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Zweiter Weltkrieg Hitlers Weg zur Macht

Noch vor dem Mittagessen beim Bankier wurden aus Todfeinden Partner

Am 4. Januar 1933 traf sich der Ex-Reichskanzler Franz von Papen in Köln konspirativ mit dem NSDAP-Chef. Hitler suchte Kontakt zu Reichspräsident Hindenburg, Papen wollte sich Hitler „engagieren“. Doch die Begegnung sickerte durch.
Leitender Redakteur Geschichte
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Am 4. Januar 1933 trafen sich Franz von Papen und Adolf Hitler in Köln – ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zum Dritten Reich
Quelle: picture-alliance/dpa, picture alliance / Glasshouse Images/JT Vintage
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Verletzte Eitelkeit gehört seit jeher zu den stärksten Triebfedern menschlichen Verhaltens, neben persönlichem Ehrgeiz und fanatischem Sendungsbewusstsein. Im Dezember 1932 war Franz von Papen tief verletzt und sann auf Rache. Denn sein Mentor, der Reichswehrgeneral Kurt von Schleicher, hatte ihn nach nur fünf Monaten als Reichskanzler abserviert. Papen selbst hielt sich für ausgesprochen begabt; dass er damit ziemlich alleine stand, störte ihn nicht.

Schon Mitte Dezember 1932 hatte er eine Gelegenheit für ein politisches Comeback gewittert. Nach einer Rede im exklusiven Berliner Herrenclub, in der er die gescheiterten Bemühungen um eine Regierungsbeteiligung der Nationalsozialisten beklagt hatte, war ein Bekannter auf ihn zugekommen: Kurt von Schröder, ein Bankier aus Köln.

**HONORARPFLICHTIG!** EINMALIG ONLINE HONORIERT** Kurt Freiherr von Schroeder *24.11.1889-04.11.1966+ Bankier, SS-Brigadefuehrer, D Teilahber des Koelner Bankhauses J.H. Stein - etwa 1933 Foto: Bieber, Emil
Der Bankier Kurt Freiherr von Schröder (1889 bis 1966) war auf seinen Schmiss auf der linken Wange offenkundig stolz
Quelle: ullstein bild

Man kam ins Gespräch. Papen ließ keinen Zweifel an seinem Hass auf Schleicher. Ferner berichtete er, der inzwischen selbst als Reichskanzler amtierende General habe mit seiner Hinterlist den Reichspräsidenten brüskiert; er selbst hingegen genieße weiterhin das Vertrauen Paul von Hindenburgs. Schröder merkte auf: Ergab sich da etwa die Möglichkeit für ein bislang ganz unwahrscheinliches Bündnis? Immerhin hatte die Hitler-Partei in Papens kurzer Amtszeit keine Gelegenheit ausgelassen, dem Kanzler das Leben schwer zu machen.

Nun signalisierte derselbe Mann seine Bereitschaft, sich mit dem NSDAP-Chef zu treffen – sofern das nur jenem Mann schadete, der ihn überhaupt erst auf die Bühne der Reichspolitik geholt hatte. Über Mittelsleute kamen beide Seiten überein, baldmöglichst in der Kölner Villa Schröders ein streng vertrauliches Treffen zwischen Papen und Hitler zu arrangieren.

Die Interessen der beiden waren sehr verschieden. Der Ex-Kanzler suchte nach einer Massenbasis für eine reaktionäre Regierung, denn Hindenburg hatte signalisiert, ein gegen den Reichstag regierendes Kabinett nicht mehr mit Notverordnungen stützen zu wollen. Dafür wollte sich Papen den NSDAP-Chef „engagieren“, wie er in vertrautem Kreis sagte.

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Hitler hingegen musste den Widerstand des Reichspräsidenten gegen sich selbst überwinden; dabei sollte der Hindenburg-Vertraute sein „Türöffner“ sein. Da er Papens stark begrenzte Fähigkeiten treffend einschätzte, zweifelte er nicht daran, den Mann rasch loswerden oder zumindest kaltstellen zu können.

Das Annäherungsgespräch sollte unbedingt geheim bleiben, das hatten beide Seiten vereinbart. Trotzdem bekam am 26. Dezember 1932 Heinrich Martin, Inhaber der Münchner Privatbank Martin & Co., einen Hinweis auf dieses Treffen gesteckt – von wem, ist unklar. Jedenfalls suchte der Bankier umgehend den wenige Wochen zuvor im Streit mit Hitler aus der NSDAP geschiedenen Gregor Straßer auf und informierte ihn.

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Straßer arbeitete zu dieser Zeit an einer anderen Lösung der Regierungskrise. Dem früheren Organisationschef der Hitler-Bewegung schwebte vor, dem nun amtierenden Kanzler Kurt von Schleicher eine Massenbasis aus eher linken Nationalsozialisten und gewerkschaftlich orientierten SPD-Anhängern zu verschaffen. Schleicher sollte in so eine „Querfront“ die Reichswehr einbringen. Das Ziel war, den radikalen Hetzer Hitler und den erzreaktionären Papen von der politischen Macht fernzuhalten und die deutsche Politik insgesamt in wenigstens etwas ruhigere Fahrwasser zu bringen.

Eine Annäherung von Hitler und Papen gefährdete zwar dieses Vorhaben, doch zugleich bot es eine Chance – falls es gelingen sollte, die Kontakte zu skandalisieren. Straßer wollte die ohnehin unruhige NSDAP-Anhängerschaft gegen den offenkundig unehrlichen Taktierer Hitler aufbringen. Er informierte umgehend Schleicher in Berlin und am 28. Dezember auch den früheren Reichskanzler und Zentrums-Politiker Heinrich Brüning. Der war zwar selbst durch eine Intrige des Reichswehr-Generals gestürzt worden, aber noch mehr als Schleicher verabscheute er Papen.

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Um die Gefahr einer Entdeckung möglichst gering zu halten, schlug Hitler zunächst ein Treffen im Schutze der Dunkelheit vor. Doch am einzig möglichen Termin, dem 4. Januar 1933, sollte der NSDAP-Chef in Bösingfeld im Kleinstaat Lippe-Detmold um 20 Uhr eine Wahlkampfrede zur bevorstehenden Abstimmung über den Landtag halten. Da zwischen dem vorgesehenen Treffpunkt, der Villa Schröders am Stadtwaldgürtel 35, und dem Festzelt in dem Dorf zwischen Bielefeld und Hannover, etwa 250 Kilometer Landstraße lagen, also gut vier Stunden Fahrzeit, musste das Treffen auf die Mittagszeit vorgezogen werden.

Hitler war mit dem Nachtzug ins Rheinland gekommen und hatte im Rheinhotel Dreesen südlich von Bonn gefrühstückt. Am Morgen des 4. Januar 1933 fuhr sein allgemein bekannter Mercedes von dort los. Doch der NSDAP-Chef saß nicht in diesem Wagen, sondern in einem anderen, der mit geschlossenen Gardinen wenig später Richtung Köln aufbrach.

Villa am Stadtwaldguertel 35 in Koeln (Foto vom 12.12.2022). Hier fand am 4. Januar 1933 im Haus des Bankiers Kurt Freiherr von Schroeder (Schröder) ein Treffen zwischen Franz van Papen und Adolf Hitler statt, wobei sich beide auf Hitlers Reichkanzlerschaft einigten. Dieses Treffen gilt als die Geburtsstunde des "Dritten Reiches". (Siehe epd-Feature vom 22.12.2022)
Die Villa am Stadtwaldgürtel 35 in Köln im Dezember 2022. Hier trafen sich Franz van Papen und Adolf Hitler am 4. Januar 1933
Quelle: picture alliance / epd-bild

Kurt von Schröder empfing die beiden Besucher um die Mittagszeit und setzte sich mit ihnen in den Salon, nahm aber am anschließenden Gespräch eigenen Angaben zufolge nicht teil. Hitler eröffnete die Unterredung, wie es seine Art war: aggressiv. Er attackierte Papen, weil er Hindenburg dazu gebracht habe, der NSDAP trotz ihres Wahlsieges am 31. Juli 1932 das Amt des Regierungschefs zu verweigern.

Der so Angegriffene war überrascht und griff zu einer taktischen Lüge: Nicht er, sondern Schleicher habe gegen Hitlers Berufung zum Reichskanzler intrigiert – eine schon damals durchschaubare Unwahrheit. Der NSDAP-Chef wunderte sich; er berichtete seinem Vertrauten Joseph Goebbels darüber, der in seine Tagebuch-Kladde notierte: „Papen scharf gegen Schleicher. Will ihn stürzen und ganz beseitigen.“

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Mehr oder minder geschickt lenkte der ehemalige Reichskanzler das Gespräch auf ein anderes Themenfeld. Er genieße weiterhin das Vertrauen des Reichspräsidenten. Goebbels gab Hitlers respektlose Zusammenfassung dieser (zutreffenden) Darstellung wieder: „Hat noch das Ohr des Alten.“

Nach diesem Geplänkel wandten sich die beiden der näheren Zukunft zu – und auf einmal bestand Übereinstimmung. Die nächste Regierung müsse auf der NSDAP einerseits, dem reaktionären Flügel des Bürgertums andererseits ruhen; die SPD hingegen solle ausgegrenzt bleiben. Das war das Gegenkonzept zur „Querfront“ Straßers.

Dieses neue Kabinett müsse zumindest anfangs mit Notverordnungen Hindenburgs regieren, denn eine parlamentarische Mehrheit war im zuletzt am 6. November 1932 gewählten Reichstag nicht absehbar. Allerdings versprach Hitler, nach einer Neuwahl eine solche Mehrheit bilden zu wollen. Papen stimmte zu, obwohl der Reichspräsident eigentlich eine dritte Abstimmung über das nationale Parlament in weniger als einem Dreivierteljahr ablehnte.

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Nicht einigen konnten sich die beiden Gesprächspartner freilich in der wichtigsten Frage: Wer sollte Reichskanzler werden? Hitler beanspruchte das Amt für sich, Papen lehnte ab und schlug vor, die NSDAP solle seine eigene Rückkehr ins Kanzleramt akzeptieren, werde dafür aber das Reichswehr- und das Innenministerium bekommen (sowie weitere Ressorts); sie hätte damit Zugriff auf die Machtmittel des Staates.

Beinahe wäre das Gespräch an dieser Stelle gescheitert, doch dann bat Kurt vom Schröder zum (späten) Mittagessen ins Speisezimmer. Weil daran auch die Begleiter Hitlers teilnahmen, darunter Rudolf Heß und Heinrich Himmler, und Hauspersonal servierte, plätscherten das Tischgespräch eher vor sich hin. Es war bereits fortgeschrittener Nachmittag, und es war abzusehen, dass Hitler nicht mehr pünktlich nach Bösingfeld kommen würde. Man versprach, in Kontakt zu bleiben, und verabschiedete sich voneinander. Tatsächlich begann der NSDAP-Chef seine Rede erst mit zwei Stunden Verspätung.

Erinnerungstafel im Gehweg vor der Villa am Stadtwaldguertel 35 in Koeln (Foto vom 12.12.2022). Hier fand am 4. Januar 1933 im Haus des Bankiers Kurt Freiherr von Schroeder (Schröder) ein Treffen zwischen Franz van Papen und Adolf Hitler statt, wobei sich beide auf Hitlers Reichkanzlerschaft einigten. Dieses Treffen gilt als die Geburtsstunde des "Dritten Reiches". (Siehe epd-Feature vom 22.12.2022)
Eine Erinnerungstafel im Gehweg vor der Schröder-Villa mahnt
Quelle: picture alliance / epd-bild

Derweil sickerte die Nachricht über das „Geheimtreffen“ durch. Denn Heinrich Martin hatte ja Kurt von Schleicher vorab informiert, der wiederum Hans Zehrer Bescheid gab, dem gleichermaßen gegen Hitler wie Papen eingestellten Chefredakteur der „Täglichen Rundschau“ (und 1946 WELT-Gründer sowie WELT-Chefredakteur von 1953 bis 1966). Er stationierte für mehrere Tage einen Fotografen vor Schröders Villa, dem sowohl vor wie nach dem Gespräch Schnappschüsse gelangen, die das Treffen eindeutig dokumentierten. Hitlers Aufstieg zum Reichskanzler aber konnte die anschließende Aufregung in Berlin nicht mehr verhindern.

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