Die hartnäckige Inflation und lahmende Konjunktur in Deutschland trüben die Verbraucherlaune. Das Barometer für das Konsumklima im Juli sinkt überraschend auf minus 21,8 Punkte von revidiert minus 21,0 Zählern im Vormonat, wie die GfK und das Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) am Mittwoch mitteilten.
Die Forscher ermitteln auf Basis einer aktuellen Umfrage unter rund 2000 Verbrauchern die Konsumlaune jeweils für den Folgemonat. Von Reuters befragte Volkswirte hatten einen Anstieg auf minus 18,9 Punkte erwartet.
Nachdem das Barometer vier Monate in Folge nach oben zeigte, trübte sich die Laune nun wieder leicht ein. Ob die Fußball-EM als Stimmungsheller wirkt, muss sich noch herausstellen: Die Befragung für die aktuelle Analyse lief vom 30. Mai bis zum 10. Juni und endete damit vor Beginn des Fußballspektakels in Deutschland, das noch bis zum 14. Juli geht. Laut NIM-Konsumexperte Rolf Bürkl sorgte die zuletzt gestiegene Inflationsrate für mehr Verunsicherung unter den Konsumenten. Die gegenwärtige Kaufzurückhaltung sei zu einem wesentlichen Teil auf steigende Preise zurückzuführen. Wenn die privaten Haushalte mehr für Nahrungsmittel und Energie aufwenden müssten, fehle das Budget zum Kauf teurer Güter wie etwa Autos oder Möbel.
Schneller schlau: Inflation
Wenn die Preise für Dienstleistungen und Waren allgemein steigen – und nicht nur einzelne Produktpreise – so bezeichnet man dies als Inflation. Es bedeutet, dass Verbraucher sich heute für zehn Euro weniger kaufen können. Kurz gesagt: Der Wert des Geldes sinkt mit der Zeit.
Die Inflationsrate, auch Teuerungsrate genannt, gibt Auskunft darüber, wie hoch oder niedrig die Inflation derzeit ist.
Um die Inflationsrate zu bestimmen, werden sämtliche Waren und Dienstleistungen herangezogen, die von privaten Haushalten konsumiert bzw. genutzt werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) beschreibt das wie folgt: „Zur Berechnung der Inflation wird ein fiktiver Warenkorb zusammengestellt. Dieser Warenkorb enthält alle Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte während eines Jahres konsumieren bzw. in Anspruch nehmen. Jedes Produkt in diesem Warenkorb hat einen Preis. Dieser kann sich mit der Zeit ändern. Die jährliche Inflationsrate ist der Preis des gesamten Warenkorbs in einem bestimmten Monat im Vergleich zum Preis des Warenkorbs im selben Monat des Vorjahrs.“
Eine Inflationsrate von unter zwei Prozent gilt vielen Experten als „schlecht“, da sie ein Zeichen für schwaches Wirtschaftswachstum sein kann. Auch für Sparer sind diese niedrigen Zinsen ein Problem. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflation von zwei Prozent an.
Deutlich gestiegene Preise belasten Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie können sich für ihr Geld weniger leisten. Der Privatkonsum ist jedoch eine wichtige Stütze der Konjunktur. Sinken die Konsumausgaben, schwächelt auch die Konjunkturentwicklung.
Von Disinflation spricht man, wenn die Geschwindigkeit der Preissteigerungen abnimmt – gemeint ist also eine Verminderung der Inflation, nicht aber ein sinkendes Preis-Niveau.
Die GfK fragt regelmäßig ab, ob die Verbraucher es derzeit für ratsam halten, größere Anschaffungen zu tätigen. Dieser Indikator verharrt laut den Nürnberger Forschern seit mehr als zwei Jahren auf einem überaus niedrigen Niveau. Im Juni verliert er 0,7 Zähler und weist nun minus 13 Punkte auf.
Auch mit der Einkommenserwartung der Verbraucher ging es nach unten: Nach zuletzt vier Anstiegen in Folge verliert der Indikator 4,3 Zähler und sinkt auf 8,2 Punkte. Wesentlicher Grund für den moderaten Rückgang dürfte demnach auch hier der Anstieg der Inflationsrate sein.
Inflation trübt Einkommenserwartung
Die Teuerungsrate stieg im Mai auf 2,4 Prozent, nachdem sie im März und April jeweils bei 2,2 Prozent lag. Sie hat sich damit wieder etwas von dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent entfernt. Der Einfluss der Inflation auf die Einkommenserwartung wird durch eine ebenfalls im Juni erhobene Studie des NIM zu den Einkommenserwartungen bestätigt: So nannten gut 62 Prozent der Befragten die steigenden Preise als wesentlichen Grund für Einkommenspessimismus.
Auch, dass die Konjunktur hierzulande nicht aus dem Knick kommt, lastet auf der Konsumlaune. Die Hoffnungen der Deutschen auf eine zügige wirtschaftliche Belebung im Verlauf dieses Jahres haben im Juni einen Dämpfer erhalten. Nach vier Anstiegen in Folge verliert der Konjunkturindikator 7,3 Zähler und sinkt auf 2,5 Punkte.
Auch in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich die Stimmung im Juni überraschend verschlechtert, wie aus dem Ifo-Geschäftsklima abzulesen ist. Die deutsche Wirtschaft tue sich schwer, die Stagnation zu überwinden, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Sein Institut rechnet 2024 mit einem sehr verhaltenen Wirtschaftswachstum von 0,4 Prozent. Die Wirtschaft ist Anfang des Jahres knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Es ging zwischen Januar und März um 0,2 Prozent bergauf.
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