Wirtschaft von oben #264: Fabrikboom in Mexiko Satellitenbilder zeigen die neue Boom-Stadt Nordamerikas

Quelle: LiveEO/Sentinel

Claudia Sheinbaum ist die erste Präsidentin Mexikos. Das Land erlebt derzeit einen Industrieboom, den Sheinbaum weiter vorantreiben will: Ausländische Unternehmen ziehen Fabriken hoch, angelockt von niedrigen Fertigungskosten und der Nähe zum Absatzmarkt USA. Exklusive Satellitenbilder zeigen, wie schnell die neuen Werke heranwachsen und wo deutsche Unternehmen investieren. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Keine drei Fahrtstunden von Texas entfernt liegt die neue Boomtown Nordamerikas: Die Millionenstadt Monterrey im Nordosten Mexikos, zwischen Bergen gelegen, ist bei ausländischen Investoren gerade so beliebt wie wenige andere Regionen auf der Welt.

Der Elektroautobauer Tesla etwa will in der Nähe der Stadt die weltweit größte Fabrik für Elektroautos bauen, geplante Investition: fünf Milliarden US-Dollar. Unilever errichtet für 400 Millionen Euro ein neues Werk für Körperpflegeprodukte. Bosch zieht eine Fertigung für 600.000 Kühlschränke pro Jahr hoch, Kostenpunkt: 260 Millionen Dollar. Und das sind nur drei Beispiele von vielen. Exklusive Satellitenbilder von LiveEO zeigen, wie schnell die neuen Werke heranwachsen und wo deutsche Unternehmen jetzt investieren.

Mexikos Industrie – sie boomt, das ist die gute Nachricht in dem Land, das ansonsten mit großen Problemen kämpft: Grassierende Bandenkriminalität, Drogenschmuggel, Armut. Baustellen, mit denen sich nun Claudia Sheinbaum beschäftigen muss: Die 61-jährige Kandidatin der links-nationalen Partei Morena wurde am Sonntag zur neuen Staatspräsidentin gewählt.

Erstmals wird mit Sheinbaum eine Frau Staatspräsidentin. Die studierte Physikerin und Klimawissenschaftlerin ließ im Wahlkampf durchblicken, dass sie Mexiko unter anderem bei erneuerbaren Energien voranbringen möchte. Da müssten ihr Projekte wie Teslas Elektroautofabrik sehr willkommen sein.

Dass US-Konzerne wie Tesla nach Mexiko streben, hat mit dem Trend des Nearshorings zu tun: Statt am anderen Ende der Welt Produkte produzieren zu lassen, ziehen Unternehmen ihre Fertigungen wieder näher an die jeweiligen Absatzmärkte. 

Auslöser dafür waren die Lieferkettenprobleme während der Coronapandemie, Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China, geopolitische Krisen wie der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Nicht zuletzt lockt Mexiko mit niedrigen Fertigungskosten. 

Das Land, das sich eine 3000 Kilometer lange Grenze mit den USA teilt, wird zur neuen Werkbank für Nordamerika.  Im ersten Halbjahr 2023 betrugen investierten ausländische Unternehmen 29 Milliarden Dollar im Land – 40 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. 

Bilder: LiveEO/Google Earth/Maxar, LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Pleiades

Vor allem bei der Automobilbranche ist Mexiko schon seit langem enorm beliebt. Weltkonzerne wie General Motors, Volkswagen, Audi oder BMW betreiben 37 Werke in dem Land und produzieren rund vier Millionen Autos im Jahr. Hinzu kommen große Autozulieferer wie ZF Friedrichshafen. Nun planen sie massive neue Investitionen in zweistelliger Milliardenhöhe. 

Bilder: LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Pleiades

Volkswagen hat schon 2022 Investitionen von 763 Millionen Dollar angekündigt, unter anderem in eine Lackieranlage und eine neue Produktionslinie. Nun will VW eine weitere Milliarde Dollar investieren. Nissan will 700 Millionen in eine Fertigungslinie für ein neues Modell stecken. Kia weitet für rund 400 Millionen Dollar sein Werk in Pesquería aus und will dort auch ein Elektromodell herstellen. 

Überhaupt dreht sich in Mexikos Autosektor vieles um die Elektromobilität: General Motors baut sein Werk im Bundesstaat Coahuila für eine Milliarde Dollar um – und will dort bereits ab diesem Jahr Elektroautos herstellen. BMW hat angekündigt, mit 860 Millionen Dollar sein Werk in San Luis Potosí aufzumotzen – und will dort Batterien und seine neue Generation von Elektroautos herstellen.

BMW-Werk San Luis Potosí, Bundesstaat San Luis Potosí, Mexiko

15.01.2024: Das Werk von BMW in San Luis Potosí ist seit dem Jahr 2019 in Betrieb. Ab dem Jahr 2027 sollen hier neue Elektroautos und Batterien gebaut werden.

Bild: LiveEO/SPOT

Der Boom lockt auch Autozulieferer ins Land. LG-Magna e-Powertrain, ein Joint Venture zwischen LG Electronics und dem kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna, feierte im April 2022 die Grundsteinlegung für ein neues Werk in Ramos Arizpe, etwa 75 Kilometer entfernt von Monterrey. Innerhalb von eineinhalb Jahren wurde die Anlage fertiggestellt, wie die Satellitenbilder belegen.

Bilder: LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Pleiades

Der deutsche Autozulieferer ZF wiederum, der 25.000 Mitarbeiter in Mexiko beschäftigt, hat vor wenigen Wochen in Monterrey ein Forschungszentrum für elektrische und autonome Fahrzeuge eröffnet. Binnen vier Jahren will ZF eine Milliarde Dollar in Mexiko investieren.

Monterrey, Bundesstaat Nuevo León, Mexiko

03.04.2024: Keine drei Fahrtstunden von Texas entfernt liegt die neue Boomtown Nordamerikas: Monterrey. In der Millionenstadt im Nordosten Mexikos, hübsch gelegen zwischen Bergen, sind zahlreiche neue Fabriken im Bau oder geplant – auch von deutschen Unternehmen.
1: LG-Magna e-Powertrain zieht hier ein Werk hoch.
2: Tesla plant hier die größte Elektroautofabrik der Welt.
3: Quanta Computer aus Taiwan plant ein Elektronikwerk für eine Milliarde Dollar.
4: Hier entsteht ein neues Kühlschrankwerk der Bosch-Tochter BSH.
5: Kuka Home aus China stellt hier Möbel her.
6: Das neue Werk des chinesischen Elektronikkonzerns Hisense.
7: 400 Millionen Dollar investiert Unilever in eine Fabrik für Körperpflegeprodukte.
8: Lego baut hier seine weltgrößte Fabrik aus.
9: Der französische Autozulieferer Faurecia hat hier vor einem Jahr ein Werk für Innenausstattung eröffnet.
10: Der deutsche Autozulieferer ZF Friedrichshafen hat ein neues Forschungszentrum eröffnet.

Bild: LiveEO/Sentinel

Der Trend zum Nearshoring macht Mexiko zur ernsten Konkurrenz für China, das in den vergangenen Jahrzehnten eine führende Werkbank für die USA gewesen ist. Im Jahr 2023 hat Mexiko China als größten Handelspartner der USA überholt.

Aber auch chinesische Unternehmen siedeln zunehmend Fabriken in Mexiko an, etwa der Felgenhersteller Citic Dicastal, der Autozulieferer Ningbo Xusheng Group oder der Hausgerätehersteller Hisense, wie die Satellitenbilder zeigen.

Bilder: LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Google Earth/Maxar, LiveEO/Pleiades

Berichten der „Financial Times“ zufolge planen die chinesischen Elektroautohersteller MG, BYD und Chery jeweils eigene neue Werke in Mexiko. Allein die Fabrik von MG soll bis zu zwei Milliarden Dollar kosten. Die USA erheben hohe Importzölle auf chinesische Autos, doch mit Mexiko gibt es ein Freihandelsabkommen. So könnte Mexiko zur Hintertür für die massiv wachsende chinesische Autoindustrie werden – und das geplante Tesla-Werk hätte seine chinesischen Konkurrenten gleich vor der Haustür.

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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