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Kultur Entlassene Staatssekretärin

Emotionen, Corona, Israel – wofür Sabine Döring steht

Bildungsministerin Stark-Watzinger schickt Staatssekretärin in den Ruhestand

Nach Kritik von Hochschullehrern am Umgang mit einem propalästinensischen Protestcamp wurden im Bildungsministerium mögliche Konsequenzen thematisiert. Das kostet eine Staatssekretärin nun den Job.

Quelle: WELT TV

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Bildungsministerin Stark-Watzinger hat ihre Staatssekretärin Sabine Döring entlassen. Wer ist die Geschasste? Als Philosophin hat sie bereits in der Coronapandemie von sich reden gemacht.
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Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger will ihre Staatssekretärin Sabine Döring in den einstweiligen Ruhestand versetzen lassen. Darum habe sie Bundeskanzler Olaf Scholz gebeten, teilte sie über ihr Ministerium mit. Es geht um einen offenen Brief von Hochschullehrern, die sich im Mai hinter „propalästinensische“ Proteste an Universitäten gestellt hatten. Döring hatte im Anschluss eine Prüfung möglicher Konsequenzen innerhalb des Forschungsministeriums veranlasst.

Dadurch sei der Eindruck erweckt worden, so Stark-Watzinger, dass die Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen auf der Basis eines von der Meinungsfreiheit gedeckten offenen Briefes im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erwogen werde. Das widerspreche den Prinzipien der Wissenschaftsfreiheit: „Prüfungen förderrechtlicher Konsequenzen wegen von der Meinungsfreiheit gedeckten Äußerungen finden nicht statt.“

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Der nun entstandene Eindruck sei geeignet, das Vertrauen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in das BMBF nachhaltig zu beschädigen. Vor diesem Hintergrund sei ein personeller Neuanfang nötig, so Stark-Watzinger. Sie danke Döring „für ihren Einsatz für Bildung, Wissenschaft und das BMBF“. Wer aber ist Sabine Döring? Die entlassene Staatssekretärin hat zuvor nicht nur als Geisteswissenschaftlerin von sich reden gemacht.

Wo kommt Sabine Döring her?

Sabine Döring war seit Februar 2023 Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Von 2008 bis 2023 hatte sie den Lehrstuhl für Philosophie mit dem Schwerpunkt Praktische Philosophie (Ethik) an der Universität Tübingen inne. Sie wird sowohl bei Wikipedia als auch in ihrem noch einsehbaren Curriculum Vitae der Universität Tübingen ohne Angaben zum Geburtsjahr und -Ort geführt. Döring wurde 1997 von der Georg-August-Universität Göttingen mit einer Arbeit über die Philosophie Robert Musils promoviert. 2005 habilitierte sie sich an der Universität Duisburg-Essen mit der Arbeit „Gründe und Gefühle. Zur Lösung des Problems der Moral“. 2022 erhielt sie für ihre aktuelle Forschung zum politischen Liberalismus und das Buchprojekt „Solidarisch handeln in Freiheit. Eine liberale Theorie des Gemeinwohls“ das Opus-magnum-Stipendium der VW-Stiftung.

Wo lagen ihre Forschungsschwerpunkte?

Als Wissenschaftlerin bearbeitet Döring ein Themenfeld, das in den letzten Jahren zunehmend en vogue wurde: Emotionen. Der von ihr herausgegebene Sammelband zur „Philosophie der Gefühle“ machte als Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft erstmals einschlägige Positionen im deutschsprachigen Raum bekannt. Grundthese: Auch Gefühle haben einen „kognitiven Gehalt“, sind nicht nur irrationale „Gegner der Vernunft“, wie es der deutsche Aufklärer Kant einst deklariert hatte.

Schon in früheren Aufsätzen setzt sich Döring mit der Frage auseinander, wie Emotionen Handlungen motivieren (etwa „Seeing What to Do: Affective Perception and Rational Motivation“, 2007 oder „Explaining Action by Emotion“, 2003). In ihrem Eintrag des „Oxford Handbook of Philosophy of Emotion“ (2010) argumentiert Döring für die Bedeutung von Emotionen in der rationalen Entscheidungsfindung.

Welche Philosophie vertritt sie?

Sabine Döring hat den Begriff der „affektiven Wahrnehmung“ mitgeprägt, um zu beschreiben, wie Emotionen unsere Wahrnehmung der Welt formen und unsere Handlungen motivieren; sie vertritt den Standpunkt, dass die affektive Wahrnehmung von Themen und Sachverhalten in rationales Denken einfließt: Emotionen sind für sie keine irrationalen Zustände, sondern unverzichtbare Komponenten des rationalen Lebens. Gegenstand ihrer Forschungen war auch die Rolle von Emotionen in der Öffentlichkeit, etwa die Frage, wie Angst als narratives Instrument in der Politik verwendet wird.

Worüber hat sie getwittert?

Seit November 2009 ist Sabine Döring bei Twitter bzw. X aktiv, „aiming to unite liberty with the common good, views are my own“, schreibt sie in ihrer kurzen Bio: Die Freiheit mit dem Allgemeinwohl zu verbinden, das sei ihr Anliegen. Sie hat knapp 7800 Follower. Am Sonntagabend postete Döring: „So wird nun dieser Abschnitt meiner beruflichen Laufbahn ein jähes Ende finden. Stay tuned.“ Ein wenig kryptisch, aber schon verständlich – die Staatssekretärin kündigte damit ihr offenkundig unfreiwilliges Aus im Ministerium an. Kurz darauf die Nachricht: „Habe gerade Anruf bekommen, muss den Tweet löschen.“

Sabine Dörings gelöschte Postings

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In der Zwischenzeit waren einige Screenshots gemacht worden, sie finden sich weiterhin bei X. Für diese Art der Kommunikation ist X gemacht. So ungewöhnlich es für hochrangige Beamte ist, noch vor einer offiziellen Mitteilung in eigener Sache den Abschied vom Posten zu erklären – noch viel ungewöhnlicher ist es, auch die sich anschließende Löschung anzukündigen. Ob das Strategie oder Impuls war: Klar scheint, dass hier ein interner Konflikt signalisiert wird, der Hinweis darauf dann aber aufgrund einer Weisung wieder entfernt worden ist (und gerade deshalb für weitere Aufmerksamkeit und die Potenzierung dieses Konflikts sorgt).

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Am 11. Juni veröffentlichte Döring auf X den „KI-Aktionsplan“ des Bildungsministeriums. Und am 10. Juni verlinkte sie zu einer Veranstaltung vom „Tagesspiegel“, an der sie gerade teilgenommen hatte. Das Thema: „Was kennzeichnet wissenschaftliche Freiheit und warum ist sie so eng mit der Demokratie verbunden?“

Wie hielt sie es mit Corona?

In der Corona-Debatte trat Sabine Döring vor allem als philosophische Verteidigerin der staatlichen Maßnahmen auf – zunächst noch mit liberalem Verständnis für die Skeptiker, später vor allem mit Polemik gegen kritische Positionen. So betonte Döring im April 2020 in einem Interview mit der „NZZ“ noch, dass auch die „Befürworter einer geordneten Herdenimmunisierung“ verdient hätten, „gehört zu werden, ohne als Idioten und Zyniker beschimpft zu werden“. Im August 2021 stellte sie dann im „Philosophie Magazin“ einer Impfpflicht die moralphilosophische Unbedenklichkeitsbescheinigung aus – und forderte für die „Bockigen, Leugner und Egoisten“, wie sie die überzeugten Impfgegner bezeichnete, „strafbewehrte gesetzliche Pflichten und Ausschluss aus bestimmten materiellen, kulturellen oder institutionellen Bereichen der Teilhabe“.

Im Februar 2023 schließlich zog sie in der „FAZ“ (der Artikel ist online nicht mehr verfügbar) gemeinsam mit dem Wirtschaftsethiker Thomas Beschorner und dem Theologen Peter Dabrock „Lehren“ aus der Corona-Pandemie – und machte das Hauptproblem nicht etwa in einem Überschuss staatlicher Freiheitseinschränkungen aus, sondern vielmehr im vermeintlichen „Vulgärliberalismus“ der Maßnahmen-Kritiker, die „Freiheit“ nur als Vorwand für „Anarchie“ benutzten und, so Döring, für eine „Tyrannei der Starken oder der Lauten“ stünden.

Wie ist ihre Haltung zu Israel?

Sabine Döring hat sich früh zu Wort gemeldet auf X und antiisraelische und antisemitische Positionen kritisiert. Kurz nach dem 7. Oktober kritisierte sie scharf – als eine der wenigen in Universitätskreisen – die Philosophin Judith Butler, die in einem langen Essay in der „London Review of Books“ die israelische Reaktion auf den Hamas-Terror kritisiert und ihre eigene BDS-Unterstützung betont hatte.

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Döring schrieb: „Die Chefdenkerin der ‚postkolonialen Theorie‘ ‚kontextualisiert‘ das ‚Opfer‘ Hamas, aber nicht den ‚Täter‘ Israel. So kommt – trotz ‚Ich verdamme den Terror der Hamas‘ – am Ende eben doch eine Relativierung desselben und die BDS-Position heraus.“

Über die Harvard-Präsidentin Claudine Gay, die ihren Posten nach antisemitischen Ausschreitungen auf dem Campus und einer Plagiatsaffäre räumen musste, schrieb Döring: „Eine Harvard-Präsidentin mit nur 11 Artikeln, in denen plagiiert und methodisch schwach argumentiert (Statistik!) wurde, zeigt, dass bestimmte Kreise willens sind, fachliche Standards ihrer politischen Agenda zu opfern. Hat mit Wissenschaft nichts zu tun.“

Zuletzt hatte Döring am 12. Juni eine Kritik am Boykott israelischer Wissenschaftler durch die „Allianz der Wissenschaftsorganisationen“ auf ihrem Profil geteilt.

rei/chm/deli/ar

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