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  4. Die Linke verliert im Osten ihr Stammwählerschaft. Die wählt AfD

Deutschland Bundestagswahl 2017

Der Osten wendet sich von der Linken ab

Politikredakteur
Wagenknecht - „So richtig überraschend ist es nicht“

Linken-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht zeigt sich vom Erfolg der AfD nicht so richtig überrascht. Es sei das Ergebnis einer Politik, von der sich viele nicht vertreten fühlen.

Quelle: N24

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Viele Stammwähler kehren der Linken den Rücken und laufen zur AfD über – auch wegen der Zuwanderungspolitik der Partei. Im Westen läuft es hingegen sehr gut: Selbst in Bayern holen die SED-Nachfolger mehr als sechs Prozent.

Es gibt Leute, die können sich gar nicht retten vor Parteien, die ihre Interessen vertreten möchten. Grüne, SPD, CDU und FDP wetteifern um die attraktivsten Angebote für ein urbanes Milieu mit Hochschulbildung und den ihnen zugeschriebenen Primärtugenden Offenheit, Buntheit und Vielfalt.

Daneben gibt es mindestens genauso viele Menschen, die ihr Dasein ganz ohne Austauschsemester, Bulgur und Twitter fristen und am liebsten dort bleiben, wo sie geboren sind, anstatt den besten Jobangeboten hinterherzuziehen. Diese Leute leben eher auf dem Land, eher mit kleinem Gehalt und eher im Osten. All das macht sie nicht zu schlechteren Menschen, aber unsexy für die trendy Strategen in den Parteizentralen.

Für diese sogenannten kleinen Leute im Osten fühlt sich traditionell die Linkspartei zuständig – allerdings weniger aus irgendwelchen kulturellen Gründen, die aus marxistischer Perspektive sowieso nur abgeleitete Funktionen der materiellen Verhältnisse sind. Sondern weil die natürlichen Verbündeten einer sozialistischen Partei nun mal jene sind, die in der gesellschaftlichen Verteilung von Geld und Anerkennung schlecht abschneiden.

Genau diese Stammwählerschaft im Osten geht der Linkspartei jetzt flächendeckend von der Fahne. In jedem der fünf aus der Insolvenzmasse der DDR entstandenen Bundesländer sackt die Partei im Vergleich zur letzten Bundestagswahl deutlich ab.

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Am stärksten in Sachsen-Anhalt (minus 6,2 Prozent) und in Thüringen (6,6). Als ostdeutsche Volkspartei kann sie nur noch bezeichnen, wer den Begriff auch immer noch für die abgestürzte SPD im Munde führt. Hinzu kommt, dass es nicht einmal mehr eine föderale Hochburg gibt: Die Klatsche ist gerecht verteilt, in allen fünf Ostländern holte die Partei laut Infratest jeweils nur noch zwischen 16,1 und 17,8 Prozent. Bei der Wahl 2009 war sie in Sachsen-Anhalt mit 32,4 und in Brandenburg mit 28,5 Prozent noch stärkste Kraft.

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Dass die Linke bundesweit trotzdem leicht zulegt und mit 9,2 Prozent wieder vor den Grünen landet, liegt am Stimmenzuwachs in jedem einzelnen Westbundesland: Selbst in Bayern holen die SED-Nachfolger mit ihrem Spitzenkandidaten, dem gewerkschaftsnahen Porschefahrer Klaus Ernst, am Sonntag 6,1 Prozent.

Wohin viele ehemalige Stammwähler abwandern, machen die Befragungsergebnisse von Infratest Dimap deutlich: 400.000 Wähler verlor die Linke bundesweit an die AfD, die sich in den fünf Ostländern zur zweitstärksten politischen Kraft entwickelt hat.

Während die Linke unter Angestellten und Selbstständigen leicht an Zustimmung gewinnt, verliert sie bei den Arbeitern zwei Prozent, nur noch jeder zehnte wählte knallrot. Unter den Arbeitslosen hielten nur noch elf Prozent das Angebot der Linken für am überzeugendsten, sie verlor im Vergleich zu 2013 in dieser Gruppe ganze zwölf Prozent.

Ganz so leicht wie am Sonntagabend auf der Wahlfeier in Berlin-Kreuzberg wird sich der rechte Lockruf der AfD nicht übertönen lassen: Auf der Linke-Party wurde während der TV-Übertragungen die Anti-Neonazi-Hymne „Schrei nach Liebe“ der Ärzte aufgedreht, sobald Alexander Gauland auf den Bildschirmen das Wort ergriff. Mehrfach ergab sich daraus unfreiwillig ein amüsantes Sample aus Deutschpunk, den Worten Bela B.s von sich nach Zärtlichkeit sehnenden Springerstiefeln und den Jagdgelüsten der AfD-Führungsfigur.

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Auch das dürfte eher den Humor der neuen urbanen, akademischen Zielgruppe der Linken getroffen haben als den der Stammwählerschaft, deren Distanzierung aber durch Milieufragen und kulturelle Codes nur oberflächlich erklärt ist.

Entscheidend sind politische Einstellungen, die mit den Milieus verbunden sind. Geringverdiener in Ostdeutschland sind häufig wertkonservativ, EU-kritisch und vor allem gegen starke Zuwanderung, weil sie die Entwicklung der westdeutschen Städte zu multikulturellen Räumen nicht oder nur sehr langsam nachholen wollen. Damit sind natürlich das von dem linken Spiritus Rector Gregor Gysi begrüßte Aufgehen Deutschlands in einer Republik Europa und die im Wahlprogramm festgeschriebene Ablehnung jeder Migrationssteuerung schwer in Einklang zu bringen.

Unter den Parteifunktionären haben aber jene Oberwasser, die trotz der heftigen Verluste in der Stammwählerschaft an diesen Programmpunkten nichts nachjustieren möchten. Die gängige Analyse, wie sie etwa die Vorsitzende Katja Kipping vorträgt, geht so, dass diese zuwanderungskritischen Haltungen vor allem durch schlechte Arbeitsverhältnisse, geringe Sozialleistungen und niedrige Renten reifen. Als Gegenmittel wird der Ausbau des Sozialstaats empfohlen.

Nicht nur an der Basis im Osten sehen das viele anders; auch Fraktionschefin Sahra Wagenknecht würde gern stärker auf alte Stammwähler eingehen: Nachdem sie sich im Wahlkampf jede Abweichung verkniffen hatte, bemerkte sie am Wahlabend mit Blick auf die Migrationspolitik, man habe „dort auch vielleicht bestimmte Probleme ausgeklammert, in der Sorge, dass man damit Ressentiments schürt“. Damit habe man es „am Ende“ der AfD überlassen, „bestimmte Dinge anzusprechen, von denen die Menschen einfach erleben, dass sie so sind“.

Unter den Linken in Kreuzberg wurde das Signal vernommen. Umgehend hielt der Berliner Spitzenkandidat Klaus Lederer, dessen Landesverband die SPD mit 18,8 Prozent hinter sich ließ, dagegen: „Eine ernsthafte Linke kann einpacken, wenn sie sich die politische Agenda von 13,5-Prozent-Rechtsextremen diktieren lässt.“

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