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Zweiter Weltkrieg Russland-Feldzug 1942

Die Chance zum Ausbruch aus Stalingrad wurde vertan

Mit zwei Großoffensiven durchbrach die Rote Armee im November 1942 die Flanken der 6. Armee in Stalingrad. Ihr General Paulus aber verweigerte sich allen Forderungen nach einem schnellen Rückzug.
1942 – Der Weg nach Stalingrad

Nach dem Scheitern des Blitzkriegs gegen die Sowjetunion soll eine Offensive zu den Erdölfeldern des Kaukasus die Entscheidung bringen. Im Herbst erreicht das Dritte Reich seine größte Ausdehnung.

Quelle: WELT

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Ruhig bleiben – das ist im Prinzip ein guter Rat in außergewöhnlichen, vielleicht sogar gefährlichen Situationen. Wer allerdings zu lange Ruhe bewahrt und abwartet, schadet der eigenen Position. Seit dem Morgen des 19. November 1942 griffen sowjetische Truppen nordwestlich von Stalingrad die Flanke des deutschen Angriffskeils an. Die dort positionierten rumänischen Truppen lösten sich erschreckend schnell auf und suchten – meist vergeblich – ihr Heil in der Flucht.

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Dennoch blieb das Oberkommando der deutschen 6. Armee ganz ruhig. Noch am späten Nachmittag dieses Donnerstags notierte ein Stabsoffizier ins Kriegstagebuch, das wichtigste Dokument jedes Großverbandes, den Befehl des Oberbefehlshabers Friedrich Paulus, die Attacken auf sowjetische Stellungen in der Stadtmitte fortzusetzen. Die Angriffe auf den linken Flügel der Armee im Norden verstand die Armeeführung als „Ausstrahlung des gegen die rumänische Front geführten Angriffs“.

Das war zwar im Prinzip richtig, blendete aber völlig das absehbare Ziel der sowjetischen Offensive gegen die Flanke aus. Im Hauptquartier der Heeresgruppe B in Starobelsk hatte man zur selben Zeit bereits erkannt, was das eigentliche Ziel der sowjetischen Offensive war: die Abschnürung der 6. Armee.

World war 2, battle of stalingrad, november 1942. (Photo by: Sovfoto/UIG via Getty Images) Getty ImagesGetty Images
Auch im Süden von Stalingrad ging die Rote Armee in die Offensive
Quelle: UIG via Getty Images

Unübersehbar für den General der Panzertruppe, Paulus, wurde die prekäre Lage seiner Armee am folgenden Tag. Denn nun eröffnete die Rote Armee im Süden Stalingrads eine zweite Offensive, die ebenfalls wie im Nordwesten die von rumänischen Truppen gehaltene Flanke durchbrach. Die 20. Infanteriedivision des deutschen Verbündeten löste sich panikartig auf; die kampfstärkste deutsche Einheit, die hinter der im Stadtkampf gebundenen 6. Armee positionierte 4. Panzerarmee, wurde in zwei Gruppen gespalten.

Im Nordwesten spitzte sich die Lage weiter zu: Rund 40.000 Rumänen saßen in einem Kessel der Roten Armee fest. Ein Ausbruchsversuch, den der kommandierende General entgegen Hitlers Weisung vorbereitete, kam zu spät. Nur einige Tausend Mann konnten sich durchschlagen, aber 6000 bis 8000 Soldaten fanden den Tod, weitere 27.000 gerieten am 21. November 1942 in sowjetische Kriegsgefangenschaft.

Die schlechten Nachrichten für die Deutschen rissen auch am nächsten Tag nicht ab: Mit ungeheurer Dynamik stießen die sowjetischen Panzerspitzen von Nordwesten und von Südosten gleichzeitig vor. Das Ziel konnte man auf jeder Generalstabskarte der Region leicht erkennen: Kalatsch am Don, eine Kleinstadt etwa 60 Kilometer westlich des umkämpften Zentrums von Stalingrad. Wenn sich die Offensivkräfte der Roten Armee dort vereinigten, würde die gesamte 6. Armee eingekesselt sein.

Um 15.25 Uhr am 21. November 1942 kam eine Weisung von Hitler über die Heeresgruppe B bei Paulus in Stalingrad an: „Trotz Gefahr einer vorübergehenden Einschließung“ sollte die 6. Armee ihre Fronten in und um Stalingrad halten. Das war faktisch der Befehl zur Selbstaufgabe.

Battle of stalingrad, soviet t-34 tanks and infantry dislodging germans from a village in the stalingrad area, november 1942. (Photo by: Sovfoto/UIG via Getty Images) Getty ImagesGetty Images
Den Panzern der Roten Armee hatten die rumänischen Truppen nichts entgegenzusetzen
Quelle: UIG via Getty Images

Einen Tag später war es so weit. In sein Tagebuch notierte Propagandaminister Joseph Goebbels: „Im Laufe des Spätnachmittags erhalte ich aus dem Führerhauptquartier die Nachricht, dass es den beiden vorgestoßenen bolschewistischen Keilen gelungen ist, sich durch einen dünnen Schleier von Nord nach Süd zu vereinigen.“ Ungewohnt nüchtern fuhr er fort: „Damit ist natürlich eine außerordentlich bedrohliche Lage geschaffen worden. Wenn es uns nicht gelingt, diese Umklammerung wieder zu durchbrechen, so ist unsere Stalingrad- und die gesamte Wolgafront gefährdet, und auch der Südflügel unserer Ostfront gerät bedenklich in Gefahr.“

Noch war die Stellung der Roten Armee bei Kalatsch nicht besonders stabil. Bei einem beherzten Rückmarsch wenigstens der motorisierten Truppenteile aus den Vororten von Stalingrad Richtung Kalatsch hätte die Einkesselung noch vermieden werden können.

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Doch offenbar hatte sich Paulus, der seine Karriere vor allem in Stäben und nicht als Frontoffizier absolviert hatte, mit der neuen Lage schon abgefunden: „Armee eingeschlossen“, funkte er am 22. November 1942 um 19 Uhr an die Heeresgruppe B. Er hätte sich auch einfach über die Weisungen Hitlers hinwegsetzen und den taktischen Rückzug anordnen können – genau das, was mehrere Kommandeure der Wehrmacht im Dezember 1941 vor Moskau getan hatten, um ihre Truppen zu retten.

Den Ernst der Lage aber erkannte auch die Führung des Dritten Reiches. Hitler brach seinen Aufenthalt auf dem Obersalzberg ab und nahm das Flugzeug, um so schnell wie möglich in das Führerhauptquartier Wolfsschanze in Ostpreußen zurückzukehren. Fieberhaft arbeitete der Generalstab des Heeres daran, Verstärkungen nach Süden in Marsch zu setzen.

Generalfeldmarschall Erich von Manstein flog Richtung Stalingrad, um die Situation mit seinem enormen strategischen Geschick zu retten. Dafür wurde die eigentlich geplante Eroberung von Leningrad abgesagt. Goebbels allerdings zeigte sich skeptisch: „Wenn ihm keine Reserven zur Verfügung stehen, so kann er ja auch nicht allein mit einem Flugzeug und einem Adjutanten bewaffnet ein Wunder wirken.“

Am 24. November 1942 sprachen Manstein, soeben zum Oberbefehlshaber der neu geschaffenen Heeresgruppe Don ernannt, und der Chef der Heeresgruppe B, Generaloberst Maximilian von Weichs, in Starobelsk miteinander. Auf dieser Ebene redete man Klartext. Weichs befand, dass er „die Lage der 6. Armee für aussichtslos“ halte und die einzige Chance ein sofortiger Ausbruch sei. Manstein erwiderte, das sei nur ein „letzter Ausweg“, den er nur „äußerstenfalls“ bei Hitler beantragen wolle – wissend, dass der Diktator die Genehmigung wahrscheinlich verweigern würde.

Derweil notierte sich Goebbels: „Aber es ist ja noch nicht aller Tage Abend. Bisher hat sich immer erwiesen, dass im letzten Augenblick doch irgendeine Rettungsmöglichkeit sich auftut.“ Eine trügerische Hoffnung, wie sich bald erweisen sollte.

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