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Gründerszene Hinterland Camp

Überfüllte Campingplätze? Diese Gründer haben das Wildcampen revolutioniert

Auf Hinterland Camp können Landwirte und Privatleute ungenutzte Flächen an Camper vermieten Auf Hinterland Camp können Landwirte und Privatleute ungenutzte Flächen an Camper vermieten
Auf Hinterland Camp können Landwirte und Privatleute ungenutzte Flächen an Camper vermieten
Quelle: Getty Images/rbkomar
Hinterland Camp vermittelt Stellplätze an Urlauber, die mit Zelt oder Campingwagen verreisen. Auf der Plattform können Privatleute ungenutzte Flächen vermieten. Dahinter steckt oft der Wunsch, exklusive Orte kennenzulernen, statt auf überfüllten Campingplätzen zu nächtigen.

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Wenn Marcus Oltmanns die Stadt zu viel wird, kommt es vor, dass sich der Gründer nach einem Bürotag die Hängematte schnappt und in den nächstgelegenen Wald radelt. Dort hängt sich der Hamburger zum Schlafen in einen Baum und lauscht gespannt, ob sich Wildschweine nähern. „Ein Mikro-Abenteuer“, nennt Oltmanns das.

Mit Erlebnissen draußen in der Natur kennt sich der 50-Jährige aus. Zusammen mit dem Outdoor-Fotografen Oliver Raatz und Informatiker Christian Neubert betreibt er seit 2020 eine Camping-Plattform. Ihr Start-up Hinterland Camp vermittelt über 2000 private Stellplätze an Urlauber, die mit Zelt oder Campingwagen verreisen.

Auch für sogenannte „Glamper“, die zwar im Grünen übernachten, auf gewissen Komfort wie Bad, Küche und Bett aber nicht verzichten wollen, bietet das Start-up rund 180 kleine Holz-Hütten, Tiny Houses und Cabins an. Pro Woche kommen auf der Plattform nach eigenen Angaben etwa 20 neue Inserate rein.

Es geht um den Wunsch, unberührte, exklusive Orte kennenzulernen, statt auf überfüllten Campingplätzen zu nächtigen. „Wir haben das Wildcampen gezähmt“, meint der Gründer. Schon als Teenager habe es ihm gefallen, allein mit dem Fahrrad zu Bauernhöfen im Alten Land zu radeln, um dort spontan zu zelten.

Bislang haben sich rund 1000 Gastgeber bei Hinterland Camp registriert und Naturplätze online oder via App eingestellt. Die Fotos und Beschreibungen ihrer Orte machen sie in der Regel selbst – sie sollen möglichst ehrlich und authentisch sein.

Über eine Chatfunktion können Nutzer zudem in Kontakt treten. Die Community umfasst laut dem Start-up bisher rund 50.000 Nutzer.

Die Gastgeber sind häufig selbst Camper

Der Großteil der Anbieter seien Landwirte, die große Wiesen und Felder bewirtschaften, einen Pferdehof betreiben, Honig herstellen, vom Weinanbau leben oder Alpakafarms besitzen. „Landwirte haben heute mit hohen Kosten für Futter und Energie zu kämpfen. Als Gastgeber haben sie die Gelegenheit, zusätzlich Geld einzunehmen“, so der Gründer.

Pro Saison könnten das ihm zufolge rund 10.000 Euro sein. Aber auch Privatleute, die von ihren Großeltern etwa eine Streuobstwiese geerbt hätten, ein Waldstück haben oder große Gärten am Wasser besitzen, seien auf der Plattform vertreten.

Die Gastgeber seien häufig selbst Camper, die das Problem überlaufener Plätze kennen, so Mitgründer Raatz. Wie viel sie für eine Übernachtung berechnen, können die Gastgeber selbst entscheiden. Dazu Oltmanns: „Wir glauben an den freien Markt und wollen bei der Preisgestaltung nicht eingreifen.“

Die beiden Gründer Oliver Raatz (l.) und Marcus Oltmanns wollen Outdoor-Fans auf ihrer Plattform private Übernachtungsplätze in der Natur bieten
Die beiden Gründer Oliver Raatz (l.) und Marcus Oltmanns wollen Outdoor-Fans auf ihrer Plattform private Übernachtungsplätze in der Natur bieten
Quelle: Hinterland Camp
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Die Preisspanne reicht für Urlauber mit Zelt oder Camper von acht Euro für einen Stellplatz auf der Koppel bis knapp 50 Euro pro Nacht am Badesee im Allgäu. Entsprechend teurer fällt der Aufenthalt in vollausgestatteten Tiny Houses aus. Hier liegen die Preise etwa zwischen 70 und 300 Euro pro Nacht.

Das Start-up finanziert sich durch Provisionen. Diese richten sich nach den Nettoeinnahmen der Gastgeber. Wenn Landwirte etwa 20 Euro verdienen wollen, landet ihr Inserat für 23 Euro auf der Website – das Start-up behält standardmäßig eine Gebühr von drei Euro ein.

Genauso läuft es bei allen anderen Beträgen unter 20 Euro. Möchten Gastgeber darüber hinaus Geld pro Übernachtung einnehmen, kassiert Hinterlandcamp jeweils 15 Prozent Provision.

Finanziell großer Aufwand

„Wir verdienen seit Tag eins Geld“, sagt Oltmanns. Bislang haben die Gründer ihr profitables Start-up ohne die Hilfe externer Investoren aufgebaut. Eine knappe Million Euro haben sie in einer Seed-Runde nur von Freunden und Familienmitgliedern eingesammelt. In diesem Jahr planen die Hamburger erstmals eine größere Runde mit Risikokapitalgebern.

Die Gewinnmarge des Start-ups ist bei günstig angebotenen Stellplätzen eher gering. Das liegt nicht nur an der Mehrwertsteuer, die von der Provision abgezogen wird. Die Hamburger beschäftigt ein anderes Problem: „Wir dürfen das Geld der Gastgeber nicht treuhändisch verwalten. Dazu bräuchten wir eine Banklizenz, die wir nicht haben“, sagt CEO Oltmanns.

Daher nutzt das Hamburger Start-up für die Abrechnungen den Online-Bezahldienst Stripe. Für jeden Gastgeber richtet das Start-up dort ein virtuelles Konto ein, auf das Urlauber bei Buchungen einzahlen. „Es ist ein Riesenaufwand, den wir haben. Im Schnitt verlieren wir für die Kontoführung unsere Gastgeber einen Euro“, gibt der 50-Jährige zu bedenken. Nicht jeder Wettbewerber würde sich Oltmanns zufolge an die Vorgaben der Finanzaufsicht halten.

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Immerhin hat die Prozedur über einen Bankdienstleister den Vorteil, dass das Geld 24 Stunden lang zurückgehalten wird. So werde sichergestellt, dass Urlauber keine bösen Überraschungen erleben, wenn sie an ihrem gebuchten Stellplatz ankommen. Beschwerden oder gar Stornierungen kämen dabei nur selten vor, pro Jahr gebe es deutlich unter zehn Fälle, so die Gründer.

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Dafür sorge auch das Bewertungssystem, bei dem sowohl Gastgeber als auch Camper bis zu fünf Sterne vergeben können. „Deutsche Baderegeln“ aufzustellen, damit Urlauber ihren Müll nicht in der Natur abladen oder unangenehm durch Lärm auffallen, lehnen die Gründer ab.

Es gelte ein altes Pfadfinderehrenwort, einen Platz ordentlicher zu hinterlassen, als er vorgefunden wurde. „Dieser Wert ist tief in unserer Community verankert, wir brauchen nichts vorzuschreiben“, so Oltmanns.

Camping boomt auch nach Corona

Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass der Camping-Trend in den Jahren nach der Corona-Pandemie weiter zunimmt. So haben Deutsche im vergangenen Jahr über 40 Millionen Übernachtungen auf Campingplätzen verbracht.

Zudem kaufen sich immer mehr Familien eigene Wohnmobile und Caravans: Insgesamt ist die Zahl der Neuzulassungen bei Campingfahrzeugen laut dem deutschen Caravaning-Verband CIVD im Februar 2023 auf rund 6900 geklettert, rund vier Prozent mehr als im Februar 2022. Mit den Monaten April und Mai bewegt sich das Camping-Geschäft nun langsam auf die Hochsaison zu, die bis in den Oktober geht.

Das Hamburger Start-up erreichen eigenen Angaben zufolge jede Woche aktuell rund 200 Buchungen – Tendenz steigend. Seine Übernachtungszahlen habe das Start-up im Vergleich zum April/Mai 2022 bereits verdoppelt. Seit der Gründung verzeichnete Hinterland Camp bislang rund 180.000 Übernachtungen. Zum Teil würden Familien auch über Weihnachten und Silvester Plätze buchen, da die Plattform im Gegensatz zu Campingplätzen im Winter nicht schließt.

Bislang bespielen die Hamburger vor allem deutsche Urlaubsregionen wie die Ostsee, Bayern, den Schwarzwald, die Eifel, den Taunus und Bodensee. CEO Oltmanns betont aber: „Der Weg führt nach Europa. In diesem Jahr wollen wir in Kroatien starten und haben bereits in Portugal losgelegt.“ Außerdem sei die Expansion nach Österreich, Italien, Ungarn und Skandinavien geplant. Mitgründer Neubert lebe bereits in der norwegischen Hauptstadt Oslo und könne von dort aus den Aufbau neuer Standorte mitgestalten.

Die Internationalisierung will das Start-up dennoch überlegt angehen, der Hauptfokus soll weiterhin auf Deutschland liegen. Dafür nennt Co-Gründer Raatz zwei Gründe: „Kunden-Support ist sehr wichtig. Es gibt immer mal Rückfragen von Campern und Gastgebern, deswegen müssen wir in jedem Land auch Ansprechpartner haben, zumal, wenn Sprachbarrieren bestehen.“

Zudem komme es Kunden nicht vordergründig darauf an, aus Deutschland herauszukommen. So verzeichnet Hinterland Camp Raatz zufolge viele Wochenend-Anfragen von Familien, die spontan „Wasserkanister und Solarpanel einpacken“ und kurze Strecken fahren, um dem Alltag zu entfliehen. Erst bei Trips, die länger als zwei Wochen dauern, werde das Ausland interessant.

Die Konkurrenz im Camping-Markt wächst

Den Markt müssen sich die Gründer von Hinterland Camp mit einer zunehmenden Anzahl anderer Camping-Anbieter teilen, die ebenfalls vom Urlaubstrend profitieren wollen. Das Münchener Start-up Roadsurfer, 2016 gegründet, ist Platzhirsch im europäischen Camping-Markt. Neben der Vermietung von Bullis vermittelt die Plattform seit 2021 ebenfalls über 1500 private Stellplätze, hat im vergangenen Jahr in die USA expandiert und wird von bekannten Geldgebern wie HV Capital, Heartcore Capital und Business Angels wie den Trivago-Gründern unterstützt.

Auch jüngere Start-ups wie Zeltzuhause, die Schweizer Anbieter Camperland und Nomady, MyCabin aus Konstanz sowie Alpaca Camping stellen ähnlich wie die Hamburger Plätze zum Zelten und Campen in der Natur bereit und sprechen gezielt landwirtschaftliche Betriebe, Privatpersonen und Vereine an.

Die Outdoor-Liebhaber Oltmanns und Raatz lassen sich von der wachsenden Konkurrenz indes nicht einschüchtern. „Wir haben nicht das Gefühlt, dass der Markt enger wird. Im Gegenteil: Wir freuen uns, wenn privates Camping bekannter wird“, so der CEO. Mit Weggefährten wie Roadsurfer würde sich das Start-up zudem regelmäßig austauschen, etwa was die Bafin-Problematik anbelange. Zudem beobachten sie, dass viele Nutzer die Angebote verschiedener Start-ups ausprobieren und noch viel ungenutztes Potenzial bei landwirtschaftlichen Flächen bestehe.

Die Gründer sehen sich, wenn es die Zeit zulässt, selbst als ihre besten Kunden – wenn auch mit unterschiedlichen Vorlieben beim Campen. „Wir sind wie Mare e Monti“, meint Oltmanns. „Während es mich immer in die Berge zum Radfahren zieht, ist Olli am liebsten am Wasser zum Kitesurfen.“

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Dieser Text stammt aus einer Kooperation mit dem Magazin "Gründerszene". Klicken Sie auf die Links, verlassen Sie welt.de und landen in den Artikeln bei gruenderszene.de.
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