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Energiewende

Offshore-Windkraft-Geschäft wird neu geordnet

Autorenprofilbild von Olaf Preuß
Von Olaf PreußWirtschaftsreporter
Veröffentlicht am 19.04.2016Lesedauer: 4 Minuten
Trine Borum Bojsen, Geschäftsführerin für das deutsche Offshore-Windkraft-Geschäft des dänischen Konzerns Dong Energy, auf dem Bürogebäude Dockland in Hamburg
Trine Borum Bojsen, Geschäftsführerin für das deutsche Offshore-Windkraft-Geschäft des dänischen Konzerns Dong Energy, auf dem Bürogebäude Dockland in HamburgQuelle: Juergen Joost

Die Branche kritisiert die Neuausrichtung der deutschen Energiewende. Nun hat sich ein Unternehmen aus den eigenen Reihen dagegen positioniert. Warum Marktführer Dong Energy die Novelle begrüßt.

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Der Marktführer im europäischen Offshore-Windkraft-Geschäft, Dong Energy aus Dänemark, hat sich im Streit um die Neuausrichtung der deutschen Energiewende gegen die eigene Branche positioniert: „Wir halten das Ausschreibungsmodell, das die Bundesregierung für den Offshore-Windkraft-Markt einführen will, für richtig. Es wird dazu beitragen, die Stromkosten zu senken und den Wettbewerb zu stärken“, sagte Trine Borum Bojsen der „Welt“, Geschäftsführerin der deutschen Offshore-Windkraft-Sparte von Dong Energy in Hamburg. Vor allem in Großbritannien habe man mit dem Wettbewerb am Offshore-Windkraft-Markt in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen gemacht.

In der vergangenen Woche hatte das Bundeswirtschaftsministerium Entwürfe für die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sowie für ein geplantes, neues Windenergie-auf-See-Gesetz vorgelegt. Eines der Kernelemente ist, dass große Windkraft-Projekte an Land und auf See künftig nach Ausschreibungsverfahren an den Bieter mit dem günstigsten Angebot vergeben werden. Flächen für Windparks auf See werden zudem, nach einer Übergangsfrist, vom Jahr 2025 an von der Bundesnetzagentur und dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie vorbereitet und nach Ausschreibungen vergeben. Bislang kümmert sich die Offshore-Windkraft-Branche selbst um die Erschließung und Vorbereitung der Flächen auf Nord- und Ostsee. Strom aus Offshore-Windparks wird bisher, wie auch bei anderen erneuerbaren Energien, zu langfristig festgesetzten Preisen vergütet. Auch damit soll nun Schluss sein.

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Schwieriges Regelwerk für das Geschäft mit Meereswindparks

Besonders die landseitige Windkraftbranche lehnt den Übergang zu Ausschreibungsverfahren vehement ab, weil damit kleinere Akteure – vor allem Genossenschaften, die so genannte Bürgerwindparks betreiben – aus dem Markt gedrängt würden. Die Offshore-Branche kritisiert die Gesetzesnovelle unter anderem wegen fehlender Kompensationen für die Vorleistungen, die Unternehmen bereits für die Erschließung von Windparks auf Nord- und Ostsee erbracht haben. „Mehr als bedenklich erscheinen die Pläne zur Überführung von bestehenden Projekten in das neue System ohne finanzielle Kompensation“, sagte Uwe Knickrehm, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Offshore-Windenergie in Berlin. „Für zweistellige Millionenbeträge für Vor-Investitionen wird so möglicherweise kein Euro Entschädigung gezahlt.“

Hightech-Windpark für 320.000 Haushalte eröffnet

40 km nördlich der Insel Borkum wurde der Windpark Borkum Riffgrund 1 eröffnet. Die Anlage soll 320.000 Haushalte in Deutschland mit Strom beliefern. Neue Technik überzeugt auch Umweltschützer.

Dong wiederum hält auch die von der Bundesregierung geplanten Übergangslösungen am Offshore-Markt in den kommenden Jahren für praktikabel. „In der weiteren Diskussion sollten wir als Industrie leidige Debatten um Entschädigungen vermeiden, denn das würde nur die Stromkunden unnötig belasten“, sagte Borum Bojsen. „Das wichtigste muss es sein, dass die Projekte realisiert werden.“ Dong, ein Pionierunternehmen der Offshore-Windkraft, betreibt derzeit 18 Windparks auf See, vor allem in Großbritannien, Deutschland und Dänemark. Sechs Projekte sind im Bau. Auf der deutschen Nordsee ist das Unternehmen mit dem Windpark Borkum Riffgrund 1, der seit Anfang 2015 Strom liefert, und dem Doppelprojekt Gode Wind 1 und 2 der führende Akteur. Für das Großprojekt Borkum Riffgrund 2 soll die Bauentscheidung in diesem Sommer fallen.

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Weniger als zehn Cent je Kilowattstunde Offshore-Strom

Die installierte Leistung in deutschen Offshore-Windparks wird gemäß den bereits laufenden Projekten im Jahr 2020 etwa 7650 Megawatt erreichen, derzeit sind auf Nord- und Ostsee Windparks mit rund 3500 Megawatt Leistung am Netz. Das Fernziel der Bundesregierung für 2030 sind 15.000 Megawatt installierte Leistung. Die gesamte Offshore-Windkraft-Branche – auch Dong Energy – warnt davor, den Ausbau zu Beginn des kommenden Jahrzehnts zunächst zu stoppen, wie es die Unionsfraktion im Bundestag für die EEG-Novelle fordert. „Der aktuelle Vorschlag der Union führt unweigerlich zu einem Fadenriss“, sagte Borum Bojsen. „Für eine erfolgreiche Entwicklung des Offshore-Standortes Deutschland ist eine kontinuierliche und belastbare Ausbaustrategie von mindestens 900 Megawatt jährlich notwendig.“

Die Offshore-Windkraft gilt als besonders ergiebige und stabile Stromquelle im Vergleich der regenerativen Energien. Um die Kosten für die Stromerzeugung auf See im kommenden Jahrzehnt auf deutlich unter zehn Cent je Kilowattstunde zu senken – derzeit sind es rund zwölf Cent – braucht die Branche hohe Stückzahlen und industrielle Serieneffekte. Um den Strom aus Offshore-Parks – ebenso wie aus den immer zahlreicheren Windturbinen an Land – allerdings abnehmen und verbrauchen zu können, müssen die Netze ausgebaut werden. Allein die Fertigstellung der wichtigsten Fernleitung in Deutschland, der SuedLink von der Nordseeküste nach Bayern und Baden-Württemberg, verzögert sich wegen technischer, ökonomischer und rechtlicher Probleme aus heutiger Sicht bis mindestens zum Jahr 2025.

Die Anhörung der beteiligten Verbände läuft noch bis zu diesem Donnerstag. Bis zur Sommerpause wird der Bundestag die EEG-Novelle voraussichtlich beschließen. Die Offshore-Windkraft-Branche braucht wegen der langen Vorlaufzeiten ihrer Projekte besonders schnell Planungssicherheit. Schon 2017 müssen die ersten Projekte ausgeschrieben werden, die nach dem geplanten Übergangsverfahren für die Jahre 2020 bis 2024 vergeben und realisiert werden sollen.