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Sport Das Raumschiff landet

Wie sich die Nationalmannschaft in Thüringen neu erfindet

Redakteur
Großer Andrang bei einer Autogrammstunde deutscher Nationalspieler Großer Andrang bei einer Autogrammstunde deutscher Nationalspieler
Nahbar, wie lange nicht mehr: Manuel Neuer und Maximilian Beier bei einer Autogrammstunde während des Trainingslagers im thüringischen Blankenhain. Der Andrang war groß
Quelle: dpa/Christian Charisius
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft war in den vergangenen Jahren nicht nur erfolglos, sie galt auch zunehmend als unnahbar und abgehoben. Nun ist sie dabei, neue Wege zu gehen. In den Tagen des Thüringer Trainingslagers wird dies deutlich.

Am frühen Nachmittag fuhr der Bus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Bahnhof von Erfurt vor. Spieler, Trainer und Betreuer gingen hinauf zu den Gleisen, wo sie in einen ICE stiegen und nach Nürnberg fuhren. Von dort ging es schließlich ins EM-Quartier nach Herzogenaurach. Nach der knappen Woche in Thüringen beginnt nun der Feinschliff für das Heim-Turnier, das am 14. Juni beginnt.

Hinter der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) liegen Tage, in denen es im EM-Vorbereitungslager zwar intensive Trainingseinheiten gab, doch einige Spieler trudelten – bedingt durch Aufgaben mit ihren Klubs – erst später ins „Spa & GolfResort“ in Blankenhain ein. Oder gar nicht erst, so wie die Spieler des BVB (Schlotterbeck, Füllkrug) und Real Madrid (Kroos, Rüdiger), die am Samstagabend das Champions-League-Finale in London spielen. Dennoch wurde die Zeit des Zusammenseins in Thüringen gut genutzt – etwa auch dafür, so könnte man sagen, sich ein stückweise neu zu erfinden.

Jahrelang war die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) dem Vorwurf ausgesetzt, abgehoben und nicht volksnah zu sein. Sie würde, hieß es, wie ein Raumschiff über allem schweben und keine Bodenhaftung mehr haben. An den Haaren herbeigezogen war das nicht.

Leere Tribünen, sinkende TV-Quoten

Auf dem Höhenpunkt des letzten großen Erfolgs, dem WM-Titel 2014, war den Protagonisten der Blick für das Wesentliche verloren gegangen, insbesondere für die Basis. Mehr Marketing, weniger Nähe.

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Als im Anschluss an das Halbfinale bei der EM 2016 drei Turniere folgten, in denen das Team sportlich versagte – Vorrunden-Aus bei der WM 2018 und 2022, Achtelfinal-Aus bei der EM 2021 – war der Aufschrei plötzlich groß: Der Anhang hatte sich mit Grauen abgewendet. Es gab leere Tribünen bei Testspielen, im TV sanken die Einschaltquoten. Die Eliteauswahl, die im Zuge des WM-Triumphs offiziell „Die Mannschaft“ getauft worden war, war kein Magnet mehr – und vielen Fußball-Fans nur noch egal. Im Sommer 2022 wurde der Begriff „Die Mannschaft“ schließlich wieder kassiert.

Nun, da das Heim-Turnier ansteht, scheint sich das Blatt langsam wieder zu wenden. Das zarte Pflänzchen Nationalteam, das mit dem neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann dabei ist zu wachsen, erfreut sich mehr und mehr Interesse. Bedingt durch Nominierungen, die dem Leistungsprinzip entsprechen und nicht mehr nur auf alte Verbundenheit fußen, und zwei Länderspielen gegen Frankreich (2:0) und die Niederlande (2:1), die gut waren, gibt es wieder mehr Zuwendung.

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Rund um das Nationalteam und im Team selbst spüren sie das – und gaben sich vor allem in Thüringen sehr aufgeschlossen, sehr umgänglich.

Das fing schon bei der Anreise am Sonntag an. In Vans wurden die Spieler da vom Bahnhof oder Flughafen abgeholt. Als sie auf dem großflächigen Gelände des Quartiers an der B85 in Blankenhain eintrafen, säumten viele Menschen den Weg. Die Spieler stiegen aus, schrieben Autogramme und machten Selfies. Nicht nur ein paar, sondern viele. Sie nahmen sich Zeit. Thomas Müller und Aleksandar Pavlovic liefen die letzten 150 Meter zu Fuß, vorbei an den Fans und Anwohnern.

Thomas Müller ist das Zugpferd

Montagvormittag packten Müller und Chris Führich für bedürftige Menschen mit an. Die beiden Nationalspieler gaben bei der Blankenhainer Tafel Lebensmittel und Sachspenden aus, halfen dabei, Kaffee, Haferflocken, Zahnpasta oder Duschgel an bedürftige Familien und Einzelpersonen zu verteilen.

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„Es ist klasse, was die Tafeln und vor allem die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter leisten“, sagte Müller: „Es ist wichtig, dass sich die Menschen einsetzen. Ich kann nur den Hut ziehen vor diesen Menschen, die sich hier und in den anderen Tafeln täglich für bedürftige Menschen einsetzen. Das ist sehr beeindruckend.“ Weil sich der Termin binnen kürzester Zeit im Ort herumgesprochen hatte, kamen immer mehr Menschen dazu, so dass es quasi noch eine Autogrammstunde mit Führich und Müller.

Thomas Müller bei der Blankenhainer Tafel
Nationalspieler Thomas Müller zieht bei der Blankenhainer Tafel einen Hubwagen mit Lebensmitteln. Mitte der Woche war er dort mit Chris Führich zu Besuch
Quelle: dpa/Federico Gambarini

Letzterer wirkt ohnehin wie ein Zugpferd. Der Weltmeister von 2014 ist aktuell beliebt wie kaum ein anderer Nationalspieler. Als er unter der Woche am Teamquartier mit Physiotherapeut Wolfgang Bunz auf eine Golfrunde ging, machte er immer mal wieder eine Pause, um Autogrammwünsche von Fans zu erfüllen, die am Rand standen und zuschauten.

Besuch bei der Tafel, Besuch in der Schule

Am Montagnachmittag fuhr die Mannschaft ins 30 Kilometer entfernte Jena. 15.000 Zuschauer kamen zur öffentlichen Trainingseinheit, die eine Stunde dauerte. Im Anschluss verteilten sich die Spieler im Stadion, schossen kleine Bälle ins Publikum und unterschrieben Trikots, Shirts oder Karten. Bundestrainer Nagelsmann bedankte über das Stadion-Mikrofon: „Es hat Spaß gemacht, hier zu sein.“

Tags darauf, also am Dienstag, besuchten Deniz Undav sowie die beiden U 21-Nationalspieler Rocco Reitz und Brajan Gruda, die derzeit beim A-Team trainieren, weil einige EM-Fahrer noch fehlen, zwei Schulen in Blankenhain. Undav etwa wurde an der Staatlichen Förderschule von rund 60 Schülerinnen und Schülern der Klassen fünf bis zehn mit Spalier und einer La-Ola begrüßt. Reitz und Gruda schauten parallel an der Staatlichen Regelschule in Blankenhain vorbei – als Überraschungsgäste bei einem Fußballturnier, an dem rund 150 Schülerinnen und Schüler der Klassen fünf bis zehn beteiligt waren.

Am Mittwoch hingegen zog sich das Team kurzzeitig etwas zurück, da es selbst hohen Besuch bekam – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gab sich die Ehre und hielt eine Rede. Nachmittags schauten die Leipziger David Raum und Benjamin Henrichs beim FSV Grün-Weiß Blankenhain vorbei, spielten mit den Kindern Fußball, spendierten Eis und nahmen sich Zeit für Autogramme und Selfies. Am Donnerstag nahmen schließlich Manuel Neuer und Maximilian Beier nahmen an einer Autogrammstunde auf dem Gelände eines Supermarkts in Blankenhain teil. Der Andrang war groß – für Spieler einer Mannschaft, die wieder dem Anhang wieder voll offener und interessierter gegenübertritt. Auf Augenhöhe quasi.

Autogramme für die Fans: Der Stuttgarter Waldemar Anton erfüllt die Wünsche des Anhangs
Waldemar Anton vom VfB Stuttgart schreibt Autogramme in Jena. Zu Beginn des EM-Vorbereitungslagers in Thüringen trainierte die deutsche Nationalelf dort vor 15.000 Zuschauern
Quelle: Getty Images/Alexander Hassenstein

Zu Beginn seiner Amtszeit als Sportdirektor hatte Rudi Völler Anfang 2023 gesagt, dass die Stimmung um die Nationalmannschaft deutlich gehoben werden müsse. „Die Basis von allem sind die Nationalspieler, der Bundestrainer, dass wir uns sportlich gut verkaufen, aber uns auch im Vorfeld volksnäher geben.“

Nun, da der EM-Beginn absehbar ist, ist davon auszugehen, dass sich der DFB-Tross wieder etwas mehr zurückziehen wird. So viel Trubel wie bei der Ankunft am späten Freitagnachmittag in Herzogenaurach wird es vorerst nicht geben – zumindest nicht rund um das Quartier. Es bedarf mehr Konzentration, es bedarf mehr Ruhe.

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Doch der Anfang in Bezug auf ein besseres Verhältnis ist gemacht, wenn auch mit kleinen Schritten. Wenn auf die vergangenen zwei guten Länderspiele gegen Frankreich (2:0) und die Niederlande (2:1) weitere gute Auftritte folgen sollten, allen voran ein Top-Start in die EM, dürfte der Run auf das deutsche Nationalteam weiter zunehmen.

In der kommenden Woche warten noch zwei Tests. Am Montag in Nürnberg gegen die Ukraine (20.45 Uhr/ARD) und am Freitag in Mönchengladbach gegen Griechenland (20.45 Uhr/RTL).

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