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Film „Megalopolis“

Für diesen Film brauchte Francis Ford Coppola sein halbes Leben

Filmredakteur
Francis Ford Coppola und sein wahnsinniges „Megalopolis“

Jahrzehntelang hat Regisseur Francis Ford Coppola die Idee von einem Film über die Zukunft der Menschheit verfolgt. Doch Investoren war das Projekt zu größenwahnsinnig. Am Ende hat der 85-Jährige Berichten zufolge über Hundert Millionen Euro selbst investiert.

Quelle: WELT TV

Autoplay
1977, nach „Apocalypse Now“, kam Starregisseur Francis Ford Coppola die Idee für ein neues Epos. Um das 100-Millionen-Budget aufzutreiben, hat er einen Teil seines Wein-Imperiums verkauft. Jetzt, fast 50 Jahre später, war „Megalopolis“ endlich zum ersten Mal zu sehen.
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Nicht weniger als sein halbes Leben hat Francis Ford Coppola dafür gebraucht, um den Film „Megalopolis“ zustande zu bringen – und das will etwas heißen, ist Coppola doch inzwischen 85 Jahre alt. 1977, nach „Apocalypse Now“, kam ihm die Idee für ein neues Epos, ein Drama wie aus dem Alten Rom, das er ins moderne Amerika versetzen wollte, so wie er Joseph Conrads „Herz der Finsternis“ vom kolonialen Afrika ins post-koloniale Vietnam verpflanzt hatte.

Coppolas „Megalopolis“ heißt „New Rome“ und ist leicht als New York identifizierbar, ständig sieht man pseudorömische Säulenarchitektur, kombiniert mit Wolkenkratzern. Es gibt in einer Art Indoor-Circus Maximus Wagenrennen (mit Pferden) und Gladiatorenkämpfe (mit Wrestlern), vor allem jedoch eine grenzenlos vergnügungssüchtige Oberschicht.

„Unsere amerikanische Republik ist nicht viel anders als die alte römische“, intoniert die Erzählerstimme von Laurence Fishburne, sein Regisseur zeigt ausführlich die Dekadenz der Reichen und stellt die Frage, wann ein Weltreich kollabieren müsse: „Wenn die Leute nicht mehr daran glauben.“

„Die Zukunft der Welt“

Die Parallele zeigt sich überdeutlich in den Namensgebungen: Adam Driver als Erfinder heißt Cesar Catilina (Catilina war ein Politiker, der einen Umsturzversuch in der römischen Republik unternahm), Jon Voight als Geldsack Hamilton Crassus III. spielt auf Crassus an, den schlimmsten Profiteur des Alten Rom, und Giancarlo Espositos Franklyn Cicero ist der Bürgermeister von New Rome, der auf ein „Weiter so!“ setzt.

Regisseur Francis Ford Coppola
Regisseur Francis Ford Coppola
Quelle: picture alliance/ dpa/ Lehtikuva/ Emmi Korhonen

Das möchte Cesar Catilina allerdings ganz und gar nicht. Julia (in der weiblichen Hauptrolle die Britin Nathalie Emmanuel) sucht ihn auf: „Ich möchte mit Dr. Catilina reden“, sagt sie. „Worüber?“, fragt Catilinas Sekretärin. „Über die Zukunft der Welt“, antwortet Julia. „Ach darüber“, entgegnet die Sekretärin und lässt ihn vor.

Um nichts Geringeres geht es. Catilina hat einen Stoff erfunden, aus dem man nicht nur unzerreißbare Kleider machen kann, sondern auch unzerstörbare Häuser. Eigentlich ist er Architekt, wie der Protagonist von Ayn Rands Roman „Der ewige Quell“ – einer der Einflüsse auf Coppolas Film –, der sich auch weigert, Kompromisse mit dem reformunwilligen Establishment einzugehen. Rand ist eine der Säulenheiligen des ungezügelten Kapitalismus, und Cesar Catilina die ultimative Verkörperung von Rands Glaubenssatz, dass der Individualismus dem Kollektivismus überlegen sei; Catilina ist der Heilsbringer der westlichen Zivilisation, und Elon Musk wird sich gern in ihm erkennen.

Coppolas Vision

Die Gegenkraft bei Coppola ist allerdings nicht der Kollektivismus, sondern der kollektive Unwille der westlichen Welt, an den bequemen Verhältnissen etwas zu ändern. Das Ende von „Megalopolis“ besteht in einem historischen Kompromiss wie im nächsten großen Vorbild von Coppola, Fritz Langs „Metropolis“, wo sich die Arbeiter von Kopf und Hand verbünden. Hier entsteht vor der Skyline von New Rome der Garten Eden.

Dies ist nur das Destillat aus einem vor Ideen überquellenden Film, der droht, in der Fülle seiner unausgegorenen Gedanken zu ersticken. Das „Megalopolis“-Projekt triefte von Anfang an vor Mega-Anspruch. Coppolas Vision, so beschrieb es ein enger Mitarbeiter, sei die einer gigantischen Filmoper in vier Teilen gewesen, die an vier aufeinanderfolgenden Nächten an einem Ort in der geografischen Mitte der Vereinigten Staaten aufgeführt werden sollte, zu dem die Zuschauer aus allen Himmelsrichtungen strömen würden, wie die Wagnerianer nach Bayreuth.

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1983 schrieb Coppola ein 400-seitiges Drehbuch (ein „Normalfilm“ hat 120), 1990 schienen die Dreharbeiten in den römischen Cinecittà-Studios kurz bevorzustehen, wurden jedoch verschoben, weil Coppola nach den Pleiten von „One from the Heart“ und „Tucker“ mit Kommerzfilmen wie „Dracula“ und „The Rainmaker“ Geld verdienen musste, um seine Schulden abzutragen.

Cannes staunt

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2001 fanden in Brooklyn immerhin Tischlesungen des Drehbuchs mit prominenten Schauspielern statt, darunter Russell Crowe, Robert De Niro, Leonardo DiCaprio, Paul Newman, Al Pacino, Kevin Spacey und Uma Thurman. Auch dieser Anlauf zerschlug sich, und die folgenden zwei Jahrzehnte redete Coppola immer wieder über sein Leib- und Magenprojekt, ohne dass etwas Konkretes geschah.

Längst hatte Hollywood begonnen, „Megalopolis“ als ein Phantom abzutun, einen Film, der nie zustande kommen würde. Umso größer der Unglaube, als die Dreharbeiten am 1. November 2022 wirklich begannen; Coppola hatte einen Teil seines kalifornischen Weinimperiums verkauft, um das Budget von 100 Millionen Dollar aufzubringen; die Dreharbeiten verliefen, ähnlich wie damals bei „Apocalypse Now“, skandalumwittert. Die Zeiten allerdings sind andere: Unter anderem im britischen „Guardian“ wurde Vorwürfe gegen Coppola im Umgang mit Darstellerinnen laut.

Und umso größer jetzt in Cannes das Erstaunen, dass Coppola es tatsächlich geschafft hat, die vielen unbändigen Stränge seiner Erzählung zu bändigen. Besser gesagt: einigermaßen.

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