Der Arbeitsmarkt droht zu kippen: Vielen Firmen werden zurückhaltender beim Einstellung von Personal. Grund sind vor allem fehlende Aufträge.
Der Arbeitsmarkt droht zu kippen: Vielen Firmen werden zurückhaltender beim Einstellung von Personal. Grund sind vor allem fehlende Aufträge.
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Die Dauerflaute der Wirtschaft hat den deutschen Arbeitsmarkt bisher kaum belastet. Viele Firmen behielten ihr Personal und stellten sogar begehrte, knappe Fachkräfte neu ein.

Ein Grund war, dass viele Unternehmen noch immer ein dickes Auftragspolster aus der Corona-Zeit hatten. Doch das Polster schwindet, denn seit Monaten gehen die neuen Aufträge zurück. Das zeigen auch neue Zahlen.

Ökonomen sehen darin eine große Gefahr für den Arbeitsmarkt. Das Risiko steigt, arbeitslos zu werden und dann lange keinen vergleichbaren Job zu finden.

Deutschlands Wirtschaft taumelt seit Jahren durch das Niemandsland zwischen Krise und Flaute. Nur dem Arbeitsmarkt schien die Dauermisere nichts anhaben zu können. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Viele Firmen hielten ihr Personal und stellen sogar immer noch ein. Das hat zwei Gründe: Zum einen sind gute Mitarbeiter als Folge des demografischen Wandels knapp. Zum anderen viele Firmen in vielen Branchen immer noch ein dickes Auftragspolster aus der Corona-Zeit. Doch seit Monaten kommen immer weniger Aufträge. Der Auftragsbestand schmilzt. Firmen beginnen, ihre Personalplanung zu überdenken. Das Risiko steigt, arbeitslos zu werden und dann lange keine vergleichbaren Job zu finden.

Im Monat Mai erhielten die Unternehmen der deutschen Industrie erneut 1,6 Prozent weniger Aufträge als im Vormonat. Sie enttäuschten auch deshalb, weil Analysten ein kleines Auftragsplus von 0,5 Prozent erwartet hatten. Ein Rückgang um 1,6 Prozent mag gering wirken. Aber es ist schon das fünfte Minus in Folge, teilte das Statistische Bundesamt mit. Die Dynamik des Abwärtstrends zeigt sich im Verlgeich mit dem Vorjahr. Der Auftragseingang war im Mai um 8,6 Prozent geringer als vor einem Jahr. Dies ist dann schon ein Einbruch. Zumal die Lage schon vor einem Jahr in Folge von Russlands Angriff auf die Ukraine nicht gut war. Die folgende Grafik zeigt, dass sich die Auftragseingänge der Industrie im Grunde seit 2017 abwärts bewegen.

Eine wichtige Rolle spielt der heftige Ausschlag in der Corona-Zeit. Die Auftragseingänge waren in dieser Zeit zunächst kurz eingebrochen, dann aber stark gestiegen. Wichtig ist dabei aber, dass viele Firmen diese Aufträge wegen der Corona-Einschränkungen und der Lieferengpässe für viele Materialien und Vorprodukte kaum abarbeiten konnten. In den Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes baute sich ein großer Auftragsbestand auf. Doch dieser Bestand geht nun wieder auf Normalmaß zurück. Das macht diese Grafik deutlich.

Sie zeigt auch, dass der Auftragsbestand immer noch deutlich höher als vor Corona ist. Weil aber immer weniger neue Aufträge hinzukommen, überdenken viele Unternehmen aktuell ihre Personalplanung. Das zeigt zum Beispiel die regelmäßige Umfrage des Ifo-Institutes für das Beschäfitgungsbarometer. Es liegt seit mehr als einem Jahr tief im negativen Bereich.

Fehlende Aufträge belasten den Arbeitsmarkt

Das zeigt Wirkung am Arbeitsmarkt: Die Bereitschaft von Unternehmen, Personal einzustellen nimmt ab. Ökonomen führen das vor allem auf die schlechte Auftragslage zurück. „Auftragsmangel hält viele Unternehmen davon ab, Personal aufzubauen“, sagt etwa Ifo-Ökonom Klaus Wohlrabe: „Am ehesten stellen noch Dienstleister ein.“ Doch „in der Industrie denken die Firmen eher über einen Arbeitsplatzabbau nach. Offene Stellen werden nicht nachbesetzt. Auch im Handel und im Bau deutet die Stimmungslage auf einen Rückgang der Beschäftigtenzahl hin“, sagt Wohlrabe.

Umso wichtiger wäre für den Arbeitsmarkt das kleine erwartete Auftragsplus für die Industrie im Mai gewesen. Es blieb wieder einmal aus.

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