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Wirtschaft Green New Deal

Einsamer Vorreiter? Widerstand gegen von der Leyens Klimapläne

Korrespondent Europäische Wirtschaft
Deutsche Industrie hält von der Leyens Klimaziele für unrealistisch

Die von der künftigen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen anvisierten Klimaziele für 2030 und 2050 sind aus Sicht der deutschen Industrie unrealistisch. Für BDI-Präsident Dieter Kempf sind die immer ehrgeizigeren Ziele sogar politisch falsch und gefährlich.

Quelle: WELT

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In einem Papier warnt die deutsche Wirtschaft vor einer Klimapolitik, die Europa Wachstum und Wohlstand kostet. Die Unternehmen fordern ein Umdenken in der Klimapolitik – und ein Ende von immer neuen ambitionierten Emissionszielen.

Ursula von der Leyen soll erst am 1. Dezember ihr Amt als Präsidentin der Europäischen Kommission antreten, aber bereits jetzt bringt sich die deutsche Wirtschaft in Stellung gegen die ambitionierten Klimapläne der CDU-Politikerin.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fordert in einem Positionspapier ein Umdenken in der Klimapolitik: „Europa braucht nicht einfach mehr Klimapolitik“ heißt es darin. „Die EU braucht Klimastrategien, die wirtschaftlich effizienter sind.“ Das unveröffentlichte Papier, das der DIHK und die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) für Gespräche mit Abgeordneten des Europarlaments verfasst haben, liegt WELT vor.

„Von immer höheren Zielen zu Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit“, ist die Forderungssammlung überschrieben. Die Unternehmen warnen darin vor einer Klimapolitik, die Europa Wachstum und Wohlstand kostet. Europa solle nicht als „einsamer Vorreiter“ immer anspruchsvollere klimapolitischere Vorgaben machen. Stattdessen gebe es viele Möglichkeiten, wie die EU Unternehmen beim Klimaschutz helfen könne, um Ökologie und Ökonomie miteinander zu vereinen. Der DIHK ist der größte Wirtschaftsverband in Deutschland und vertritt 3,6 Millionen Unternehmen. Die WKÖ vertritt mehr als 517.000 Unternehmen.

Der Verweis auf den einsamen Vorreiter ist ein spöttischer Seitenhieb gegen von der Leyen. Die hatte nach der Vorstellung ihres Kommissarkollegiums Mitte September einen euphorischen Tweet abgesetzt: „Der Europäische Green Deal muss Europas Markenzeichen werden“, schrieb sie in dem Kurznachrichtendienst. „Ich möchte, dass Europa Vorreiter ist. Ich möchte, dass Europa Wissen, Technologien und bewährte Verfahren exportiert.“

Von der Leyen will Europa klimaneutral machen

Der Europäische Green New Deal, ein ambitioniertes Klimaschutzprogramm, ist das zentrale Vorhaben für von der Leyens Amtszeit. Ihr Ziel ist es, Europa zum „ersten klimaneutralen Kontinent der Welt“ zu machen. Dazu sollen sich die EU-Mitglieder verpflichten, bis 2050 klimaneutral zu werden. Zudem sollen die Ziele für die Reduktion von Treibhausgasen verschärft werden.

Derlei Forderungen machen vielen Unternehmen Angst. Schon die bestehenden Reduktionsziele überforderten viele Firmen, heißt es in dem Positionspapier der Wirtschaftsverbände. „In vielen Branchen sind die Reduktionsziele mit den existierenden Technologien und bestehenden Prozessen nicht erreichbar“, schreiben die Verfasser.

Sie fordern denn auch, in Europa die Reduktionsziele nicht mehr zu verschärfen. Wenn Von der Leyen wirklich den Ausstoß an Treibhausgasen senken wolle, dann sollte sie lieber dafür sorgen, dass die Emissionen außerhalb Europas zurückgehen. „Die EU sollte ihre rein auf Europa bezogenen Reduktionsziele aufgeben“, schreiben die Verfasser.

„Klimaschutz, der auf den Europäischen Kontinent beschränkt ist, hilft nicht dabei, die Erderwärmung zu bekämpfen“, warnen die Verbände. „Der Anteil der EU an den weltweiten Emissionen beträgt weniger als zehn Prozent und wird in den kommenden Jahren weiter zurückgehen. Aber die Notwendigkeit, weniger Treibhausgase auszustoßen, bleibt weltweit gewaltig.“

Gegenwärtig hat sich die EU zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die Treibhausgas-Emissionen um 40 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu reduzieren. Die Mitgliedstaaten müssen ihre Pläne dafür, wie sie dieses Ziel erreichen wollen, bis Ende des Jahres vorlegen. Von der Leyen will diese Vorgaben verschärfen; bis 2030 sollen die Emissionen um mindestens 50 Prozent sinken.

Weltweiter CO2-Preis soll helfen

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Die Unternehmen warnen allerdings nicht nur vor diesen Plänen, sie liefern auch eine Strategie, wie von der Leyen ihr Gesicht wahren und wie versprochen die Reduktionsziele anheben kann, ohne die europäische Wirtschaft übermäßig zu belasten: „Wenn die EU ihre Klimaschutzziele für 2030 und 2050 verschärfen will, sollten die zusätzlichen Reduktionen bei Treibhausgas-Emissionen weltweit stattfinden“, heißt es in dem Papier. Instrumente wie Emissionszertifikate könnten sicherstellen, dass ein verminderter Ausstoß von Treibhausgasen anderswo in der Welt auf die europäischen Reduktionsziele angerechnet werden könnten.

„Die EU sollte den Green Deal von Ursula von der Leyen auch als Chance begreifen, die eigene Klimaschutzpolitik wieder global zu vernetzen“, sagt Achim Dercks, der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer. „Es macht Sinn, nach 2020 zumindest einen Teil der Treibhausgasminderungen außerhalb der EU zu erreichen und ein solches Engagement auf die eigenen Ziele anrechnen.“ Dafür seien funktionierende Marktmechanismen nötig, im besten Fall unter dem Dach des Pariser Klimaschutzabkommens.

Es gebe außerdem ein ganze Reihe von Maßnahmen, mit denen die EU den Klimaschutz vorantreiben könne, ohne der europäischen Wirtschaft zu schaden. Ein wichtiger Schritt könne ein weltweiter CO2-Preis sein. Helfen könne auch, es für Unternehmen einfacher und günstiger zu machen, selbst erneuerbare Energie zu produzieren.

Die Unternehmen warnen zudem vor Von der Leyens Plänen für einen CO2-Ausgleich an Europas Grenzen. Er sieht vor, dass wenn in der EU der CO2-Ausstoß bei der Produktion besteuert wird, Waren aus dem außereuropäischen Ausland entsprechend nachbelastet werden. Die Wirtschaftsvertreter loben die Idee zwar grundsätzlich, fürchten allerdings große bürokratischeBelastungen. Nötig sei deswegen eine sehr gründliche Folgenabschätzung.

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