Noch ist unklar, was Donald Trump tatsächlich gesagt hat – wie so oft. Das Magazin „The Atlantic“ hatte berichtet, der US-Präsident habe die auf dem US-Soldatenfriedhof Aisne-Marne in Frankreich beigesetzten Gefallenen als „Verlierer“ („loser“) und „Trottel“ („sucker“) bezeichnet.
Aus Kreisen des Verteidigungsministeriums sei das der Nachrichtenagentur Associated Press bestätigt worden. Trump soll diese Beleidigungen bei einem Briefing am 10. November 2018 über den Besuch des Friedhofs außerhalb von Paris geäußert haben. Der Präsident ließ den Bericht dementieren.
Generell reagieren viele Amerikaner gereizt auf Schmähungen gefallener US-Soldaten. Aber besonders gilt das für die in Aisne-Marne beigesetzten 2269 Männer. Denn die meisten von ihnen starben während der Kämpfe um den Belleau-Wald, die zu den bewusstseinsprägenden Schlachten des US Marine Corps zählen.
Während der deutschen Frühjahrsoffensive in Nordostfrankreich 1918 durchbrachen am 27. Mai kaiserliche Truppen am schon lange heftig umkämpften Höhenzug Chemin des Dames nördlich des Aisne-Tals die französischen Linien. Innerhalb von drei Tagen legten sie mehr als 60 Kilometer zurück und erreichten den Forst Belleau sowie die Stadt Château-Thierry an der Marne. Nun lagen zwischen den deutschen Spitzen und Paris nur noch etwa 80 Kilometer.
Da Frankreich keine mobilisierbaren Reserven in dieser Region hatte, beorderte der Oberbefehlshaber Ferdinand Foch die noch weitgehend im Schützengrabenkrieg unerfahrenen US-Streitkräfte an diesen Brennpunkt der Front. Am 30. Mai traf die 3. US-Division in Château-Thierry ein und stoppte die deutschen Verbände am Nordufer der Marne.
Einen Tag später kam die 2. US-Division, zu der auch die 4. Brigade der US-Marines gehörte, in der Gegend um den Belleau-Wald an. Gleich in der anschließenden Nacht mussten Teile des Verbandes einen Gewaltmarsch über fast zehn Kilometer absolvieren, um einen Einbruch in die Frontlinie der Entente-Mächte zu stoppen. Im Morgengrauen erreichte das 1. Bataillon des 5. Marines-Regimentes das Ziel und stoppte den Vormarsch der deutschen Verbände am Südrand des Waldes.
Der französische Generalstab hatte angeordnet, dass sich die US-Truppen deutlich weiter im Süden eingraben und ein Netz von Schützengräben errichten sollten. Doch General James Harbord, der Kommandeur der 4. Marines-Brigade, ignorierte diesen Befehl und wies das 5. Regiment an, die Stellung „dort zu halten, wo sie stehen“. Daraufhin gruben sich die Marines flache Gruben, aus denen heraus sie auf dem Bauch liegend schießen konnten.
Am Nachmittag des 3. Juni 1918 griff kaiserliche Infanterie diese improvisierten Positionen durch die Getreidefelder an – mit aufgepflanzten Bajonetten. Die Marines warteten, bis sich die Deutschen in rund hundert Metern Entfernung befanden, bevor sie ein tödliches Gewehrfeuer eröffneten. So mähten sie mehrere Wellen Angreifer nieder; die Überlebenden mussten sich in den Wald zurückziehen. Dort gruben sie sich ein.
Der noch nicht ganz 31 Jahre alte Marines-Hauptmann Lloyd W. Williams ignorierte den folgenden Befehl, seine Männer weiter nach Süden zu verlegen, und sagte angeblich oder tatsächlich die für das Marines-Corps legendär gewordenen Worte: „Rückzug? Hölle! Wir sind gerade erst hier angekommen!“
Am 6. Juni um 3.45 Uhr Ortszeit, noch vor Beginn der Dämmerung, starteten die französischen und US-Verbände einen Angriff auf den Feind, der sich gerade seinerseits auf eine Offensive vorbereitete. Damit begann die 20-tägige Schlacht um den Belleau-Wald.
Es handelte sich um ein Blutbad, vergleichbar mit dem Gemetzel im Hürtgenwald 1944: Mit MGs, Gewehren, einigen der tragbaren 3,7-cm-Kanonen, vor allem aber mit Bajonetten rangen deutsche Soldaten und Marines im zerschossenen Gehölz des Waldes. Sergeant Ernest A. Janson stoppte allein einen Angriff eines deutschen Stoßtrupps von zwölf Mann und tötete zwei mit seinem Bajonett, bevor die anderen flohen. Dafür erhielt er als erster Marine im Ersten Weltkrieg die Medal of Honor des US-Kongresses, die höchste Tapferkeitsauszeichnung der USA.
Am 26. Juni meldete Major Maurice E. Shearer, der Belleau-Wald sei jetzt „vollständig in der Hand des US Marine Corps“. Damit endete eine der grausamsten Schlachten, die US-Streitkräfte je führten. Die Verluste der Amerikaner beliefen sich auf 1.811 Tote und 7.966 Verwundete; die deutschen Gegner hatten wohl mindestens 10.000 Mann Verluste, einschließlich 1600 Gefangenen.
Nach der Schlacht gab Frankreich dem Wald zu Ehren der Marines offiziell den Beiname „Bois de la Brigade de Marine“ („Wald der Marinebrigade“). Ein deutscher Heeresbericht hielt fest, die Marines seien „kräftig, selbstbewusst und bemerkenswert gute Schützen“. Der Oberbefehlshaber der US-Truppen in Europa, General John J. Pershing, sagte angeblich: „Die tödlichste Waffe der Welt ist ein US-Marine mit seinem Gewehr.“
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