Inflation im Supermarkt Bei diesen Lebensmitteln gab es die größten Preissprünge

Ein Mann geht mit seinem Einkaufswagen an Supermarktregalen vorbei Quelle: dpa

Ölkrise, Kartoffelkollaps, Zuckerschock: Neue Daten zeigen, wie stark die Lebensmittelpreise seit 2020 gestiegen sind – und wie die Inflation das Einkaufsverhalten der deutschen Verbraucher verändert hat.

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Die Preise für Nahrungsmittel sind in den vergangenen Jahren im Schnitt um mehr als 30 Prozent gestiegen. Das zeigt eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes für den Zeitraum von Januar 2020 bis Mai 2024.

Einzelne Lebensmittel sind sogar noch deutlicher teurer geworden, etwa Olivenöl. Betrachtet man das Jahr 2020 mit einem Indexwert von 100 als Basis, liegt der Wert im Mai 2024 bei 201,8. Der Preis hat sich demnach mehr als verdoppelt. Bei Sonnenblumenöl ist der Indexwert inzwischen auf 163,4 geklettert.

Beachtlich ist auch der Preisanstieg bei Obstkonserven (Indexwert 141,5), Kartoffeln (148,3), Zucker (180,5), Soßen und Würzmitteln (144,7), Kakaopulver (141) sowie Frucht- und Gemüsesäften (142,2). 

Die Folge: Selbst Gutverdiener blicken seit 2022, als die große Lebensmittel-Teuerungswelle einsetzte, oft überrascht auf ihre Einkaufsbons – und reagieren. Sie greifen verstärkt zu günstigen Eigenmarken oder gehen gleich zu Aldi und Lidl statt zu den oft als teuer empfunden Supermärkten von Edeka oder Rewe. Dass die subjektive Verbraucherwahrnehmung dabei nicht unbedingt mit der realen Preisgestaltung der Handelsketten übereinstimmen muss, zeigt unter anderem eine Analyse der Preisapp Smhaggle. Und trotzdem: Der Trend zum Discount ist bislang ungebrochen. 



84 Prozent nehmen steigende Lebensmittelpreise wahr

„Im ersten Quartal 2024 konnten Discounter und Drogeriemärkte ihre Umsätze und Absätze deutlich steigern“, sagt Oliver Schmitz, Handelsexperte und Head of Retail des Marktforschers NIQ/GfK in den deutschsprachigen Ländern. Supermärkte hätten dagegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Umsatzrückgang von 2,3 Prozent bei Lebensmitteln – ohne Frischeartikel – verzeichnet.

Ein wesentlicher Grund dafür sei die gewachsene Bedeutung von Eigenmarken für die Verbraucher, sagt Schmitz. Denn bei Eigenmarken hätten die Discounter eine Vorreiterrolle. Darüber hinaus würden die Discounter inzwischen eine breite Produktpalette anbieten. „Diese Vielfalt zieht mehr Kunden an und erhöht die Umsätze weiter“, erklärt Schmitz. Die Folge: 92 Prozent aller deutschen Haushalte kaufen inzwischen mindestens einmal pro Jahr bei einem Discounter ein.

Daran hat offenbar auch der Rückgang der Inflationsraten in den vergangenen Monaten wenig geändert. Die Einkaufsentscheidungen vieler deutscher Konsumenten seien weiter „stark preisorientiert“, berichtet Schmitz. Nach Schmitz‘ Daten nehmen 84 Prozent der deutschen Verbraucher weiterhin steigende Lebensmittelpreise wahr. Und „dieses Gefühl der Preissteigerung beeinflusst nach wie vor das Kaufverhalten“, konstatiert der Experte. 

Schneller schlau: Inflation

Um ihr Haushaltsbudget zu schonen, würden Verbraucher deshalb weiter Einkaufsstrategien anwenden, die sie schon in den vergangenen Inflationsphasen genutzt haben. Fast die Hälfte (48 Prozent) achtet beim Lebensmitteleinkauf demzufolge auf Angebote und Rabatte, während 39 Prozent der Verbraucher zu günstigeren Marken greifen. „Mittlerweile werden 26,4 Prozent aller verkauften Packungen im Lebensmitteleinzelhandel unter Promotion-Bedingungen abgesetzt“, erläutert Schmitz. Es zeige sich auch, dass Verbraucher ihre Einkäufe zunehmend gezielter nach Angeboten planen und dafür verschiedene Einkaufsstätten aufsuchen würden.

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von Stephan Happel, Julian Heißler, Henryk Hielscher, Jörn Petring

Nach und nach dürfte der Rückgang der Inflationsrate aber auch dazu führen, dass neben dem Preis wieder andere Kaufkriterien wichtiger werden. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits: So würden die Konsumenten wieder mehr auf Qualität achten und seien bereit, „für hochwertige Produkte mehr Geld zu bezahlen“, sagt Schmitz. Während 2022 nur 47 Prozent der Befragten angaben, dass sie für Qualitätsprodukte tiefer in die Tasche greifen würden, waren es im letzten Jahr laut Schmitz bereits mehr als die Hälfte (51 Prozent). 



Diese Ergebnisse stehen nur auf den ersten Blick im Widerspruch zum zuvor attestierten Preisfokus der Konsumenten. Denn „in den letzten Jahren hat auch das Qualitätsempfinden der Verbraucher gegenüber Eigenmarken von Discountern erheblich zugenommen“, weiß Experte Schmitz. Sie würden von den Konsumenten „längst nicht mehr nur als günstigere Alternative zu Markenprodukten gesehen, sondern können auch in Sachen Qualität überzeugen“. Ein Beispiel dafür sind Bio-Produkte.

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So ist der Umsatz mit Bio-Produkten im Jahr 2023 um deutliche 8,3 Prozent gestiegen, der Absatz entwickelte sich mit plus 3,9 Prozent ebenfalls positiv. Statt den Kauf von Bio-Produkten zu reduzieren oder sogar komplett darauf zu verzichten, würden die Shopper zunehmend zu den Eigenmarken greifen. „Dies wird auch durch den Ausbau der Bio-Sortimente der Händler begünstigt“, bemerkt Schmitz. Und auch hier liegen wiederum die Discounter vorn. So bezeichnet sich Aldi Süd als „Bio-Händler Nr. 1“ im eigenen Verkaufsgebiet. Der Anteil an Bio-Produkten im Standardsortiment beläuft sich auf 16 Prozent. Seit 2020 ist der Umsatz mit Bio-Produkten bei Aldi Süd um über 30 Prozent gestiegen.

Klingt ganz so, als würde der Discountboom wohl noch eine Weile anhalten.

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