WELTGo!
Ihr KI-Assistent für alle Fragen
Ihr KI-Assistent für alle Fragen und Lebenslagen
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Politik
  3. Ausland
  4. Costa Ricas erfolgreiche Kehrtwende im Kampf gegen das Waldsterben - „Wer zerstört, der muss bezahlen“

Ausland Internationaler Vorreiter

„Wer zerstört, der muss bezahlen“ – Costa Ricas radikales Vorgehen gegen das Waldsterben

Luftaufnahme, Wellen, Strand und Regenwald, Nationalpark Marino Ballena, Osa Nationalpark, Traumstrand und Meer des Südpazifik, Provinz Puntarenas, Osa, Costa Rica, Mittelamerika Luftaufnahme, Wellen, Strand und Regenwald, Nationalpark Marino Ballena, Osa Nationalpark, Traumstrand und Meer des Südpazifik, Provinz Puntarenas, Osa, Costa Rica, Mittelamerika
Waldige Aussichten: Costa Rica ist für seine nachhaltige Umweltpolitik bekannt
Quelle: picture alliance / imageBROKER
Costa Rica verzeichnete einst eine der höchsten Abholzungsraten weltweit. Dann erfolgte ein Paradigmenwechsel, von dem nicht nur verloren geglaubte Wälder, sondern auch die Wirtschaft profitiert. Auch für Europa lohnt sich ein Blick auf diese Strategie.
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Der kleine Wasserfall bahnt sich seinen Weg durch das satte Grün, plätscherndes Wasser und das Gezwitscher der Vögel sorgen für Postkartenambiente. Die Luft ist glasklar. Wohin der Blick auch schweift, Wald, Natur und Wasser. Das Bio-Reservat Monteverde in Puntarenas in Costa Rica kommt der europäischen Vorstellung eines Paradieses ziemlich nah. Das beeindruckend schöne Stückchen Erde ist eines von unzähligen Beispielen für die bemerkenswerte Transformation, die das mittelamerikanische Land in den letzten Jahrzehnten durchgemacht hat.

Noch in den 1980er-Jahren kamen aus Costa Rica Schlagzeilen wie zuletzt aus dem Amazonas Südamerikas: Das Land zwischen Panama und Nicaragua leistete sich eine der höchsten Abholzungsraten der Welt. Wie Brasilien war auch in Costa Rica gegen Ende des 20. Jahrhunderts die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Nutzflächen die Hauptursache dafür, dass der Waldbestand kontinuierlich zusammenschmolz. Ende der 1980er-Jahre waren in dem Land, dessen Lage und Klima eine besonders reiche Vegetation erlaubt, nur noch 21 Prozent der Landesfläche bewaldet, jedes Jahr gingen rund 51.000 Hektar verloren. In dieser Region war das besonders gravierend, denn Costa Ricas Nebelwälder gelten als außergewöhnlich artenreich und unverzichtbar für die Biodiversität.

Ein knappes halbes Jahrhundert später begrüßt das wiederaufgeforstete Land Reisende aus aller Welt mit einem beachtlichen Ökotourismusangebot zwischen Meeresschutzgebieten und Nebelwäldern. Costa Rica beweist damit, dass abgeholzte Wälder nicht unwiederbringlich verloren sind – und Umweltschutz statt Zerstörung eine nachhaltige Quelle für Wohlstand sein kann.

Auch deshalb lohnt sich für EU-Länder der Blick nach Costa Rica, denn die Zahl der gerodeten Waldflächen in Europa nimmt seit Jahren stark zu. Dass man sich in Brüssel auf ein Verbot für den Import von verschiedenen Waren und Rohstoffen aus Entwaldungsgebieten geeinigt hat, ändert wenig an den heimischen Problemen vieler Länder. So sind etwa die Wälder des EU-Mitglieds Rumänien massiv von illegaler Abholzung betroffen.

Costa Ricas Erfolg macht aber auch Hoffnung für andere Regionen auf der Welt. „Die Schaffung von Nationalparks und die Entwicklung von Anreizen haben einen Prozess der Umkehrung der Entwaldung eingeleitet“, erklärt Gilmar Navarrete, Direktor des Nationalen Finanzierungsfonds für die Forstwirtschaft (Fonafifo) dem Portal „Diario Financiero“.

Um aus Costa Rica wieder ein Land der Wälder zu machen, wurde eine Zwei-Stufen-Strategie angewandt: In einem ersten Schritt investierte die Regierung in die Einrichtung von Nationalparks. Das schützte zunächst ausgesuchte Regionen, zur Wiederaufforstung gerodeter Flächen war es dennoch ein weiter Weg. Immerhin aber setzte ein Umdenken ein. So wie früher konnte es nicht weitergehen, waren sich Gesellschaft und Politik einig. „Der zweite wichtige Meilenstein war die Finanzierungsquelle. Diese basiert auf dem Verursacherkriterium“, erklärt Gilmar Navarrete. Anders ausgedrückt: „Wer verschmutzt und zerstört, der muss bezahlen.“ Ein Paradigmenwechsel, der sich nun auszahlt.

Die Natur Costa Ricas beeinruckt
Die Natur Costa Ricas beeinruckt
Quelle: picture alliance / Zoonar

Der nächste entscheidende Schritt war die Reform des Geschäftsmodells hinter der Landnutzung. Statt flächenintensiver Landwirtschaft sorgte die Politik Ende der 1990er mit einem neuen Forstgesetz für alternative wirtschaftliche Anreize. Finanziert wurde die Reform über die Benzinsteuer.

Besitzer von landwirtschaftlichen Fincas bekamen für wiederaufgeforstete Flächen pro Hektar jährlich 60 US-Dollar ausbezahlt, als eine Art Gegenleistung, weil sie Umweltleistungen wie Wasser und Biodiversität bereitstellten. Heute schützt allein dieses Programm 276.000 Hektar im Land, was mehr als der Fläche des Saarlands entspricht. Zudem bestrafen strenge Gesetze seitdem die missbräuchliche Nutzung von Landflächen. Gewissermaßen ist es ein Konzept von Zuckerbrot und Peitsche, mit dem Costa Ricas Regierung Landeigentümer in seine Nachhaltigkeits-Strategie einbindet.

Zwei Drittel des Landes sind wieder bewaldet

Die 60 US-Dollar pro Hektar waren aber nur ein Türöffner, denn das Land veränderte sein Nutzungskonzept für Land grundlegend. Während der Ökotourismus stetig anstieg und damit neue Einnahmen ins Land kamen, ging die landwirtschaftliche Nutzung gleichzeitig deutlich zurück. Beanspruchte die Agrar-Industrie 1982 noch 25 Prozent der Landfläche, waren es 2019 nur noch 4,2 Prozent. Aus Agrar-Industriellen wurden häufig Ökotourismusanbieter.

Anzeige

Zwischen 1990 und 2019 verdreifachte sich die Zahl der Besucher in Naturschutzgebieten von 500.000 auf 1,7 Millionen, Tendenz weiter steigend. (Öko)-Tourismus ist längst ein wichtiger Baustein des nationalen Wirtschaftskonzepts und machte zuletzt acht Prozent des Bruttosozialprodukts aus. Bis 2027 sollen weitere rund fünf Milliarden US-Dollar in die Branche fließen. Für das bevölkerungsmäßig kleine Land eine beachtliche Anstrengung. Costa Rica will eine Art Vorreiter werden und zeigen, dass sich Tourismus und Nachhaltigkeit nicht ausschließen. Heute gelten zwei Drittel des Landes wieder als bewaldet.

Doch auch Costa Rica ist mit Herausforderungen konfrontiert. Die Corona-Pandemie ließ die Tourismus-Industrie vorübergehend zusammenbrechen. Hinzu kommt: Die auf erneuerbaren Energien basierende Versorgung ist durch Wetterphänomene angreifbar. Der starke Rückgang der Niederschläge im vergangenen Jahr sowie eine ungewöhnliche Veränderung der Winde zwangen das Land dazu, zunehmend Strom auf Basis fossiler Brennstoffe zu produzieren und diese für den Betrieb von Wärmekraftwerken zu importieren.

Inzwischen erwägt Präsident Rodrigo Chaves sogar einen Wiedereinstieg in die Erdöl- und Erdgasexploration, auch wenn ihm dabei heftiger Gegenwind entgegenschlägt. Der Kongress des Landes fürchtet um das über Jahre aufgebaute grüne Image Costa Ricas.

Mit seinem Vorstoß hat Chaves unfreiwillig auch den Blick auf die Finanzierung des ökologischen Kurses gelenkt. Bislang kommt das Geld dafür auch von internationale Organisationen wie dem UN-Entwicklungsprogramm. Anfang Februar berichtete Umweltminister Franz Tattenbach, dass seine Behörde weitere 3,59 Millionen US-Dollar für die erfolgreichen Resultate der Umweltstrategie erhalten hat. Insgesamt profitierte Costa Rica seit 2014 von internationalen Zuwendungen im Umfang von rund 40,8 Millionen Dollar.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von Drittanbietern
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Die Weltbank bewilligte zudem 60 Millionen US-Dollar als Anerkennung dafür, dass Entwaldung und Waldschädigung rückgängig gemacht wurden. Doch das alles wird nicht reichen, um die Kosten für den Umbau und Erhalt weiter zu decken.

Nun ist eine Debatte über eine Art Umweltsteuer entbrannt. Ein Indiz dafür, das Touristen bereit sein könnten, eine solche Steuer zu akzeptieren, leiten Befürworter davon ab, dass ein freiwilliges Programm zum Ausgleich von Urlaubsemissionen rund 600.000 US-Dollar einbrachte. Ein Paradies gibt es nun einmal nicht kostenlos.

Dieser Artikel ist im Rahmen der BETTER FUTURE EARTH WEEK von WELT erschienen.

Anzeige

Unser Angebot für Sie zur BETTER FUTURE EARTH WEEK

Lesen Sie alle Artikel zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Testen Sie die komplette WELT – gedruckt und digital – 4 Wochen lang für nur 4 Euro!

Nutzen Sie Ihre Gewinnchance: Unter allen Bestellern verlosen wir ein eBike im Wert von 2.499,00 €.

JETZT BESTELLEN!

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema