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Deutschland SPD nach der Wahl

Gabriel gibt die Bundesausführung von Malu Dreyer

SPD-Chef Sigmar Gabriel (M.) überreicht den Spitzenkandidaten Blumensträuße. Das Wahlergebnis von Malu Dreyer (l.) hat ihm vermutlich das Amt gerettet SPD-Chef Sigmar Gabriel (M.) überreicht den Spitzenkandidaten Blumensträuße. Das Wahlergebnis von Malu Dreyer (l.) hat ihm vermutlich das Amt gerettet
SPD-Chef Sigmar Gabriel (M.) überreicht den Spitzenkandidaten Blumensträuße. Das Wahlergebnis von Malu Dreyer (l.) hat ihm vermutlich das Amt gerettet
Quelle: dpa
In Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt ist die SPD zur Funktionspartei degradiert. Der Parteichef hält sich da lieber an die Wahlsiegerin Malu Dreyer – und verspricht, ihrem Erfolgsrezept zu folgen.

„Absurd“, sagt Malu Dreyer – und dann noch einmal: „Diese Diskussion halte ich für absurd.“ Die bisherige und wohl auch künftige Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz steht am Vormittag in der Berliner SPD-Zentrale. Eben hat eine TV-Korrespondentin sie gefragt, wie es denn so wäre, ob sie nicht als Kanzlerkandidatin ihrer Partei zur Verfügung stünde.

Nein, sagt Dreyer zu diesem Gedankenspiel keine 24 Stunden nach ihrem Wahltriumph von Mainz. Aber vielleicht liegt es daran, dass die 55-Jährige ihre SPD und die Medien gut genug kennt. Sie betont noch, wie glücklich sie sei, Ministerpräsidentin zu bleiben. Fünf Jahre im Amt, die volle Legislaturperiode, das hatte sie den Wählern zwischen Eifel und Pfälzer Wald versprochen. Also bleiben bis 2021. Mindestens.

„Davon hätte man nicht träumen können!“

Die SPD hat in Rheinland-Pfalz mit Malu Dreyer überraschend deutlich gegen die CDU und Julia Klöckner gewonnen. „Dass wir so siegen, ist doppelt schön“, freut sich die SPD-Spitzenkandidatin.

Quelle: Die Welt

Wie wird es dann zugehen, in Rheinland-Pfalz, in Berlin, in der SPD und darüber hinaus? Darüber mag niemand spekulieren. Dreyer weist einstweilen noch darauf hin, der Parteivorsitzende, also Sigmar Gabriel, habe „das erste Zugriffsrecht“ auf die Kanzlerkandidatur.

Diese Formel und ihr Nein wird Dreyer wohl noch manches Mal wiederholen müssen. Wer für die SPD in diesen Zeiten bei einer Landtagswahl hinzugewinnt, gut 36 Prozent holt und nebenbei eine hoch gehandelte Herausforderin deklassiert, muss in dieser Partei mit allem rechnen.

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Sigmar Gabriel, der ja dafür bekannt ist, seine Partei nicht mit Schmeicheleien zu umgarnen, lenkt an diesem Montag im Willy-Brandt-Haus die ersten Blicke nicht auf Dreyer, sondern auf Katrin Budde und Nils Schmid. Die Wahlverlierer aus Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg stehen rechts von ihm. Budde wirkt den Tränen nahe, Schmid regungslos, fast wie eine Wachsfigur.

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Gabriel findet ein paar nette Worte, die aufmuntern sollen und es doch nicht tun. Von „unbestreitbaren Erfolgen“ in Sachsen-Anhalt spricht er und dass im Südwesten so viele Menschen „Angst vor einem CDU-Ministerpräsidenten“ gehabt hätten, weshalb sie eben Grün gewählt hätten.

Jedem der drei Spitzenkandidaten drückt Gabriel einen roten Blumenstrauß in die Hand. Dreyer und er umarmen sich. Fröhlich, aber nicht triumphierend schaut die Heldin von Mainz in die Runde. Länger als nur einen Augenblick wendet sie sich Generalsekretärin Katarina Barley zu, die beiden Frauen verbindet ihre Wahlheimat Trier. „Alle wollten dich behalten“, ruft Gabriel und präsentiert rasch noch eine kleine Gemeinheit gegen die Herausforderin Julia Klöckner: „Die Hälfte der CDU ist auch froh, dass du es geblieben bist.“

„Es“ – damit ist das Amt des Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz gemeint, das SPD-Politiker seit 1991 bekleiden: zunächst Rudolf Scharping, dann lange Kurt Beck, seit 2003 nun Dreyer. Wer, wenn nicht sie, könne eine Dreierkoalition bilden, sagt Dreyer scherzhaft. Eine Ampel mit FDP und Grünen ist ihr Ziel, kein Bündnis mit der teilweise verhassten „Klöckner-CDU“, wie diese Partei in der SPD genannt wird. Eine neuerliche Machtoption kann auch Gabriel nur recht sein.

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Politisch hat der SPD-Vorsitzende zwei Botschaften parat. Er listet die diversen Themen auf, denen sich Dreyer gewidmet hat – und zwar neben der Flüchtlingspolitik. Pflege, Digitales, Wohnungsbau, nennt Gabriel und noch viel mehr. Daneben erwähnt er das Integrationskonzept, das Dreyer im Dezember 2015 in Berlin vorgestellt hatte. „Dreyer-Plan“ heiße das, betont Gabriel, und habe zum Ziel, „dass niemand in Deutschland vergessen wird“. Er überhöht all das, dabei handele es sich um ein Mitte, „um das politische Zentrum stabil zu halten“, statt den Populisten hinterherzulaufen.

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Ganz so will es Gabriel nun auch im Bund halten: In der Integrationspolitik klotzen, etwas für sozial Schwache tun – wie im Koalitionsvertrag vereinbart („solidarische Lebensleistungsrente“). Und nebenbei mit einem solchen „Solidarprojekt“ um Zustimmung werben, etwa im Bundestagswahlkampf 2017. Durchhalten, stehen, Linie halten, konsequent sein, rät Gabriel seiner Partei.

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Quelle: Die Welt

Das klingt wie das Pfeifen im Walde, neigt doch der SPD-Chef mehr zu tagesaktuellen (Neu-)Positionierungen denn zu langen Linien. Aber die Hoffnung stirbt in der SPD zuletzt. Hat das nicht eben erst Rheinland-Pfalz bewiesen? Noch vor einem halben Jahr hatte die SPD dort zwölf Prozentpunkte hinter der CDU gelegen. Am Sonntag schnitt sie vier Punkte besser als die Konkurrentin ab.

Die SPD-Spitze, die nach der kurzen Pressekonferenz zusammenkam, konnte das Erfolgsrezept in einer internen Wahlauswertung schwarz auf weiß lesen. Fast jeder zweite SPD-Wähler (45 Prozent) hatte sich wegen Dreyer für diese Stimmabgabe entschieden; Kurt Beck war 2011 nur für 37 Prozent der ausschlaggebende Grund. Mit 61 Prozent war die soziale Gerechtigkeit das dominierende Sachthema, gefolgt von Wirtschaft/Arbeit (35 Prozent), wie das Institut Infratest Dimap schreibt. In allen Altersklassen erreichte die SPD in Rheinland-Pfalz über 30 Prozent der Stimmen.

Umso düsterer ist die Lage in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. Koalitionsfragen, so lautet die übliche Sprachregelung in der Bundes-SPD, seien Sache der Landesverbände. Sigmar Gabriel hat jenen Landesverbänden dabei in der Vergangenheit oft genug hineingeredet, jedenfalls hinter den Kulissen, inoffiziell also.

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Quelle: Die Welt

In Baden-Württemberg hat der Wähler die SPD zu einer Funktionspartei degradiert. Vor fünf Jahren noch hatte man gerade einmal einen Prozentpunkt hinter den Grünen gelegen, nun schnitten die Grünen dreimal so stark ab wie die verzwergte Sozialdemokratie. Nun kann die nur hoffen, dass der grüne Wahlsieger und langjährige Seniorpartner Winfried Kretschmann die äußerst zögerliche FDP doch für ein Dreierbündnis gewinnt.

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Theoretisch besteht auch die Option, mit der FDP zusammen dem Wahlverlierer Guido Wolf (CDU) den Platz in der Staatskanzlei zu verschaffen. Dem Wählerwillen scheint dies freilich nicht zu entsprechen. So ist die Oppositionsrolle gegen ein grün-schwarzes Bündnis die wahrscheinlichste Variante. Ohnehin ist noch unklar, ob Landeschef Schmid dabei bleibt, keine persönliche Konsequenz aus dem schlechten Ergebnis zu ziehen.

In Sachsen-Anhalt, wo die Landes- und Fraktionsvorsitzende Katrin Budde ziemlich selbstherrlich agiert hatte, liegt die SPD in Trümmern – und muss vermutlich doch wieder regieren. Budde hatte im vorigen Jahr Äußerungen des Magdeburger Oberbürgermeisters zurückgewiesen, von dem auf Grenzen der Integration von Flüchtlingen verwiesen worden war.

Jener Lutz Trümper, dreimal direkt zum Stadtoberhaupt gewählt, verließ darauf enttäuscht nach 25 Jahren die SPD. Gabriel steht mit Trümper dem Vernehmen nach in Kontakt, will ihn für die Sozialdemokratie zurückgewinnen. Der Parteichef hat seit jeher ein Faible für zupackende Kommunalpolitiker.

Und Gabriel selbst? Der ist erst einmal stabilisiert. In Präsidium und Parteivorstand gab es am Montag, so berichten Teilnehmer, keine Personaldebatte über den Vorsitzenden. Die engere Führung befasste sich stattdessen ausführlich mit dem EU-Türkei-Gipfel an diesem Donnerstag. Wie bereits nach dem Parteitag Ende 2015 hat Gabriel abermals eine Klippe umschifft, wenn auch mühsam und mit Blessuren.

In der Analyse zum bitteren Wahlausgang in Sachsen-Anhalt kann der SPD-Chef lesen, dass drei Viertel des Volkes es gut finden, „dass die SPD auch mehr Geld für die einheimische Bevölkerung ausgeben will statt nur für Flüchtlinge“. Diese Erhebung dürfte Gabriel als Ansporn auffassen, für ein „Solidarprojekt“ zu kämpfen, innerhalb der großen Koalition und dann auch wieder auf Wahlkampfbühnen.

Schon bald stehen zwei weitere Landtagswahlen ins Haus – in Mecklenburg-Vorpommern (4. September) und Berlin (18. September). Während die CDU hier wenig zu verlieren hat, geht es um das Schicksal zweier Ministerpräsidenten der SPD. Der Wahlkampf ist eröffnet, bis Ende 2017.

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