Huawei-Ausschluss China vs. Deutschland: Der Propaganda-Panda und das Schlachtvieh

Huawei auf LinkedIn und ein schwebender Buddha auf Youtube Quelle: Screenshot

Das Verhältnis zwischen Deutschland und dem chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei ist schlecht. Huawei will auf Social Media gute Stimmung verbreiten – doch der Schuss geht nach hinten los. Eine Glosse.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Ach, was sind sie süß! Der Panda und das Kälbchen stehen Nase an Nase, darüber schwebt ein leuchtend rotes Herz. „Huawei und Deutschland – eine Liebesbeziehung“ so lautet die Überschrift. Und darunter schreibt Huawei Deutschland: „Es ist schon so: Huawei und Deutschland passen sehr gut zusammen. Herz-Emoji.“

Das ist kein Fiebertraum, es ist wahr. Mit dem Motiv bedankt sich der chinesische Telekommunikationsausrüster auf LinkedIn bei seinem Gastland Deutschland – und wirbt auch ein bisschen in eigener Sache: Seit 2002 sei Huawei in Deutschland vertreten und beschäftige an 22 Standorten in 15 Städten mehr als 2000 Mitarbeiter. Und seit 2006 habe man mit rund 20 Unis mehr als 120 Forschungskooperationen durchgeführt. Der Hauptsitz „befindet sich in der schönen NRW-Metropole Düsseldorf“.

Das klingt alles sehr harmonisch. Doch das täuscht. Weil die Bundesregierung derzeit prüft, ob sie Huawei-Technik im deutschen 5G-Netz verbieten will, wollte Huawei offensichtlich daran erinnern, dass von der Entscheidung auch deutsche Arbeitsplätze abhängen.

Eine Kuh wird gemolken

Genauso wurde der LinkedIn-Post von Lesern verstanden: weniger als Liebeserklärung, mehr als Drohung. „Schon bezeichnend, dass Deutschland hier als Kuh dargestellt wird“, so ein LinkedIn-Nutzer, „eine Kuh wird als dumm dargestellt oder gemolken beziehungsweise geschlachtet.“ Ein Zweiter schreibt: „Das Bild passt – der Propaganda-Panda und die Schlachtkuh.“

Tatsächlich gibt sich Deutschland gegenüber Huawei bislang als Kälbchen. Andere sind da eher wie Bullen unterwegs: Australien war das erste Land, das Huawei schon 2012 aus dem Telekommunikationsnetz von seinem Kontinent ausschloss, die USA folgten 2019. Seitdem haben etliche europäische Länder wie Großbritannien, Schweden, Dänemark, Portugal und Rumänien dieselbe Konsequenz gezogen – Deutschland hingegen zögert.

Die Entscheidung über den Rauswurf von Huawei aus dem deutschen 5G-Mobilfunk-Netz ist vertagt. Dabei dominiert der Anbieter aus China auch das deutsche Festnetz und erobert außerdem das Stromnetz. Es fehlt Transparenz.
von Nele Husmann

Die Sorge von Befürwortern eines Ausschlusses ist, dass der chinesische Staat, der sich dem Westen gegenüber zunehmend antagonistisch verhält, die Telefonanlagen nicht nur abhören, sondern im Ernstfall sogar sabotieren und boykottieren und damit das Herzstück der modernen Kommunikation lahmlegen könnte. Deutschland dagegen ist jetzt schon gelähmt – von der Sorge vor Chinas Vergeltung. Die Chinesen könnten weniger deutsche Autos importieren oder dort ansässigen Töchtern hiesiger Mittelständler das Leben schwer machen.

Dass sich Huawei selbst als Panda darstellt, mag naheliegen: Die Tiere kommen nur in China vor und werden als Geste einer Gefälligkeits-Diplomatie an westliche Zoos ausgeliehen. Weil Pandas schwarz-weiß gefleckt sind, suchte die Huawei-PR vielleicht aus optischen Gründen ein weiteres schwarz-weißes Tier mit Deutschlandbezug. Der Dachs wäre eine Option gewesen. Oder der schwarze Adler, unser Wappentier. Was aber nehmen die Chinesen? Ein wehrloses Kälbchen. 

Das passt nicht so wirklich, auch wenn wir Deutschen gern Milch trinken und Steaks essen. Denn wir sind nicht das Kuh-Land Nummer eins Europas. Die meisten der 88,4 Millionen EU-Rinder leben jedenfalls in Frankreich (20 Prozent) und nicht hierzulande (14 Prozent). Zudem wählte Huawei für das Foto noch nicht mal eine deutsche Rinderrasse: Das schwarz-weiße Holstein-Rind klingt nur deutsch, hat seinen Ursprung aber in den USA.

Uiguren in Bayern?

Besser wäre das bayerische, braune Rind gewesen. Dazu hätte man einen braunen Panda nehmen können. Die gibt es tatsächlich, allerdings nur sehr selten. Ein optischer Verweis auf Bayern wäre tatsächlich sinnvoll gewesen, steht doch in München laut dem Huawei-LinkedIn-Post das „größte europäische Forschungszentrum“ von Huawei. 

Ex-Verkehrsminister Scheuer scheint durch Einflussnahme stärkeren Wettbewerb für die Netzbetreiber und damit günstigere Preise verhindert zu haben. Jetzt verteidigt die Behörde ihre Unabhängigkeit vor Gericht.
von Nele Husmann

Damit dürfte die Dependance in Weilheim gemeint sein, die Huawei 2017 eigens im Wahlkreis des damaligen Verkehrs- und Digitalministers Alexander Dobrindt ankündigte und Ende 2019 in Betrieb nahm (Diplomatie jedenfalls beherrscht China, nicht nur mit Pandas!). Eine offizielle Eröffnung der Dependance gab es aber nie, kein Fest, keine eingeladenen Politiker. Entweder ist die Forschungsarbeit dort ungemein geheim. Oder es tut sich dort nicht viel Sehenswertes. Ein LinkedIn-Kommentator jedenfalls fragte: „Habt ihr Uiguren in Bayern gefunden?“

Die Partei ist immer dabei

Womit wir wieder in China wären. Der frühere chinesische Immobilienmilliardär Desmond Shum, der seit der Veröffentlichung seines chinakritischen Buchs „Chinesisches Roulette“ im britischen Exil lebt, sagte gerade dem „Handelsblatt“, dass Unternehmen in China – auch deutsche wie BASF oder VW übrigens – verpflichtet seien, eine Parteizelle im Unternehmen zu installieren, über die ein Parteifunktionär das Unternehmen dann beeinflussen könnte.

Was der Dissident Shum berichtete, kontert der CEO von TikTok, Shou Zi Chew, nicht einmal lautstark. Bei der Befragung vor dem US-Kongress antwortet er nur mit einem sehr leisen, verhaltenen Nein, auf die Frage, ob es nicht stimme, dass die Social-Media-Plattform unter dem Einfluss der kommunistischen Partei stehe und es bei TikToks Mutter ByteDance ein Parteikomitee gebe. Huaweis eigenes Beteuern, dass das Unternehmen den Mitarbeitern gehöre und deshalb unabhängig vom Staat sei, klingt vor diesem Hintergrund mehr als hohl.

TikTok bläst zum Angriff: Einer der mächtigsten Mediendienste der Welt will zur globalen Shoppingplattform werden – in Konkurrenz zu Amazon. Doch der Westen könnte den Plänen einen Strich durch die Rechnung machen.
von Tobias Gürtler

Womit wir wieder bei dem von Huawei ausgewählten chinesischen Symboltier, dem Panda, wären. 

Huawei stellt sich gern als den westlichen Konkurrenten Ericsson und Nokia technologisch überlegenes Unternehmen dar. Jüngst erklärte Huawei-Kommunikationschef Carsten Senz dem deutschen Youtube-Publikum, was Agilität bedeutet. Dabei ließ er sich im Lotussitz mit nackten Füßen über einer Landschaft schwebend darstellen. Auf seinen Kopf strahlt ein Sonnenkegel wie bei einer göttlichen Erleuchtung. 

Ein Panda wiederum ist aber so gar nicht für seine Agilität bekannt: Die Tiere fressen bis zu 18 Kilogramm Bambus täglich und verbringen ihren Tag hauptsächlich mit Fressen und Schlafen. 

Betriebliche Altersvorsorge Kann ich den Krankenkassenbeitrag auf meine Betriebsrente vermeiden?

Unser Leser wird eine große Einmalzahlung aus einer Betriebsrente erhalten. In der gesetzlichen Krankenversicherung muss er darauf Beiträge zahlen. Oder gibt es Auswege?

Elon Musk Vom Visionär zum Größenwahnsinnigen

Grüner Weltenretter und rechter Trump-Fan – Elon Musk ist ein unternehmerischer Missionar und ein polarisierender Meinungsmacher. Seine Visionen werden immer kühner – sein Firmenuniversum droht einzustürzen.

Die besten Strategien Richtig schenken und vererben

Berliner Testament, Kettenschenkung, Güterstandsschaukel: Viele Familien wollen Vermögen übertragen, etwa an die Kinder. Mit den passenden Strategien gelingt das steuergünstig – und konfliktfrei. Das sollten Sie wissen.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Deshalb kann man alles auch ganz anders deuten: Der Propaganda-Panda ist gemütlich, nicht gefährlich. Das dargestellte niedliche Kälbchen dagegen ist männlicher Natur. Es kann also zu einem mächtigen Bullen heranwachsen.

Es gibt also noch Hoffnung für Deutschland. Danke China, das ist eine nette Botschaft!

Lesen Sie  auch: Werft Huawei endlich raus – und zwar richtig!

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%