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Meinung Wagner-Festspiele

Katharina Wagner verlängert in Bayreuth – und das ist gut so

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Festivalleiterin bis mindestens 2030: Katharina Wagner Festivalleiterin bis mindestens 2030: Katharina Wagner
Leiterin bis mindestens 2030: Katharina Wagner
Quelle: dpa
Katharina Wagner leitet seit 2015 allein die Festspiele, die von ihrem Urgroßvater 1876 gegründet wurden. Zuletzt war die Verlängerung ihres Vertrages unsicher. Nun hat sich die Vernunft doch durchgesetzt. Und die Tradition.
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Bayreuth ohne die Wagners, das wäre wie Backen ohne Mehl – um eines der berühmtesten Volksbühne-Zitate von Christoph Marthaler zu zitieren. Der hat am Grünen Hügel immerhin „Tristan und Isolde“ inszeniert. Die Weisheit dieses Bonmots hat offenbar selbst Claudia Roth erkannt, die beständig nach Inklusion, Diversity, Achtsamkeit, Reformen, Zukunftsfähigkeit und einem „Abbild unserer vielfältigen, bunten Gesellschaft“ verlangt.

Und weil der Wagner-Hort zumindest in den vergangenen Jahren antisemitismusfrei geblieben ist, blieb selbst ihr jetzt offenbar nichts anderes übrig, als zuzustimmen und den Weg freizumachen. Katharina Wagner wird weitere fünf Jahre – bis mindestens 2030 also – die Geschicke der Bayreuther Festspiele bestimmen. Und das ist auch gut so.

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Nicht nur, weil eine zwar ungeschriebene, aber eben mindestens symbolisch bedeutsame dynastische Tradition fortgesetzt wird bei diesem ersten Festspiel weltweit, das ein durchaus größenwahnsinniger wie auch wirkungsbewusster Komponist mithilfe königlicher Mäzene im eigenen Theater zur Pflege der eigenen nur zehn Opern 1876 durchgesetzt hat.

Mit der Familie Wagner – und manchmal trotz ihr – hat man auf dem Grünen Hügel zwei Weltkriege, Inflationen, 13 ideologisch fatal geprägte braune Nazi-Jahre, Neuanfang, Leiterquerelen, Familienfehden und eine Pandemie überstanden. In der wäre (allerdings aus anderen gesundheitlichen Gründen) die in wenigen Tagen 46 Jahre alt werdende Katharina Wagner fast gestorben. Vielleicht ist auch deshalb ihr Überlebens- wie Weitermachwille groß genug, um sich noch einmal dieses vermaledeite Familienjoch aufzuschnallen.

„Lohengrin“ in Barcelona

Sie müsste es nicht unbedingt, aber sie möchte es eben doch noch. Denn auch wenn Katharina Wagner zuletzt 2015 mit einem nihilistischen „Tristan“ dort in Erscheinung getreten ist (und sonst nur 2008 „Die Meistersinger von Nürnberg“ äußerst deutungskritisch beleuchtet hat), sie hat durchaus auch anderswo zu tun.

Wie sie gegenüber WELT erklärt: „Mit fünf Jahren Pandemie-Verzögerung kommt jetzt endlich im März 2025 am Gran Teatre de Liceu in Barcelona meine ,Lohengrin‘-Deutung heraus. Das Liceu ist ja seit jeher schon eine Wagner-Hochburg in Spanien, wo man erstmals den ,Parsifal’ nach Ablauf der Schutzfrist direkt in der Neujahrsnacht 1914 um 00:00 Uhr nachts begonnen hat. Wir freilich wurden nach der Schlussprobe im März 2020 durch Corona ausgebremst.“

Die Produktion konnte erst jetzt wieder angesetzt werden, aber dafür mit der fast identischen Besetzung. „Außerdem“, so Wagner, „übertrage ich die Kinderopern regelmäßig für das Frühlingsfestival nach Tokio. In China ist eine ,Walküre‘ geplant, außerdem ein neuer ,Parsifal‘ in Riga.“

Für die jüngste Vertragsverlängerung hat sie dann doch gekämpft, obwohl sie in Bayreuth nicht einmal umziehen kann, ohne damit für aufgeregte Schlagzeilen zu sorgen. Schließlich sind 2026 auch 150 Jahre Festspiele und 150 Jahre „Ring des Nibelungen“-Uraufführung zu feiern. Geplant hat sie das sowieso schon längst.

Es soll einen besonderen, wohl nur in diesem einen Jahr zu sehenden „Ring“ geben, für den leider der schon länger wieder als Rückkehrer eingeladene Andris Nelsons wegen seiner sommerlichen Tanglewood-Verpflichtungen nicht zur Verfügung steht. Neben erst- und einmalig allen zehn von Richard Wagner für das Festspielhaus vorgesehenen Opern soll es dort erstmals das Jugendwerk „Rienzi“ geben (mit Christian Thielemann am Pult, so munkelt man), die zu seltenen Gelegenheiten hier gespielte 9. Sinfonie von Beethoven sowie diverse Kinderprogramme.

Bei ihr gilt’s der Kunst

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Und während jetzt die einen klagen, Katharina Wagner würde durch das neue Vertragskonstrukt Macht abgeben müssen, zeigte sie sich gegenüber WELT erleichtert: „Ich bin wirklich froh, jetzt weniger Verantwortung bei gleichzeitig völliger künstlerischer Autarkie zu haben. Ich muss mich nicht mehr um die Abläufe im Kartenbüro kümmern, noch bin ich für die hunderte Millionen Euro verschlingenden Renovierungsmaßnahmen im Haus zuständig. Bei mir gilt’s der Kunst.“

Deshalb wird „die Gesamtgeschäftsführung der neuen Position eines General Managers übertragen, der die Festspiele organisatorisch und wirtschaftlich verantwortet“, so erklärten es Bayerns Kunstminister Markus Blume und Kulturstaatsministerin Claudia Roth gerade nach einem persönlichen Gespräch mit der Festspielleiterin in München. Dabei kamen die wichtigsten Protagonisten, die künstlerisch Verantwortlichen und die beiden entscheidenden von insgesamt vier Geldgebern zusammen, um die Zukunftsfähigkeit des gegenwärtigen Finanzierungsmodells zu besprechen.

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Schon von Kurzem hatten nach der Sitzung der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth (bei der Katharina Wagner auch in Berlin anwesend war) diese, die wie Bundesrepublik und Freistaat in der Gesellschafterversammlung 29 Prozent Stimmrecht hatten, entschieden, jeweils acht Prozent an Bund und Land abzugeben, weil sie weniger solvent sind.

Einsparungen sind in Bayreuth trotzdem angekündigt, vor allem bei den großen Kollektiven Orchester und Chor. „Das darf aber nicht auf Kosten der künstlerischen Leistungsfähigkeit gehen“, wie Katharina Wagner versichert. „Und so wie es aussieht, werden die drohenden Tarifsteigerungen ausgeglichen und nicht dem Etat angelastet“, so die auch künftige Leiterin gegenüber WELT.

Trotzdem dürfte es weiterhin klar sein: Nach Katharina Wagner scheint in der Familie niemand mehr leitungsmutig- wie fähig. Durch sie aber, die anfangs massiv angefeindet wurde, bisher aber ihre Kreativität wie Standfestigkeit bewiesen hat, wird auch nach 150 Jahren diese sehr besondere Gründerfamilie die Geschicke der Festspiele führen. Wenn auch nicht mehr alle, dann aber doch die wichtigen.

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