Felix Magath also. Auf den ersten Blick überraschend. Auf den Zweiten aber eigentlich logisch. Denn wer die Volten bei Hertha BSC in jüngerer Vergangenheit verfolgt hat, konnte nur zu dem Schluss kommen, dass diese Seifenoper den nächsten großen Cliffhanger bieten wird. Und so wird die vakante Stelle des Cheftrainers beim stark abstiegsbedrohten Bundesligaklub acht Spieltage vor Saisonende nicht mit einem Nobody aus dem Nachwuchs oder einem langweiligen Durchschnittstrainer besetzt, sondern „Quälix“ aus der Rente geholt. Das Publikum wird am kommenden Wochenende gebannt nach Berlin schauen. Das war ja nicht immer so.
Vor etlichen Jahren war Hertha ab und zu mal sportlich aufregend. Da spielte die Mannschaft tollen Fußball, schaffte es in die Champions League, hatte einen Star wie Marcelinho und später einmal sogar bis kurz vor Saisonende die Chance, Meister zu werden (der wurde dann der VfL Wolfsburg mit Trainer Magath, 2009 war das).
Danach? Das große Nichts. Abstieg, Aufstieg, Abstieg, Aufstieg: Meist wenig erträglicher Fußball. So richtig bekamen das aber wohl nur Berliner mit. Und auch da nicht alle. Im Rest des Landes blieb wohl maximal die verzweifelte und am Ende erfolglose Verpflichtung des Pensionärs Otto Rehhagel hängen, mit dessen Dämonen nun Magath aufgrund der Parallelen kämpfen darf.
Ansonsten hat die Hertha mit dieser grauen Zeit nur noch eines gemein: Ein Spiel zu sehen, ist nach wie vor schmerzhaft. Der abwartende und ambitionslose Defensiv-Fußball ist längst so tief in der DNA verankert, dass er schon etliche Trainer überlebte. Die zwölf Übungsleiter der vergangenen zehn Jahre fehlerfrei aufzuzählen, dürfte selbst Hertha-Fans schwerfallen. Sie sind nicht zu beneiden.
Klinsmann kommt, Klinsmann geht, Klinsmann rechnet ab
Abgesehen davon bestimmt der Klub aber längst regelmäßig die bundesweiten Fußballschlagzeilen. Hier nur mal ein paar Eckpunkte seit 2019: Hertha verbrennt in nicht mal drei Jahren 375 Millionen von Investor Lars Windhorst, der sich seit Monaten einen offenen Streit mit den Verantwortlichen liefert. Der Klub heuert und feuert kostspielige Profis im Halbjahrestakt. Klinsmann kommt, Klinsmann geht, Klinsmann rechnet ab. Jens Lehmann wird unter Getöse aus dem Aufsichtsrat entfernt. Trainer Pal Dardai pafft Zigarre im „Sportstudio“. Altstar Salomon Kalou bricht in einem Social-Media-Video die Corona-Regeln und versetzt die ganze Liga in Aufruhr. Und vom seit 2017 laufenden unsäglichen Stadionprojekt wollen wir hier erst gar nicht anfangen - 2025 sollte die Arena mal eröffnet werden. Bis heute gibt es nicht mal ein Grundstück.
Der neueste Plot-Twist neben den vom Bund ausgezahlten Coronahilfen über sieben Millionen (!) Euro und lachenden Reservespielern während der nächsten sportlichen Demütigung in Gladbach: Über Klub und Mannschaft wurde monatelang eine teure wie aufwendige Doku gedreht, die einen tiefen Blick hinter die Kulissen erlauben sollte. Windhorst stoppte nun aber nach Ansicht der Bilder das Projekt. Vor allem er soll in etlichen Szenen und Videos schlecht weggekommen sein.
Das kann man schon verstehen, schließlich hat der Investor das Ganze bezahlt. Dennoch sollte sich Windhorst einen Ruck geben und den Film freigeben. Zur Unterhaltung der Zuschauer, welche sie seit Jahren im Stadion vergeblich suchen.