Die französische Partei Rassemblement National (RN) will die Zusammenarbeit mit der AfD im Europäischen Parlament beenden. „Wir werden in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr mit ihnen zusammensitzen“, sagte Alexandre Loubet, Wahlkampfleiter des RN-Spitzenkandidaten Jordan Bardella, der französischen Zeitung „Libération“.
Hintergrund ist demnach unter anderem ein Interview, das der AfD-Europa-Spitzenkandidat Maximilian Krah am vergangenen Wochenende der italienischen Zeitung „La Repubblica“ gegeben hatte. SS-Mitglieder seien nicht automatisch Verbrecher gewesen, sagte Krah in dem Interview. „Unter den 900.000 SS-Männern gab es auch viele Bauern: Es gab sicherlich einen hohen Prozentsatz an Kriminellen, aber nicht nur.“
Die SS betrieb Konzentrations- und Vernichtungslager und war maßgeblich für den Holocaust sowie zahlreiche weitere schwere Verbrechen verantwortlich. Bereits im vergangenen Jahr hatte Krah mit einem Video für Aufmerksamkeit gesorgt, in dem er sagte: „Unsere Vorfahren waren keine Verbrecher.“
Das Rassemblement National ist nach der italienischen Lega die größte Partei in der europäischen Rechtsaußen-Fraktion Identität und Demokratie (ID). Nun steht offenbar eine Spaltung der ID-Fraktion bevor. Sollte die AfD tatsächlich nicht in die ID-Fraktion aufgenommen werden, müsste sie sich andere Partner suchen – ansonsten würden die Abgeordneten fraktionslos bleiben.
Gegenüber „La Republicca“ kündigte der RN-Abgeordnete Thibaut François – innerhalb seiner Partei für internationale Beziehungen zuständig – an, die Entscheidung über die aufgekündigte Zusammenarbeit unmittelbar nach der Europawahl umzusetzen.
Bereits vor der aktuellen Ankündigung hatte sich die frühere Parteivorsitzende und Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen kritisch über die AfD geäußert, zuletzt nach einem Treffen mehrerer AfD-Politiker mit dem Rechtsextremisten Martin Sellner zum Thema „Remigration“. Sellner hatte bereits im vergangenen Jahr in mehreren Medien darüber gesprochen, dass „möglicherweise (...) fünf bis sechs Millionen“ deutsche Staatsbürger von seiner „Remigrationspolitik“ betroffen wären.
Le Pen hatte nach Berichten über das Treffen mit einer Aufkündigung der Zusammenarbeit gedroht. AfD-Chefin Alice Weidel war im Februar nach Paris gereist, um sich mit Le Pen auszusprechen. Nach WELT-Informationen berät der AfD-Bundesvorstand am Mittwochvormittag über die Ankündigung der bisherigen französischen Partner.