Die lange Hose ist jetzt nicht mehr ganz lang und die kurze Hose auch nicht mehr ganz kurz. In den sozialen Medien machen sich aktuell zwei Modetrends bemerkbar, die eigentlich gar nicht so neu sind: Die Caprihose, auch bekannt als die Dreiviertelhose, und die Bermuda-Shorts, die über dem Knie enden.
Damit stöbert die Gen Z ein weiteres Mal in der Modegeschichte der Millennials herum, die die beiden Modelle bereits in den Nullerjahren trugen. Dabei war der Trend schon damals nicht innovativ, sah man immerhin auch längst verstorbene Ikonen wie Marilyn Monroe oder Audrey Hepburn in der Caprihose. Und schon länger gelten die mittellangen Hosen als modisch umstritten – doch warum polarisieren Hosenlängen, die irgendwo zwischen Oberschenkel und Knöchel enden und was ist ihre Geschichte?
Die Caprihose feiert in diesem Jahr ihren 75. Geburtstag. Denn die Münchner Modedesignerin Sonja de Lennart soll sie 1948 erfunden haben. Die Idee sei ihr während eines Urlaubs auf Capri gekommen, als ihre lange Hose bei einem Spaziergang am Meer nass wurde. Die gekürzte Hose erlaubte de Lennart nicht nur trockene Kleidung am Strand – sie war auch eine Provokation für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als Frauen eher biedere Kleider trugen und Männer das unausgesprochene Vorrecht auf Hosen hatten.
Jahrzehnte später haben sich Frauen in jedweden Hosenlängen emanzipiert. Nun kursieren auf Plattformen wie TikTok und YouTube-Videos mit Styling-Anleitungen für die Dreiviertelhose: Welche Schuhe passen zu ihr? Sollte man dazu Socken tragen? Wie bilden die Hose und der Rest des Outfits eine harmonische Kombination? Bei den Schauen großer Modehäuser, etwa bei der diesjährigen Jacquemus Frühjahr/Sommer-Kollektion, oder an den Model-Schwestern Gigi und Bella Hadid sah man, wie ein gelungenes Outfit mit Dreiviertelhose aussehen kann.
Der Hashtag #capripants wurde auf TikTok bereits mehr als sieben Millionen mal aufgerufen. Was erstaunlich dabei ist: Der schnelle Wechsel von präferierten Hosen- und Rocklängen bei der Gen Z. Während im Frühling noch der „No-Pants“-Look, also ein Outfit, das so aussieht, als wurde die Hose einfach vergessen, als Zuspitzung der extrem kurzen Miniröcke von Miu Miu aus der Frühjahr/Sommer-Kollektion von 2022 gefeiert wurde, wird es am Bein in diesem Sommer schon wieder alles länger.
So zu sehen auch bei der „Jorts“ (eine Kombination aus den Worten „Shorts“ und „Jeans“) – eine Hosenlänge, die irgendwo zwischen Bermuda und Capri anzusiedeln ist und laut dem YouTuber Mateo Aaron „Die Uniform des Jahres“ ist. Die Hosen reichen meist übers Knie, sind mal aus Jeans, mal aus Stoff, aber werden immer baggy getragen – heißt, sie sitzen tief auf der Taille. Von der Gen Z werden sie geschlechterübergreifend gefeiert. Und auf TikTok wurde der Hashtag #jorts fast 27 Millionen mal aufgerufen.
Die Jorts sind die stylische Alternative zur knappen Shorts und könnten als Zeichen der Desexualisierung junger Frauen verstanden werden. Oder auch einfach als Anlehnung an die Mode der 80er- und 90er-Jahre, als die Hip-Hop- und Skater-Szene die Fashion-Trends lieferte. Feststeht, dass in diesem Sommer unterschiedliche Hosenlängen ihr Revival feiern. Und die Looks scheinen dabei gleich mehreren aktuellen Social-Media-Trends zu folgen.
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Wie etwa eine enge, hoch taillierte Caprihose kombiniert mit ein paar Stilettos und schicker Bluse. Oder der Anzug mit Bermuda-Shorts im „Old-Money“-Stil. Und die sommerliche Variante, mit Mules und Bast-Accessoires, transportiert das Gefühl von Dolce Vita in der „Tomato-Girl“-Ästhetik – einem weiteren aktuellen Trend, der die ländlich-mediterrane Lebensweise romantisiert. Man könnte also meinen, dass die Gen Z von einer Sehnsucht nach einer Zeit getrieben ist, die sie nicht erlebt hat; die aber vermeintlich besser war.