Der Vorname ist Golffans bestens bekannt, nun gilt es sich einen neuen Nachnamen zu merken. Ein junger deutscher Spieler sorgt für Furore, mit nur 19 Jahren hat sich Tiger Christensen für das älteste und bedeutendste Golfturnier der Welt qualifiziert. Der Hamburger wird vom 20. bis 23. Juli bei den British Open in Royal Liverpool an den Start gehen. Dabei ist Christensen nicht mal Profi, sondern hat noch den Status eines Amateurs.
Dennoch sicherte er sich beim Final Qualifying im West Lancashire Golf Club eines der begehrten Major-Tickets. 70 Spieler waren bei dem Turnier über zwei Runden am Start, nur fünf kam durch. Christensen wurde mit neun Schlägen unter Par geteilter Vierter und qualifizierte sich sicher. Die nächst platzierten Spieler hinter ihm hatten bereits drei Schläge Rückstand, darunter ein Superstar wie Masters-Sieger Sergio Garcia aus Spanien.
Auch andere Größen der Branche wie Graeme McDowell (Nordirland) oder Jamie Donaldson (Wales) ließ er hinter sich und nimmt nun erstmals an einem der vier großen Major-Turniere teil. Damit wächst die deutsche Starterzahl auf vier an, auch Yannik Paul, Marcel Siem und Hurly Long reisen nach Liverpool.
Vater Alex Christensen ist Komponist, Musikproduzent und DJ
Bei Christensen liegt der Erfolg in der Familie, wenn bislang eher musikalisch denn sportlich. Seine Mutter Nicole hatte um die Jahrtausendwende einige Chartplatzierungen als Popsängerin unter dem Künstlernamen Rollergirl. Sein Vater Alex ist Komponist, Musikproduzent und DJ. Bekannt wurde er 1991 durch das Musikprojekt U96 mit dem Nummer-eins-Hit „Das Boot“. Er war Mitglied der „Popstars“-Jury, trat für Deutschland beim Eurovision Song Contest an und produzierte u.a. Alben von Tom Jones, Michael Bolton oder Helene Fischer. Christensen senior war es auch, der dem Filius den Namen Tiger verpasste.
„Er kam in dem Jahr zur Welt, als ich mit dem Golf angefangen habe“, sagte Vater Alex Christensen dem „Südkurier“. Neben der Bewunderung für Tiger Woods habe er den Boxer Dariusz Michalczewski zu seinen Freunden gezählt, der auf den Kampfnamen Tiger hörte. So kam der Sohn 2003 zu seinem Namen.
Mit zwei schlug dieser dann erstmals gegen den Ball, mit vier begann das Training, bald der sportliche Aufstieg durch die deutschen Jugendmannschaften und der Umzug nach Spanien auf eine renommierte Golfschule. Bereits mit 16 Jahren gewann Christensen die Internationalen Deutschen Amateurmeisterschaften. „Als ich bei internationalen Turnieren oben mitspielen konnte, wusste ich, dass es was werden könnte mit der Golfkarriere“, sagte Christensen der Zeitschrift „Golfpunk“: „Der Fußballverein und die Klavierstunden wurden gecancelt. Ab da habe ich meistens sieben Tage in der Woche Golf gespielt.“
Dies brachte ihn auf renommierte US-Colleges, gleich fünf Schulen boten ihm 2021 ein Stipendium an. Christensen ging zunächst nach Oklahoma State, wo auch große Spieler wie Ricky Fowler, Viktor Hovland oder der frisch gebackene US-Open-Sieger Wyndham Clark ihre Ausbildung genossen. Dort fühlte er sich aber nicht wohl und wechselte. Mittlerweile spielt er an der Universität von Arizona und findet zu alter Form.
„Er hat keine Schwachstellen in seinem Spiel“
„Tiger spielt schon sehr lange herausragend gut“, sagt Profi-Bundestrainer Ulrich Eckhardt im Gespräch mit WELT: „Er ist mit das Beste, was wir im deutschen Golfnachwuchs haben. Zumal sein Leben schon früh auf eine Karriere als Profi angelegt war. Er wird von seinen Eltern sehr unterstützt und gefördert.“ Christensen schlage den Ball sehr weit und sei jetzt schon ein sehr kompletter Spieler, so Eckhardt: „Er bewegt sich auf höchstem Niveau und hat keine Schwachstellen in seinem Spiel.“
Dass er ob seines Namens mit einem der Größten der Branche verglichen wird – Tiger Woods gewann 82 PGA-Turniere, darunter 15 Majors – sei keine Bürde, sagt Christensen selbst: „Er ist ohne Wenn und Aber mein einziges Vorbild. Ich habe meinen Vornamen immer als Motivation gesehen und fand ihn immer schon sehr cool.“
Nun kann er in Liverpool zumindest einen ersten Schritt zu einer solchen Karriere gehen. „Dass Tiger es zu den British Open geschafft hat, ist ein fantastischer Erfolg“, sagt Eckhardt. Und der Vergleich mit Woods? Der Bundestrainer sagt: „Im Vergleich zu leben, ist nie zielführend, er soll sich auf seine eigene Karriere und auf die Dinge konzentrieren, die er selber beeinflussen kann. Wenn er motiviert ist, so gut wie Tiger Woods zu werden, dann ist das ein großartiges Ziel.“
Zumal Christensen in England der einzige Tiger im Feld sein wird. Sein 47-jähriger Namensvetter kuriert eine Operation am Fußgelenk aus und wird das Major wie schon alle anderen Turniere in den vergangenen Monaten verpassen.