Was wurde aus ...? Woran der einstige Vorzeigekonzern Grundig scheiterte

Er war ein früher Gründer und ein Vorzeigeunternehmer des deutschen Wirtschaftswunders: Max Grundig. Von seiner Firma für Unterhaltungselektronik blieb am Ende nur der Name.

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Einmal noch versucht Max Grundig, die hiesige Unterhaltungselektronikbranche zu retten. „Wir sind nicht bereit zuzusehen, wie unsere Märkte vernichtet werden“, ruft er 1982 vor der Kommission der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel. Sein Plan: eine Einheitsfront der europäischen Marken zu bilden, um die asiatischen Wettbewerber zu stoppen. Doch Grundig blitzt ab, die sogenannte EURO-Reform scheitert. Eine bittere, entscheidende Niederlage für den Mann, dem so viel im Leben gelang.

Max Grundig wird 1908 in Fürth in ärmliche Verhältnisse geboren. 1922 beginnt er eine Lehre als Einzelhandelskaufmann. Das Medium Radio interessiert ihn sehr, schon mit 16 Jahren bastelt Max seinen ersten Detektorapparat. 1930 macht er sich mit einem eigenen Laden selbstständig. Die Geschäfte gehen gut, Radios sind in Kriegszeiten begehrt als Informations- und Propagandaträger.

1945 beschließt Grundig, einen Rundfunkbaukasten für Bastler anzubieten. Die Idee ist clever, denn durch die Deklarierung als Spielware gelingt es ihm, das Alliierten-Verbot zur Herstellung von Rundfunkgeräten zu umgehen. Der sogenannte Heinzelmann bereitet die Basis für Grundigs wirtschaftlichen Aufstieg. Ende 1949 beschäftigt er bereits 1600 Mitarbeiter, formt in den Folgejahren einen deutschen Vorzeigekonzern. In den 1960er-Jahren ist Grundig der größte Radio- und Fernsehgerätehersteller Europas.



Doch asiatische Hersteller sind ihm auf den Fersen, fassen mit preisgünstigen Geräten immer besser Fuß im Westen. Und Grundig? Hat sich mittlerweile ein Management herangezogen, das dem Patriarchen nicht zu widersprechen wagt und jede Entscheidung abnickt. So setzt er etwa bei Videokassetten viel zu lange auf das eigene Video2000-Format, obwohl sich global VHS – entwickelt in Japan – durchsetzt.

1979 erreicht die Grundig AG mit 38.000 Beschäftigten weltweit ihren personellen Höchststand. Doch die Produktion in Deutschland ist längst zu teuer geworden. Die Gewinne sinken bei steigendem Umsatz, 1981 schreibt Grundig erstmals Verluste. Kurz darauf scheitert der Gründer und Chef mit seiner Allianz-Idee in Brüssel. Der erfolgsverwöhnte Patriarch ist Niederlagen nicht gewöhnt. 1984, im Alter von 76 Jahren, tritt Max Grundig zurück – und verkauft sein Lebenswerk an Philips. Fünf Jahre später stirbt er.

1997 übernimmt ein Konsortium den Konzern. Der Aufschwung bleibt aus, kurz nach der Jahrtausendwende liegen die Verluste im dreistelligen Millionenbereich. 2003 folgt die Insolvenz. Die Namensrechte besitzt seither die türkische Koç Holding. Grundig-Geräte gibt es daher auch heute noch – produziert in Asien. Die Legende lebt. Im Fernen Osten. Und nur noch dem Namen nach.




Dieser Artikel erscheint in unserer Reihe WiWo History.

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