WELTGo!
Ihr KI-Assistent für alle Fragen
Ihr KI-Assistent für alle Fragen und Lebenslagen
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Reise
  3. Deutschland
  4. Lost Places bei Frankfurt am Main: Reise zu vergessenen Orten

Deutschland Lost Places

Verfallen und vergessen – Geheimtipps bei Frankfurt

In der Region um Frankfurt am Main wurde Verkehrs- und Technikgeschichte geschrieben. Ein Beispiel dafür ist die Opel-Rennbahn, die sich die Natur heute zurückerobert. Der Besuch solcher verwunschenen Orte wird zu einer Zeitreise.
Die Opel-Rennbahn bei Rüsselsheim ist zugewachsen – man legte nur einen Teil der Nordkurve frei und montierte ein Aussichtspodest Die Opel-Rennbahn bei Rüsselsheim ist zugewachsen – man legte nur einen Teil der Nordkurve frei und montierte ein Aussichtspodest
Die Opel-Rennbahn bei Rüsselsheim ist zugewachsen – man legte nur einen Teil der Nordkurve frei und montierte ein Aussichtspodest
Quelle: Dietmar Scherf
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Der grelle Schweif der Pulverraketen blitzte über den Beton der Rennpiste, Rauch stieg auf. Der Wagen beschleunigte in acht Sekunden auf Tempo 100, damals eine Sensation. Fritz von Opel, Enkel von Firmengründer Adam Opel, hatte Rennfahrer Kurt Volkhart noch vor der Nordkurve gewarnt, die höchstens Tempo 125 zulasse.

Doch der Tacho im Opel RAK I, erstes Raketenauto der Welt, überstieg 125 Kilometer pro Stunde (km/h), als Volkhart in die Steilwand raste. Die Zuschauer tobten. Der Pilot lenkte das Fahrzeug die schräge Wand entlang und brauste unbeschadet ins Ziel.

Die Raketentechnik hatte sich an diesem 11. April 1928 bewährt. Schon ließ die Opel-Werksleitung visionär verlauten, dass der Antrieb „eine Vorstufe auf dem Wege zum Raketenflugzeug und zum späteren Weltraumschiff“ sei.

Die Opel-Rennbahn bei Rüsselsheim

Schauplatz dieses Spektakels war die Opel-Rennbahn, Deutschlands erste Autorenn-Arena. Heute ein verlassener Ort, so verwittert und von der Vegetation zurückerobert, dass es schon viel Vorstellungskraft braucht, um sich die Betriebsamkeit von einst vorzustellen. Es ist nicht der einzige dieser aufgegebenen und vergessenen Orte in der Region um Frankfurt am Main, in der viel Verkehrs- und Technikgeschichte geschrieben wurde.

Eigenartig ruhig ist es heute dort, wo im Opel RAK I unter Donner und Getöse damals die Raketen zündeten. Ein Kuckuck ruft, Vögel zwitschern. Kaum vorstellbar, dass hier bis zu 50.000 Zuschauer den Motorsportpionieren zujubelten.

Anfangs durften die Fans sogar an der Bordsteinkante des oberen Fahrbahnrands stehen, wo es nicht einmal einen Zaun gab und die Automobile direkt an ihnen vorbei fetzten. Vor und nach den Rennen herrschte Volksfeststimmung zwischen Flaggen, Verkaufsbuden und Platzkonzerten der Opel-Kapelle.

Bei Rüsselsheim: Ein verwildertes Stück der Opel-Rennbahn auf der Ostseite
Ein verwildertes Stück der Opel-Rennbahn auf der Ostseite
Quelle: Dietmar Scherf

Bevor die Rennstrecke gebaut wurde, hatte es Beschwerden über Lärm und gefährliche Raserei gegeben, weil Opel seine Testfahrten mit neuen Modellen auf den Innenstadtstraßen ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen durchführen ließ. Opel reagierte mit der ovalen, 1,5 Kilometer langen Betonstrecke am Waldrand knapp drei Kilometer südlich vom Rüsselsheimer Opel-Stammwerk entfernt. Die Arena diente fortan werktags als Test- und an Wochenenden als Rennstrecke.

Weil die Weltwirtschaftskrise einsetzte und General Motors 1931 die Firma Opel übernahm, blieb für Experimente allerdings kein Spielraum mehr. Hinzu kam: Auf Konkurrenzanlagen wie der Berliner Avus und dem Nürburgring waren schnellere Rennen möglich.

Anzeige

Ab Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde das Opel-Oval bei Rüsselsheim kaum noch genutzt, verkam zur Ruine und wurde allmählich von Bäumen, Sträucher, Moos und Gras überwuchert. Eine Rekonstruktion der Anlage gilt als unmöglich, schon, weil das Gelände mittlerweile zu einem Wasserschutzgebiet gehört. Die touristische Erschließung ist dürftig. Lediglich ein Teil der Nordkurve wurde freigelegt und ein Aussichtspodest montiert.

Das Luftbrücken-Denkmal am Frankfurter Flughafen

Als die Opel-Rennbahn nach dem Zweiten Weltkrieg zu verwaisen begann, ging es 18 Kilometer weiter östlich auf dem Gebiet der damaligen Rhein-Main Air Base beim 1936 eröffneten „neuen“ Frankfurter Flughafen sehr turbulent zu. Ununterbrochen starteten die „Rosinenbomber“, um während der West-Berlin-Blockade 1948/49 die dortige Bevölkerung zu versorgen.

Heute erinnert am Ostrand des Frankfurter Flughafens das Luftbrücken-Denkmal (Airlift Memorial) an die Hilfsflüge. Es hat die Form eines Bogenansatzes mit drei Streben als Symbol für die Luftkorridore, die ausgehend von den drei westlichen Besatzungszonen eingerichtet wurden.

Das Luftbrücken-Denkmal mit zwei Rosinenbombern auf der ehemaligen Rhein-Main Air Base bei Frankfurt
Das Luftbrücken-Denkmal mit zwei Rosinenbombern auf der ehemaligen Rhein-Main Air Base bei Frankfurt
Quelle: Dietmar Scherf

Zwei typische Rosinenbomber, eine Douglas C-47 und eine Douglas C-54, flankieren das Denkmal. Weihnachten 1948 ließen die Piloten in der „Operation Santa Claus“ Geschenke auf West-Berlin segeln. Es sollte nicht nur Schokolade sein, die da vom Himmel fiel, sondern Hoffnung.

Die Schiffsmühle im Rhein

Kuriose historische Vehikel sind in der Rhein-Main-Region auch auf dem Wasser zu entdecken. Im Rhein vor Ginsheim bei Mainz ankert eine rekonstruierte Schiffsmühle. Im 19. Jahrhundert gingen zeitweise mehr als 20 Stück dieser Mischung aus Schiff und Wassermühle ihrer Arbeit nach.

Anzeige

Der Vorteil, eine Mühle nicht am, sondern auf dem Wasser zu bauen, war die längere Betriebszeit. Im Strom wurde sie noch angetrieben, wenn eine konventionelle Wassermühle bei Trockenheit und Niedrigwasser schon aussetzen musste.

Historische Schiffsmühle auf dem Rhein bei Ginsheim
Eine historische Schiffsmühle auf dem Rhein bei Ginsheim
Quelle: Dietmar Scherf

Doch Industrialisierung und zunehmender Verkehr zu Wasser brachten die Schiffsmühlen in Bedrängnis. Eine geriet in Brand, eine andere kippte um, als ein hohe Wellen schlagender Dampfer vorbeifuhr. Die letzte Ginsheimer Schiffsmühle stellte 1928 ihren Betrieb ein und wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Tipps und Informationen

Opel-Rennbahn: Wer ein Stück auf dem nicht freigelegten Teil der Rennbahn laufen will, sollte festes Schuhwerk tragen. Anfahrt mit dem Auto über die A 60, Ausfahrt Rüsselsheim-Mitte, dort auf die L 3012 Richtung Trebur wechseln, nach 300 Metern links in einen Waldweg biegen und bis zum Parkplatz am Ende des Waldstücks fahren (entlang des Waldwegs Parkverbot). Vom Parkplatz zu Fuß 200 Meter zurück und links zum Aussichtspodest laufen. Alternativ vom Bahnhof Rüsselsheim mit dem Bus 11 Richtung „Im Hasengrund“ bis Stahlstraße, danach 30 Minuten zu Fuß.

Luftbrückendenkmal: Eingezäuntes Gelände, Eintritt frei, geöffnet von Oktober bis April täglich von 8 bis 17 Uhr, von Mai bis September von 7 bis 20 Uhr. Nebenan kann man auf einer Aussichtsplattform Flugzeuge beim Landen beobachten. Anfahrt per Auto: an der A5 Ausfahrt Zeppelinheim auf die L 3262 wechseln und links zum Parkplatz „Aussichtsplattform“ abbiegen. Von dort noch zehn Minuten zu Fuß. Alternativ vom Hauptbahnhof Frankfurt mit der S 7 Richtung Riedstadt-Goddelau bis Zeppelinheim, danach noch 15 Minuten zu Fuß.

Schiffsmühle Ginsheim: Anfahrt mit dem Auto über die A 60, an der Ausfahrt Ginsheim-Gustavsburg Richtung Ginsheim, an der Ampel am Ortseingang rechts abbiegen und dann geradeaus bis zum Rheinufer. Per ÖPNV ab Mainz Hauptbahnhof Bus 60 Richtung Ginsheim bis Bouguenais-Allee, von dort 15 Minuten Fußweg zum Rheinufer (schiffsmuehle-ginsheim.de).

Dieser Artikel wurde erstmals im November 2021 veröffentlicht.

Die Fotos entstanden mit Unterstützung der VG Bild-Kunst im Rahmen von „Neustart Kultur“. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.de/unabhaengigkeit.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema