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Zweiter Weltkrieg Zweiter Weltkrieg

So dramatisch war der letzte Flug aus Stalingrad

Nach dem Scheitern der deutschen Entsatzoffensive 1942 wurde die eingeschlossene 6. Armee in Stalingrad aus der Luft versorgt. Wenige Tage vor der Kapitulation brach die Luftbrücke zusammen.
Ein Bomber vom Typ He 111 beim Entladen in Stalingrad Ein Bomber vom Typ He 111 beim Entladen in Stalingrad
Ein Bomber vom Typ He 111 beim Entladen in Stalingrad
Quelle: picture-alliance / akg-images

Zum Fliegen braucht man Flugzeuge – und Flugfelder. Über Transportmaschinen verfügte die Heeresgruppe Süd der Wehrmacht in der dritten Januarwoche 1943 durchaus; nicht besonders viele, aber immerhin noch über hundert einsatzfähige Flugzeuge der Typen Junkers Ju 52 und Heinkel He 111. Doch was es nicht mehr gab, waren Landeplätze. Deshalb fand am 23. Januar 1943 der letzte Flug statt, bei dem Verwundete aus dem Kessel von Stalingrad gerettet werden konnten.

Als die Rote Armee am 22. November 1942 die deutsche 6. Armee in den Ruinen der Stadt an der Wolga eingekesselt hatte, gab es noch sieben einsatzfähige Flugplätze unter deutscher Kontrolle. Alle lagen auf dem Westufer der Wolga, zwischen zehn und 28 Kilometer vom umkämpften Stadtzentrum entfernt. Doch von Tag zu Tag schnürte die Rote Armee den Kessel stärker ein, vor allem, als der deutsche Versuch, die Armee zu entsetzen, kurz vor Weihnachten abgebrochen wurde. Ein Flugplatz nach dem anderen ging verloren, bis in der dritten Januarwoche nur noch das improvisierte Flugfeld Stalingradski angeflogen werden konnte.

Mehrere sowjetische Artilleriebatterien konzentrierten ihr Feuer auf den Feldflugplatz. Und wenn Maschinen zur Landung ansetzten, verstärkten sie den Beschuss sogar noch. Einige Maschinen wurden direkt vor oder nach der Landung getroffen oder von Splittern so beschädigt, dass sie nicht mehr zurückfliegen konnten – insgesamt gingen von den rund 1000 eingesetzten Transportmaschinen während der Luftbrücke zur Versorgung der 6. Armee knapp die Hälfte verloren; nach unterschiedlichen Angaben zischen 488 und 495.

In Stalingradski warteten ständig Hunderte Verwundete auf eine Chance, ausgeflogen zu werden. Eine Erlaubnis bekamen Soldaten, die eine Aussicht hatten, mit einer Behandlung in einem ordentlich ausgestatteten Lazarett wieder voll einsatzfähig zu werden. Schwerstverletzte dagegen bekamen schon seit Tagen diese Chance nicht mehr – sie hätten wohl auch den zehn Kilometer weiten Weg durch die Eiseskälte zum Flugfeld kaum überstanden.

„Nur einmal wurde ich gebraucht - im Krieg“

Seine Waffe: Die Kamera. Der Fotograf Benno Wundshammer machte im Zweiten Weltkrieg Karriere als Kriegsberichterstatter. Doch trotz seiner Arbeit für die NS-Propaganda machte er auch später Karriere.

Quelle: Die Welt

Am 22. Januar 1943 hatte Fritz Hartnagel die Chance, den Kessel per Flugzeug zu verlassen. Der knapp 26-jährige Offizier war wegen Erfrierungen an Händen und Füßen nicht mehr kampffähig. Aber er hatte es nach Stalingradski geschafft und fand die Kraft, auf eines der drei gerade gelandeten Flugzeuge zuzurennen und an Bord zu klettern. Als die Maschinen, drei umgebaute Heinkel-Bomber, voll waren, mussten die Besatzungen weitere Verletzte, die sich hineinzudrängen versuchten, mit Gewehrkolben wegstoßen. Auch an die Fahrgestelle klammerten sich verzweifelte Soldaten.

Fritz Hartnagel, der Verlobte von Sophie Scholl, war einer der letzten, die aus Stalingrad ausgeflogen wurden – aber tatsächlich gab es noch drei weitere erfolgreiche Flüge am nächsten Tag, dem 23. Januar 1943. Zu den Besatzungen gehörte der damals 25-jährige Michael Deiml aus Auerbach in der Oberpfalz.

Die Heinkel unter Pilot Peter Adrian mit dem Bordmechaniker Deiml startete an diesem Samstag um 7.25 Uhr in Nowotscherkask und landete um 9.20 Uhr in Stalingradski. „Beim Ausladen der Brotsäcke fielen plötzlich rundum Schüsse von russischen Schlachtfliegern“, berichtete Deiml später: „Ich sprang sofort in das Flugzeug und schoss mit einem Maschinengewehr auf die angreifenden Flugzeuge.“ Zum Glück wurden weder das Flugzeug noch die Besatzungsmitglieder und auch nicht die herandrängenden Verwundeten verletzt.

Und auch ein zweiter Angriff blieb aus: „In Eile luden wir weiter unsere Brotsäcke aus. Plötzlich hörten wir einen dumpfen Schlag, und mit Blick dorthin mussten wir sehen, wie ein Soldat ohne Kopf neben dem rotierenden Propeller am linken Motor unseres Flugzeuges umfiel. Von den Kopfresten war nur noch Blut am linken Fahrwerk zu sehen.“ Der Mann hatte sich, ob aus Schwäche oder bewusst, selbst getötet. Um 10.45 Uhr startete die Heinkel wieder und landete in Nowotscherkask um 12.20 Uhr.

Die drei Transportmaschinen vom Vormittag des 23. Januar 1943 waren die letzten Flugzeuge, die noch im Kessel von Stalingrad landen konnten. Denn am Nachmittag desselben Tages eroberten sowjetische Truppen Stalingradski; nun gab es kein geeignetes Flugfeld mehr. In den nächsten Tagen warfen zwar Deiml und seine Kameraden noch Versorgungsbomben an Fallschirmen ab, zuletzt zweimal in der Nacht vom 28. auf den 29. Januar 1945: „Der letzte Abwurf wurde noch vom Kessel aus per Funk bestätigt.“

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Zwei Tage später kapitulierten die im Süden der Ruinenstadt eingeschlossenen deutschen Truppen, am 2. Februar schließlich die letzten Einheiten etwas weiter nördlich. Die Schlacht um Stalingrad war vorüber. Sie hatte 145.000 Deutsche direkt das Leben kostet, weitere knapp 100.000 gingen in Kriegsgefangenschaft, aus der nur 6000 zurückkehrten. Die Verluste der Roten Armee werden mit 700.000 Toten und Verwundeten angegeben. Von den Besatzungen der letzten drei Transportflugzeuge überlebte nur einer den Krieg: Michael Deiml. Er starb kurz vor seinem 91. Geburtstag 2009.

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