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Ausland Militärische Beistandspflicht

Wie Macron die EU unabhängiger von der Nato machen will

Frankreich will Verteidigunsbereitschaft der EU verbessern

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will die Verteidigunsbereitschaft der EU verbessern und damit unabhängiger von der Nato werden. Das berichtet die WELT AM SONNTAG unter Berufung auf EU-Diplomaten.

Quelle: WELT/ Sebastian Struwe

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Paris fordert eine Stärkung der Beistandsklausel im EU-Vertrag, wie ein internes Papier zeigt. So sollen im Fall eines Angriffs auch EU-Staaten beschützt werden, die nicht in der Nato sind – oder falls die USA dort ein Veto einlegen.

Frankreich fordert die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, die Verteidigungsbereitschaft der EU zu verbessern, um unabhängiger vom Schutz der Nato zu werden. Dazu soll nach dem Willen der Regierung in Paris die sogenannte Beistandsklausel (Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags), die im Fall eines bewaffneten Angriffs auf ein Mitgliedsland alle anderen Staaten zur größtmöglichen Unterstützung verpflichtet, deutlich präzisiert werden. Das berichtet WELT AM SONNTAG unter Berufung auf hohe informierte EU-Diplomaten.

Nach Ansicht der französischen Regierung soll „die Operationalisierung der gegenseitigen Unterstützungsklausel (Art. 42,7; Anm. d Red.) verstärkt werden, damit sichergestellt wird, dass jedes EU-Land, unabhängig von der Größe seines militärischen oder diplomatischen Netzwerks Artikel 42,7 reibungslos und rechtzeitig aktivieren kann“, heißt es in einem internen Arbeitspapier aus Paris, das die zuständigen EU-Botschafter bereits zweimal – und zuletzt vor gut einer Woche – in Brüssel beraten haben. Das Papier liegt WELT AM SONNTAG vor.

Die geforderten Maßnahmen sollen nach Ansicht der französischen Regierung dazu führen, dass auch kleinere EU-Länder wie Schweden und Finnland, die zusammen mit vier weiteren Staaten (Zypern, Malta, Österreich, Irland) nicht der Nato angehören, im Falle eines Angriffs wirksam unterstützt werden können.

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Gleichzeitig sollen aber auch europäische Nato-Mitgliedsländer im Fall eines Angriffs Beistand erhalten können, falls die westliche Verteidigungsallianz – beispielsweise wegen eines Vetos der USA oder der Türkei – nicht in der Lage sein sollte, eine kollektive Verteidigung nach Artikel 5 zu gewähren.

„Es geht Frankreich auch darum, dass die Europäer in der Lage sind, notfalls für ihre eigene Sicherheit zu sorgen“, sagte ein europäischer Diplomat, der mit den aktuellen Verhandlungen vertraut ist.

Um die Effektivität der Beistandsklausel zu verbessern, verlangt Frankreich auch, dass der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) künftig auf Anforderung des angegriffenen Landes als, so wörtlich, „Koordinationsdrehscheibe“ für die Unterstützungsleistungen aus 26 EU-Ländern fungieren kann.

Zudem sollen die EU-Staaten laut Arbeitspapier aus Paris in Krisensimulationsübungen – sogenannte Tabletop Exercises (TTX) – Fähigkeitslücken identifizieren und „die Bereitschaft entwickeln zu handeln“, wenn nach Artikel 42,7 militärische oder zivile Hilfe für einen angegriffenen Staat erforderlich ist.

Zudem müsse der „Geltungsbereich der Klausel weiter überdacht“ und beispielsweise geklärt werden, ob auch bei Cyberattacken oder sogenannter hybrider Kriegsführung Beistand geleistet werden soll. In diesem Punkt wird Frankreich vor allem auch von der finnischen EU-Ratspräsidentschaft unterstützt.

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Wie WELT AM SONNTAG weiter berichtet, erstellt der EAD in Brüssel derzeit im Auftrag der Mitgliedstaaten eine vertrauliche Analyse, wie die EU-Beistandsklausel verbessert werden kann. Paris wollte das Thema bereits beim Treffen der EU-Verteidigungsminister am vergangenen Dienstag auf die Tagesordnung setzen. Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten lehnte dies aber ab – mit Verweis auf die ausstehende Analyse des EAD und die Notwendigkeit, auch die EU-Außenminister in die Debatte einzubeziehen.

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Vor einer Woche hatte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron die Europäer zu verstärkten Verteidigungsanstrengungen aufgerufen, weil auf die Nato kein Verlass mehr sei. „Was wir derzeit erleben, ist der Hirntod der Nato“, hatte Macron gesagt.

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte vor zehn Tagen bei einer Grundsatzrede vor jungen Offizieren der Bundeswehr in München eine „selbstbewusste europäische Verteidigungsunion“ gefordert und vor einer „Verzwergung“ der Europäer gewarnt.

Emmanuel Macron attestiert der Nato den „Hirntod“

Sind die USA kein verlässlicher Partner für die Nato-Mitglieder? Emmanuel Macron übt in einem Interview mit „The Economist“ scharfe Kritik an den „unkoordinierten, strategischen Entscheidungen“.

Quelle: WELT / Sebastian Honekamp

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