WiWo History Durchbruch Haribos süße Erfolgsgeschichte

99 Prozent der Deutschen kennen Haribo. Zum Durchbruch des Fruchtgummimarktführers haben vor allem Marketinggeschick und ein goldiges Bärchen beigetragen.

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Fernsehmoderator Thomas Gottschalk, Anfang 40 und blond gelockt, sitzt in einem TV-Werbespot am Küchentisch: „Manchmal kommt auch ein Mann von Welt wie ich nach Hause – und dann sitze ich bei Mutti in der Küche und nasche Goldbären.“ Als er Eintopf serviert bekommt, greift er lieber noch einmal schnell in die Haribo-Tüte. Das Goldlöckchen und die Goldbären waren in Deutschland lange miteinander verbunden.

Nach Ausstrahlung dieses ersten Werbespots (1991) warb Gottschalk noch 24 Jahre lang für den Süßwarenkonzern – was ihm sogar einen eigenen Eintrag im ��Guinness-Buch der Rekorde“ bescherte.



Als die Geschichte von Haribo begann, war an TV-Glamour und Rekorde nicht zu denken. 1920 gründete Hans Riegel, ein gelernter Bonbonkocher, das Unternehmen in einer Hinterhofwaschküche in Bonn-Kessenich. Der Name Haribo setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Worte Hans, Riegel und Bonn zusammen. Riegels Frau Gertrud war seine erste Mitarbeiterin, sie lieferte Kamellen, Veilchenpastillen, Salmiaktabletten und Lakritzstangen per Fahrrad aus.



1922 erfand Hans Riegel den Tanzbären, wohl inspiriert von echten dressierten Tieren, die man zu dieser Zeit noch auf Jahrmärkten sehen konnte. Der erste Vorgänger war noch etwas schlanker und größer als der knapp 40 Jahre jüngere Goldbär; er kostete einen halben Pfennig pro Stück. Zunächst war er noch kein Kassenschlager, aber bei Haribo lief es gut – bis 1933 bereits mit 400 Mitarbeitern. Zu dieser Zeit entstand auch der berühmte Werbeslogan „Haribo macht Kinder froh“, der auch noch Jahrzehnte später in den Werbespots mit Gottschalk erklingen sollte. Ausgedacht hat ihn sich der Gründer persönlich. „Und Erwachsene ebenso“ ergänzte später Hans Riegel junior.

Im Zweiten Weltkrieg stellte Haribo zeitweise nur Lakritz aus Süßholz her, weil Zucker knapp wurde. 1945 starb der Gründer im Alter von 51 Jahren. Seine Frau Gertrud übernahm die Leitung der Geschäfte und baute das Unternehmen wieder auf, bis ihre Söhne Hans und Paul ein Jahr später aus der Kriegsgefangenschaft zurückkamen.

Die beiden waren zwei ungleiche Geschwister: Der zurückhaltendere Paul nahm die Rolle des Tüftlers ein, verantwortete die Produktion und erfand unter anderem die Lakritzschneckenwickelmaschine. Hans kümmerte sich um Vertrieb, Finanzen und Marketing. Sein Händchen für Letzteres war entscheidend für das Unternehmen. 1960 kam der Goldbär auf den Markt – und hatte bald seinen ersten Auftritt in einem von vielen Werbespots im Fernsehen. Mit Erfolg: Bis heute kennen 99 Prozent der Deutschen die Marke Haribo.



Später sollen sich die Brüder entzweit und jahrelang nicht miteinander geredet haben. Die Nachfolge war nicht geregelt, als Paul 2009 starb. Ein Jahr später erhielt Haribo eine Holdingstruktur. An der Holding ist zur Hälfte Pauls Familie beteiligt und zur Hälfte eine Stiftung, die die Anteile des kinderlosen Hans bündelt. Er starb 2013. Seine süße Kreation lebt weiter. Vor zwei Jahren hat Haribo den 100. Geburtstag des Gummibärchens gefeiert.




Dieser Artikel erscheint in unserer Reihe WiWo History.

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