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  5. VW Polo und Beats: Wie Volkswagen sein Image aufpoliert

Kleinwagen Polo-Sondermodell

Wie VW mit Beats sein Image aufpoliert

Beats hat bereits mit Fendi und mit Hello Kitty kooperiert. Jetzt will VW von dem guten Image des amerikanischen Kopfhörerherstellers profitieren Beats hat bereits mit Fendi und mit Hello Kitty kooperiert. Jetzt will VW von dem guten Image des amerikanischen Kopfhörerherstellers profitieren
Beats hat bereits mit Fendi und Hello Kitty kooperiert. Jetzt will VW von dem Image des Kopfhörerherstellers profitieren
Quelle: Jakob Hoff
Für ein Polo-Sondermodell hat sich VW mit dem amerikanischen Kopfhörerhersteller Beats zusammengetan. Dadurch fällt der Kleinwagen auch Menschen auf, die für Autos eigentlich gar nichts übrig haben.

Oh, wie cool, ein rollender Kopfhörer!“ Jonas, mein 16-jähriger Nachbar, zeigt auf den VW Polo, in den ich gerade einsteigen will. Er streckt einen Daumen in die Höhe, springt auf sein Skateboard und rollt davon. Was, bitte schön, hat dieser Kleinwagen mit Kopfhörern zu tun?

Eigentlich fand ich ihn – abgesehen von dem aufgeklebten Rallyestreifen, der sich über Motorhaube und Dach zieht – ziemlich unauffällig. Unaufgeregt, aber gut. Eben typisch VW. Lob von einem, der mir bei jeder Gelegenheit erzählt, dass Autos völlig überflüssig seien und der niemals seinen Führerschein machen wolle, hätte ich nicht erwartet.

Erst bei der zweiten Runde um den Wagen entdecke ich, was Jonas sofort aufgefallen ist: ein kleines rundes b im Rahmen der Beifahrertür. Rätsel gelöst: Bei dem Polo handelt es sich um ein Sondermodell; das b steht für die amerikanische Kopfhörermarke Beats, die 2008 von dem Rapper Dr. Dre und dem Musikproduzenten Jimmy Iovine gegründet wurde und die seit 2014 zu Apple gehört.

Wer genau hinschaut, findet das kleine b von Beats überall an und in dem Kleinwagen
Wer genau hinschaut, findet das kleine b von Beats überall an und in dem Kleinwagen
Quelle: Jakob Hoff

Auf der Fahrerseite finde ich noch ein b. Und plötzlich sehe ich immer mehr davon: auf den Rückenlehnen der Sportsitze, an den Lautsprechern und auf den Einstiegsleisten.

VW hat sich mit einer Marke zusammengetan, die seit einigen Jahren extrem angesagt ist. Das b ist zum Statussymbol von Prominenten und Hipstern geworden. Fußball-Superstars wie Neymar tragen Beats-Kopfhörer, wenn sie aus dem Mannschaftsbus steigen. Auch als Accessoire, das beim Club-Besuch wie ein Schal um den Hals gelegt wird, sind die großen Kopfhörer beliebt.

Beats verkauft aber mehr als ein Klangerlebnis, Beats verkauft mit seiner charakteristischen Optik einen bestimmten Lifestyle. Und mit Kooperationen kennen sich die Amerikaner aus: Sie haben bereits sowohl mit dem Modeunternehmen Fendi als auch mit dem Spielwarenimperium Hello Kitty zusammengearbeitet. Davon will VW profitieren und mithilfe von Beats wegkommen von seinem eigenen, etwas verstaubten Image.

Es gibt bessere Anlagen, die sind aber auch teurer

Ein besonderer Klang war mir bei meiner ersten Fahrt mit dem Kleinwagen (ab 17.025 Euro) allerdings nicht aufgefallen, weder vom 95 PS starken Dreizylindermotor noch von der Soundanlage. Ich bin losgefahren, ohne großartig nachzudenken. Jeder Handgriff hat gesessen.

So, als wäre der Polo schon seit Jahren mein Auto. Dass mich der Schriftzug „Beats“ bereits beim Einschalten des Motors auf dem Startbildschirm des Infotainment-Systems begrüßte, hatte ich komplett übersehen.

Laut Bedienungsanleitung hat die Beats-Anlage 300 Watt, zwei Hochtöner in den A-Säulen, zwei Tieftöner in den vorderen Türen, zwei Breitbandlautsprecher, einen Subwoofer in der Reserveradmulde, und sie soll „ein überragendes Klangerlebnis“ bieten.

Das Cockpit des Polo ist sehr logisch aufgebaut und sehr gut verarbeitet
Das Cockpit des Polo ist sehr logisch aufgebaut und sehr gut verarbeitet
Quelle: Jakob Hoff
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Ich kopple mein Smartphone mit dem Infotainmentsystem, starte meinen Streamingdienst, lege den Drive-Modus des 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebes ein und fahre los – und bei der nächsten Gelegenheit gleich wieder rechts ran.

Der Klang gefällt mir nicht: Nachdem ich ein bisschen an den Höhen und Tiefen auf dem Infotainment-Display herumgespielt habe, klingen die Töne viel satter. Mit Systemen wie dem Burmester-High-End-3D, das Porsche im Panamera einbaut oder der Anlage von Bowers & Wilkins, die im Volvo S90 und V90 die Akustik der Göteborger Konzerthalle imitiert, kann Beats nicht mithalten. Nach ein bisschen Feinjustieren hört sich die Anlage aber zumindest bedeutend besser an als die 80-Watt-Standardradios, die Kleinwagen sonst zu bieten haben.

Seit 1975 fährt der Polo sehr erfolgreich im Windschatten des übermächtigen Golf. Mehr als 14 Millionen Mal hat sich der Wagen seither verkauft. Die sechste Generation, die ausschließlich als Viertürer angeboten wird, basiert auf dem Modularen Querbaukasten; der soll die Fahrzeugproduktion von mehr als 40 Modellen bei VW, Audi, Skoda und Seat vereinheitlichen.

VW ist ein Meister der Sondermodelle

Dadurch hat der 4,05 Meter große Wagen Zugriff auf ein prall gefülltes Regal an Volkswagen-Konzerntechnologien. Gegen Aufpreis lässt er sich mit Extras ausstatten, die bis vor kurzem ausschließlich Fahrzeugen der Oberklasse vorbehalten waren: In Gefahrensituationen bremst der Polo automatisch, er erkennt auf die Straße laufende Fußgänger, hält automatisch den Abstand zum Vordermann, parkt selbsttätig ein und aus und warnt vor Autos im toten Winkel.

Während aus den sechs Beats-Lautsprechern „Where Is My Mind“ von den Pixies tönt, erinnere ich mich an mein erstes Auto Mitte der Neunziger, ebenfalls ein Sondermodell: ein gebrauchter Opel Corsa Steffi Spezial. Dass Steffi Graf als eines der großen sportlichen Vorbilder meiner Kindheit Pate für den Corsa stand, machte aus dem kleinen schwarzen Wagen mit elektrischem Faltschiebedach und Kassettenradio mein Traumauto.

Über das Display des Infotainmentsystems lässt sich auch die Beats-Anlage einstellen
Über das Display des Infotainmentsystems lässt sich auch die Beats-Anlage einstellen
Quelle: Jakob Hoff

Sondermodelle versuchen jedoch, nicht nur mit einem beliebten Namen bei den Käufern zu punkten, sondern auch mit viel Ausstattung. VW zählt zu den Pionieren dieser Marketingstrategie. Anfang der 90er-Jahre brachten sie den Golf II als Sondermodell „Fire and Ice“ auf den Markt, pünktlich zum Kinostart von Willy Bogners gleichnamigem Film.

Der Wagen in der Spezialfarbe Dark Violet Perleffekt war vollgestopft mit Extras: 15-Zoll-Räder, Doppelscheinwerfergrill, Drehzahlmesser, Sportlenkrad, Servolenkung. Danach schwenkte man um auf Stadionrock: Pink Floyd, Genesis und später Bon Jovi standen Pate für Golf und Polo. 25 Jahre später ist der VW Polo in der Remix-Kultur angekommen. Ob das bei der Zielgruppe ankommt, steht auf einem anderen Blatt.

Als ich Jonas bei unserem nächsten Aufeinandertreffen vor der Haustür von den Extras des Polo erzähle – neben der Soundanlage gibt es 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, Sportsitze und ein Multifunktionslenkrad –, stellt er mir nur eine Frage: „Und ist auch ein Beats-Kopfhörer im Preis inbegriffen?“ Als ich verneine, ist sein Interesse an dem Wagen schlagartig erloschen.

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