Fehlern nehmen“, heißt es weiter. „Wenn Fehler passieren, werden wir diese sorgfältig aufklären und transparent dazu kommunizieren.“

Personelle Konsequenzen werde es hingegen nicht geben: Es seien keine individuellen Fehler der Reporter gewesen – „wir haben gemeinsam Fehler gemacht“, heißt es. „Journalismus ist bei uns Teamarbeit.“

Die Aufarbeitung beschäftigte sich jedoch nicht nur mit Youtuber Rezo. Die Kritik an „Strg F“ hatte bereits im Sommer 2023 begonnen – mit Theo Stratmann. Der 18-Jährige war ein prominenter Protagonist in einer Doku des Formats. Der (mittlerweile geänderte) Titel: „Privatjets, Yachten, Kaviar: Wie beeinflussen Superreiche das Klima?“. Darin fiel Stratmann mit markigen Sprüchen auf.

Schon früherer Beitrag hatte Kritik ausgelöst

Bereits im September hatten Recherchen von Business Insider Zweifel am angeblichen Superreichtum Stratmanns geweckt. Rezo veröffentlichte in seinen Kritik-Videos außerdem angebliche Sprachnachrichten des „Strg F“-Reporter an Stratmann, in denen der Journalist seinen Protagonisten erst nach Veröffentlichung des Beitrags um Belege für seine finanzielle Situation zu bitten scheint.

In ihrem Abschlussbericht räumte „Strg F“ nun ein, dass Theo Stratmann fälschlicherweise als superreich dargestellt wurde. Dabei habe man ausschließlich auf eine einfache Internetrecherche gesetzt und keine weiteren belastbaren Belege hinzugezogen. Weitere Belege seien erst nach der Veröffentlichung gesammelt worden – denen zufolge sei Stratmanns Familie reich, aber nicht superreich.