Das deutsche Profigolf befindet sich deutlich im Aufschwung. Auf der DP World Tour spielen die Männer fast Woche für Woche um den Sieg mit, und auch bei den Frauen wachsen die Erfolge. Die größten Hoffnungen für die Zukunft ruhen hierbei auf einer Teenagerin, die in dieser Woche beim Amundi German Masters südlich ihrer Geburtsstadt Berlin abschlägt.
Chiara Noja ist erst 17 Jahre alt, hat aber jetzt schon einen rasanten Aufstieg hinter sich und steht beim wichtigsten deutschen Frauen-Turnier im brandenburgischen Seddin (Donnerstag bis Sonntag) im Mittelpunkt des Interesses. US-Medien beschrieben sie vergangene Woche vor ihrem ersten Auftritt auf der amerikanischen LPGA-Tour als „deutsche Teeanger-Sensation“.
Geboren wurde Noja in Berlin. Als sie sieben Jahre alt war, zog die Familie nach England, 2020 ging es dann weiter nach Dubai. Beide Eltern sind leidenschaftliche Golfer, ihr Vater ist bis heute Nojas Trainer. Sie schlug nicht den üblichen Weg einer Amateur- und College-Karriere ein, sondern entschied ob ihres Talents bereits mit 15 Jahren, Profi zu werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie ein Handicap von +7.4. Das bedeutet, sie spielte ihre Runden im Schnitt sieben Schläge besser als der Platzstandard. Ein eigentlich kaum zu erreichender Wert in der Nähe eines Tiger Woods. Als der 1996 Profi wurde, lag sein Handicap bei +8. Da war er aber schon 20 Jahre alt, nur ein Jahr später gewann der kommende Superstar beim Masters in Augusta sein erstes Major-Turnier.
Möglich machten die frühe Profikarriere der Chiara Noja Turniereinladungen, über die sie sich bald auf der europäischen LET-Tour fest spielte – erst in der zweiten, und schnell auch in der ersten Liga, zu der auch das Amundi German Masters zählt. Ihren Ehrgeiz beschreibt sie so: „Ich bin noch nie bei einem Turnier angetreten, das ich nicht gewinnen wollte.“
Durchbruch in Saudi-Arabien
Und Noja gewinnt. Ihren endgültigen Durchbruch hatte sie im Vorjahr. Im Juni 2022 gewann sie die Czech Ladies Open, und das mit neun Schlägen Vorsprung. Am Finaltag war sie 16 Jahre und 81 Tage alt. Wenige Monate später folgte im November der erste ganz große Erfolg beim LET-Turnier in Saudi-Arabien. Noja setzte sich im Stechen gegen die mehrfache Torursiegerin Charley Hull aus England durch und sicherte sich mit 75.000 Dollar ihr erstes großes Preisgeld.
Was macht sie so gut? Nojas Stärken liegen in einem präzisen Eisenspiel, ihrer Konstanz und ihren Nerven. Dem Sieg im Nahen Osten hat sie bis heute zwei weitere Top-Drei-Platzierungen folgen lassen. Sie hat in dieser Saison, in der sie bereits auf Platz fünf der Rangliste liegt, noch keinen einzigen Cut verpasst, also sich stets für die finalen Runden am Wochenende qualifiziert.
Auf Anhieb Zwölfte in den USA
Schon dies sind Zahlen einer Meisterin. Nojas größter Trumpf aber sind ihrer enormen Längen. Die 1,83 Meter große Athletin weiß ihre Hebel perfekt einzusetzen, ihre Abschläge fliegen in dieser Saison im Schnitt 295,15 Yards (knapp 270 Meter) weit. Damit liegt sie auf Platz eins der Driving-Statistik – keine andere Spielerin auf der Welt schlägt so weit wie die Deutsche. Denn auch auf der größeren und deutlich lukrativeren LPGA-Tour in den USA kommt keine Spielerin auf derartige Werte.
Und so dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, wann Noja dauerhaft in den USA abschlägt, zumal sie bei ihrer Premiere gerade erst beeindruckte. Am Wochenende wurde sie bei dem Turnier in New Jersey nach drei sehr konstanten Runden auf Anhieb Zwölfte und dafür mit knapp 30.000 Dollar belohnt. Sie war über eine Einladung ins Feld gekommen.
„Ich will die Nummer eins der Welt werden“, sagt Chiara Noja über ihre Ziele unmissverständlich. Im Moment gibt es kaum einen Grund, warum dies nicht möglich sein sollte. Wer sich davon in den kommenden Tag live überzeugen will, kann dies vor Ort, aber auch am Monitor tun. Tickets gibt es noch für alle vier Turniertage, Sky überträgt zudem jeden Tag live: Donnerstag und Freitag ab 12.00 Uhr, Samstag und Sonntag ab 13.00 Uhr.