Das Schiffshebewerk Niederfinow ist das älteste, noch funktionierende Hebewerk für Frachtschiffe in Deutschland. 1934 wurde es in Betrieb genommen, mittlerweile ist es geschütztes Industriedenkmal und historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst.
Das Besondere daran: Die Binnenschiffer fahren im Schiffshebewerk Niederfinow mit ihren Lastkähnen in einen riesigen, mit Wasser gefüllten Trog, der – je nach Richtung – um 36 Meter abgesenkt oder angehoben wird, wie in einem überdimensionierten Fahrstuhl.
Jährlich zählt das 60 Kilometer nordöstlich von Berlin gelegene Schiffshebewerk 150.000 Besucher. Sie können als Zuschauer dem Spektakel beiwohnen oder auch selbst den Höhenunterschied der Havel-Oder-Wasserstraße überwinden. Denn neben den Berufsschiffern dürfen auch touristische Fahrgastschiffe, Motor- und Hausboote das Hebewerk nutzen.
Anfang Oktober 2022 ging in direkter Nachbarschaft ein neues Schiffshebewerk in Betrieb, um die Wasserstraße Richtung Ostsee für die Berufsschifffahrt zukunftssicher zu machen. Das alte Hebewerk bleibt zunächst weiter in Betrieb, es soll vorrangig Sportboote transportieren und Verkehrsspitzen abpuffern.
Auf einem 2,8 Kilometer langen Rundgang kann man beide Bauwerke erleben. In den Wintermonaten gibt es Sonderführungen zu festgelegten Terminen.
Weitere Informationen auf schiffshebewerk-niederfinow.com
Iron Bridge in Großbritannien
Ihre Spannweite beträgt gut 30 Meter und der Bogen weist eine Höhe von knapp 13 Metern auf: Die Iron Bridge, die im Tal des Severn in der englischen Grafschaft Shropshire den längsten Fluss Großbritanniens überspannt, ist keine besonders stattliche Erscheinung. Aber sie ist eines der wichtigsten Symbole der Industrialisierung.
1779 errichtet und am Neujahrstag 1781 eröffnet, ist die Iron Bridge die erste gusseiserne Bogenbrücke der Welt. Erbaut wurde sie vom Eisenproduzenten Abraham Darby III. Ihm gehörten die Hochöfen im nahen Coalbrookdale, eine der Geburtsstätten der Industriellen Revolution. Von dort stammen auch die über 1700 Gussteile der Brücke. Ihr zu Ehren wurde das Severn-Gorge-Flusstal in Ironbridge Gorge umbenannt.
Seit 1986 gehört die Brücke zusammen mit den umliegenden Industriedenkmälern zum Unesco-Weltkulturerbe. Auf die Welterbeliste kam damals auch der nach der Brücke benannte Ort Ironbridge.
Die seit Jahrzehnten für den Autoverkehr gesperrte Brücke kann wie die einstige Mautstelle Tollhouse kostenfrei besucht werden. Für andere industriegeschichtliche Attraktionen wie das Coalbrookdale Museum of Iron wird dagegen Eintritt erhoben.
Weitere Informationen auf www.ironbridge.org.uk
Chocolaterie Menier in Frankreich
Wer ein Faible für Schokolade hat, sollte Noisiel auf dem Zettel haben. In dem französischen Städtchen, 30 Kilometer östlich von Paris am Marne-Fluss gelegen, baute die Industriellen-Dynastie Menier ab Mitte des 19. Jahrhunderts eine Schokoladenfabrik, deren Konstruktion und Design innovativ und richtungsweisend waren.
Das Herzstück der Anlage war die Saulnier-Mühle von 1872. Dabei handelt es sich um eine Metallrahmenkonstruktion, die mit farbigen emaillierten Ziegeln gefüllt ist. Das Gebäude wird von Pfeilern in der Marne getragen, deren Wasser die Wasserkraftturbinen antreibt.
In der Saulnier-Mühle wurden Kakaobohnen gemahlen; der sogenannte Eiffel-Saal diente der Lagerung von Schokolade und La Cathédrale war der Ort, an dem Zucker und Kakao für die Schokolade gemischt wurden. Letztere ist ein Bauwerk von Charles Léon Stephen Sauvestre, der als Architekt am Entwurf des Eiffelturms in Paris mitwirkte.
Die Fabrik ist untrennbar mit Jean-Antoine Brutus Menier verbunden, der 1836 in Noisiel erstmals Schokolade in Tafelform herstellte; 20 Jahre später dann wurde die Tafelschokolade an Ort und Stelle in industrieller Weise produziert.
Bis zu Beginn des Ersten Weltkriegs war die französische Chocolaterie die weltgrößte Schokoladenfabrik, die unzählige Länder auch außerhalb Europas belieferte. Heute dient Noisiel als französischer Hauptsitz der Nestlé-Gruppe. Für Gruppen mit mindestens 15 teilnehmenden Personen werden Führungen durch die drei historischen Gebäude veranstaltet.
Weitere Informationen auf ville-noisiel.fr
Pumpwerk De Cruquius in den Niederlanden
Überflutung war über Jahrhunderte eine latente Bedrohung für holländische Städte. Gefahr drohte nicht nur von der Nordsee, sondern auch vom riesigen Binnensee Haarlemmermeer. Zwar blickte Holland schon gegen Mitte des 19. Jahrhunderts auf eine lange Tradition der Einpolderung zurück. Doch um das Haarlemmermeer mit seinen 800 Millionen Kubikmetern Wasser trockenzulegen, hätte es 166 Windmühlenpumpen bedurft, die das Wasser aus den Poldern abpumpen. Eine Mammutaufgabe, die erst mit der Dampftechnologie gelöst wurde.
So gab der fortschrittlich gesinnte König Wilhelm I. (1772–1843) die drei Schöpfwerke Leeghwate, Lynden und Cruquius in Auftrag. Während die erstgenannten kontinuierlich modernisiert wurden, ist Cruquius nahezu in seinem Ursprungszustand erhalten.
Bis 1933 war es in Betrieb, schon im Folgejahr wurde es als eines der ersten weltweit zum Industriedenkmal erklärt und fungiert seitdem als Museum, wo Besucher die Dampfmaschine mit dem größten Zylinder der Welt (3,66 Meter Durchmesser) in Aktion erleben können.
Mit jeder Hubbewegung der Dampfmaschine wurden 8000 Liter Wasser in einen fünf Meter höher gelegenen Entwässerungskanal gepumpt. Um das Haarlemmermeer trockenzulegen, liefen die drei Schöpfwerke von 1848 bis 1852 unter Volllast. Das Cruquius-Museum ist von Amsterdam und Haarlem aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
Weitere Informationen auf haarlemmermeermuseum.nl
Villaggio Crespi d’Adda in Italien
Als Relikt des Industriezeitalters kann man das Textilarbeiterdorf Villaggio Crespi d’Adda in der Provinz Bergamo eigentlich nicht bezeichnen, denn der Ort ist bis heute bewohnt. Mehr noch: Seit 1995 steht Villaggio Crespi d’Adda als „außergewöhnliches Beispiel des Phänomens Arbeiterstadt“ auf der Liste des Unesco-Welterbes.
Crespi ist der Name einer Baumwollfabrikantenfamilie, die 1878 in der Nähe ihrer Fabrik am Ufer des Flusses Adda „auf der grünen Wiese“ ein Retortenstädtchen bauen ließ, wo den Fabrikarbeitern und ihren Familien alles geboten wurde, was sie zum Leben brauchten, angefangen bei Wohnraum und Gemüsegärten bis hin zu allen notwendigen Dienstleistungen. Nur wer in der Fabrik arbeitete, konnte im Ort wohnen. Das Leben hier war mit der Fabrik verbunden, mit ihrem Rhythmus und ihren Anforderungen.
Mit Schule, Krankenhaus, Hotel, Schwimmhalle und Friedhof war das am Reißbrett geplante Crespi d’Adda autark. Auch eine Kirche im Renaissance-Stil wurde errichtet, ein Nachbau der Kirche aus Crespis Heimatort Busto Arsizio.
Die Industriellenfamilie selbst residierte in einer Villa, von der es eine eigene Telefonverbindung zu ihrer städtischen Residenz in Mailand gab. Crespi d’Adda war zudem der erste Ort mit öffentlicher elektrischer Beleuchtung in Italien.
Die Siedlung, deren Bebauung erst in den 1920er-Jahren vollendet war, blieb über die Jahrzehnte bis heute unverändert.
Weitere Informationen auf villaggiocrespi.it