Die Nachricht von einem Angriff auf das jüdische Restaurant „Schalom“ in Chemnitz am Abend des 27. August hat in der deutschen Politik zu lauten Forderungen nach Konsequenzen geführt. Der Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, verlangt eine gründliche Untersuchung aller offenen Vorgänge in Chemnitz.
Kauder sagte WELT AM SONNTAG: „Zwei Wochen nach dem Tötungsverbrechen und den anschließenden rechtsradikalen Ausschreitungen von Chemnitz muss endlich ein umfassendes und nachprüfbares Lagebild von den Ereignissen abgegeben werden. Die Öffentlichkeit muss unterrichtet werden, wie der Stand der Ermittlungen gegen die Tatverdächtigen ist. Genauso muss im Einzelnen nachgezeichnet werden, welche Erkenntnisse über die abschließenden Ausschreitungen und Hass-Kundgebungen vorliegen. Das wäre ein Weg, die Diskussion endlich zu versachlichen.“
Zu einem solchen umfassenden Lagebild gehöre auch eine Unterrichtung über den mutmaßlichen Angriff auf ein jüdisches Restaurant durch Neonazis. Es müsse geklärt werden, so Kauder, „was an dem jüdischen Restaurant geschehen ist. All diese Angriffe waren auch ein Angriff auf unsere Wertordnung.“
Für Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) zeigt der Angriff auf das jüdische Restaurant, „dass es offenbar eine geringere Hemmschwelle zu rechtsextrem motivierten Gewalttaten gibt“. Immerhin sei die Polizei binnen Minuten vor Ort gewesen. Eine Lehre, die man ziehen sollte, sei: „Wir müssen viel schneller als bisher eine klare Position beziehen. Man hat in Sachsen offenbar viel zu lang bestehende Ressentiments geduldet. Das war ein Fehler. Dagegen hilft nur, sehr schnell klare Kante zu zeigen.“
FDP-Chef Christian Lindner hält die rechtsextrem motivierten Attacken auf das Restaurant „Schalom“ für „einen neuen Tiefpunkt“. „Der Rechtsextremismus wird damit unübersehbar. Von den Sicherheitsbehörden verlangen wir eine lückenlose Aufklärung aller Verbrechen, das sind sie den Opfern, Angehörigen und der Öffentlichkeit schuldig.“
Cem Özdemir, der ehemalige Parteivorsitzende der Grünen, greift den sächsischen Ministerpräsident Kretschmer an: „Wenn in Chemnitz am 27. August ein jüdischer Wirt von Neonazis terrorisiert wurde, frage ich mich, warum der sächsische Ministerpräsident diesen schwerwiegenden antisemitischen Übergriff in seiner Regierungserklärung mehr als eine Woche später vor dem Landtag in Dresden nicht angesprochen hat.“ Es sei „ein Skandal, dass ein jüdisches Restaurant mitten in einer deutschen Stadt nicht sicher ist. Der Besitzer braucht jetzt unsere Solidarität.“
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans Georg Maaßen wolle offensichtlich lieber Politik machen als zur Aufklärung beitragen. „Dann sollte er auch so konsequent sein und das Fach wechseln“, sagte Özdemir der WELT AM SONNTAG.
Verfassungsschutzpräsident Maaßen erntet heftige Kritik
Eigentlich war Hans-Georg Maaßen an die Spitze des Verfassungsschutzes geholt worden, um das von der NSU-Affäre gebeutelte Amt aus der Krise zu führen. Inzwischen sorgt der Präsident des Inlandsgeheimdienstes selbst für Irritationen.
Quelle: WELT