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Mode Carolyn Bessette

Selbst als Kennedy blieb sie ihrem schlichten Look treu

Redakteurin LIFESTYLE
Im Männerhemd zur Gala Im Männerhemd zur Gala
Im Männerhemd zur Gala
Quelle: Getty Images/Evan Agostini
Carolyn Bessette-Kennedy, Frau John F. Kennedy Jr., kam 1999 ums Leben. Bis heute wird ihr modisches Erbe mit nahezu sakraler Ehrfurcht gepflegt. Dabei trug sie hauptsächlich Bluejeans und Männerhemden – und bloß keine Farben.

Vor allem Yohji Yamamotos Kreationen hatte es ihr angetan. In ihnen fand Carolyn Bessette Kennedy ein Echo ihrer eigenen Seele. Fast drei Jahre lang kleidete sie sich nahezu ausschließlich in seine Mode – eine stille Rebellion in der Welt der Politikergattinnen, die auch heute noch ein spießiges Kostüm als Maximum des protokollarischen Wagemuts betrachten. Die konstante Treue zu Yamamoto wurde wiederum zur Inspirationsquelle für den Designer. Eine Zeit lang entwarf er fast ausschließlich mit ihr im Hinterkopf.

Carolyn Bessette Kennedy, die zusammen mit ihrem Mann John F. Kennedy Jr. im Jahr 1999 bei einem Sportflugzeugabsturz ihr Leben verlor, hinterließ ein modisches Erbe, das auch zwei Jahrzehnte später noch mit nahezu sakraler Ehrfurcht gepflegt wird. Die sozialen Medien dienen als digitales Mausoleum ihrer Eleganz, gefüllt mit Bildern, die ihren zeitlosen Stil festhalten. Es gibt zahlreiche Alter-Ego-Accounts, und die momentan so beliebte überbelichtete Ästhetik der Bilder erweckt den Eindruck, als poste hier eine Stilikone tagesaktuell aus dem Jenseits. Dass immer nur die gleichen gut Dutzend Paparazzi-Fotos, die von ihr existieren, geteilt werden, fällt dabei kaum auf – so erschreckend zeitlos wirken sie.

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Noch tiefer in den Archiven gräbt das jetzt erschienene Buch „Carolyn Bessette Kennedy: A Life in Fashion“ von Sunita Kumar Nair. Neben Yohji Yamamoto sezieren darin alte Wegbegleiter, ein Make-up-Artist, Ex-Freund Alessandro Bennetton oder Personen, die sie nie getroffen haben, andächtig ihre Outfits. Unaufgeregte, unkomplizierte, puristische Looks, die sich die meiste Zeit auf Bluejeans und ein weißes Hemd beschränkten. Warum faszinieren sie trotzdem so?

1997 oder 2023?
1997 oder 2023?
Quelle: ZUMAPRESS.com/Globe Photos

Zunächst ist ein weißes Hemd eben nie nur ein weißes Hemd. Es ist eine Leinwand. Vom Material über Schnitt und Passform, Manschette und Kragen bis hin zur Art es zu tragen, ist es eine Demonstration von Raffinesse in der Simplizität. Nach den kreischigen 80ern war es außerdem eine Ansage.

Bessette revolutionierte das Garderoben-Basic, indem sie es nonkonform wickelte oder Hemden aus der Männerabteilung von Calvin Klein oder Prada kaufte und sie zu Bleistiftröcken oder ausgewaschenem Denim kombinierte. Oversized und aufgeknöpft, so waren weiße Hemden vorher höchstens in Filmen an Frauen aufgetaucht, die nach dem Sex in das Hemd ihres Partners geschlüpft waren. Bessette-Kennedy trug es zur Black-Tie-Gala anlässlich der Eröffnung des Whitney Museums. In einer Zeit, in der die High Society noch mit opulenten Diamantencolliers und aufwendigen Couture-Kreationen auftrumpfte, war das nicht weniger als eine Provokation. Ist es sogar heute noch.

Es war ein stilles, kraftvolles Aufbegehren gegen die Konventionen ihrer Zeit. Bevor sie den damals begehrtesten Junggesellen Amerikas heiratete, arbeitete Bessette bei Calvin Klein, der in den 90ern mit seiner cleanen Mode eine frische Brise in die etwas behäbige Welt der Mode brachte und eine Phase der modischen Beruhigung einläutete. „Es ging nicht mehr nur um die Kleidung“, erinnert sich ein ehemaliger Verkäufer in dem Buch, „sondern um die Philosophie, um die Person, die die Marke trug, und darum, was das für sie bedeutete“.

Zeitlose Eleganz: Carolyn Bessette und John F. Kennedy Jr.
Carolyn Bessette und John F. Kennedy Jr.
Quelle: NY Daily News via Getty Images/New York Daily News Archive

Minimalismus und bloß keine Farben

Von der Verkäuferin im Calvin Klein Shop einer Bostoner Mall stieg Bessette schnell ins New Yorker Headquarter auf, weil sie die neue Ära der Lässigkeit und des Understatements als eine der Ersten verinnerlichte. Zu der Zeit herrschten in der elitär gefrosteten Modeszene noch eingefahrene Dresscodes, bei der „Vogue“ etwa wurden Mitarbeiterinnen gerügt, wenn sie im Office keine Heels trugen.

Bei Calvin Klein taute die Modeszene auf, immerhin verkaufte die Marke Coolness und die Mitarbeiter vermarkteten sie. Nicht lackierte Fingernägel waren gewissermaßen Konsens, genauso wie so wenig Make-up wie möglich und nur den nötigsten Schmuck zu tragen. Bessettes Kunden von der Upper East Side waren begeistert von ihrem schlichten Look: Penny Loafers, keine Socken, Denim oder ein langer, schmaler Rock, ein weißes T-Shirt und ein dunkelblauer, beiger oder schwarzer Pullover. „Wenn ich etwas Aufsehen erregen will“, sagte sie 1992 der „Glamour“, „dann mache ich das mit Textur“.

Schwarzer, maskuliner Mantel, reduzierter Luxus
Schwarzer, maskuliner Mantel, reduzierter Luxus
Quelle: ZUMAPRESS.com/Globe Photos

Clare Waight Keller, die ehemalige Givenchy-Designerin, die ihre Karriere bei Calvin Klein begonnen hat, erinnert sich, dass Carolyn „ins Büro kam, als wäre sie gerade aus dem Bett aufgestanden“ und sich in Meetings diese Lässigkeit wie auf Knopfdruck in pure Eleganz wandelte. Ein Effekt, den man nur mit Ausstrahlung erzielen kann. Und in ihr lag wohl der Schlüssel zu Bessettes Stil – eine schwer fassbare Qualität, die jeden Versuch, ihren Look zu imitieren, für den Großteil der Menschen zur Herausforderung macht.

Unterwäsche als Hochzeitskleid

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Als sie schließlich mit Kennedy Jr. zusammenkam, lebte Bessette noch im ranzigen East Village. „Ich musste über Betrunkene und Crackdealer steigen, um in mein Apartment zu gelangen“, sagte sie 1999 „WWD“. Außerdem war sie ständig pleite, weil ihr Gehalt, inzwischen aufgestiegen zur PR-Agentin und Muse des Designers, offensichtlich trotzdem noch knapp bemessen war.

Nachdem Bessette Kennedy Jr. geheiratet hatte, änderte sie ihren Stil allerdings nicht dem erwarteten Plötzlich-Prinzessin-Narrativ entsprechend. Sie blieb ihrer Purismus-Philosophie treu, entfernte weiterhin die sichtbaren Labels von ihrer Designerkleidung und wählte für ihre Hochzeit ein schlichtes Slipkleid aus Satin vom bis dato eher unbekannten Designer Narciso Rodriguez. Ein mutiger Schritt – galt Ähnliches doch wenige Jahre zuvor noch als Unterwäsche. Geblendet von der neuen, ihr unangenehmen Aufmerksamkeit und dem Blitzlichtgewitter, das sich von nun an auf sie richtete, schaltete sie auf scheu und unnahbar.

Ihre Mode diente ihr dabei als Schutzschild, eine Leinwand, die nur so viel preisgab, wie sie selbst zuließ. Heute wird Bessettes Stilbewusstsein in einer Welt, die von Selbstvermarktung dominiert ist, als Akt der Zurückhaltung und Authentizität gefeiert. Yohji Yamamoto sollte seiner Muse bis zu ihrem unerwarteten Tod nie persönlich begegnen, was er bis heute zutiefst bedauert. Dennoch bestand zwischen ihnen eine Art metaphysische Verbindung, gegründet auf dem Prinzip „weniger ist mehr“. Beide wussten, dass die Kunst darin liegt, zwischen den Zeilen zu lesen.

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