Digitaler Euro „Der digitale Euro kann eine große Chance für die Banken sein“

Quelle: imago images

Mit dem digitalen Euro arbeitet die Europäische Zentralbank an einem ihrer umstrittensten Projekte. Was jetzt auf Verbraucher zukommt, erklärt Burkhard Balz von der Deutschen Bundesbank im Interview.

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WirtschaftsWoche: Herr Balz, wie viel Bargeld haben Sie gerade im Portemonnaie?
Burkhard Balz: Etwa 150 Euro. Ich habe immer Bargeld in der Tasche, damit ich im Zweifelsfall die Dinge des täglichen Bedarfs bezahlen kann. Meistens bezahle ich aber mit Karte oder Handy. Auch auf Reisen tausche ich kaum noch Bargeld um. Früher bin ich immer mit Bargeld ins Ausland gefahren, heute geht alles digital.

Seit mehr als zwei Jahren arbeitet die Europäische Zentralbank (EZB) an einer digitalen Währung. Brauchen wir die wirklich – oder ist der digitale Euro so attraktiv wie „alkoholfreier Wein“, wie der Ökonom Peter Bofinger lästert?
Wir brauchen einen digitalen Euro, weil wir uns in einer zunehmend digitalen Welt befinden. Das betrifft auch den Finanzsektor und die Zentralbanken. Unser Kernprodukt bleibt zwar das Bargeld. Aber wir müssen uns Gedanken über dessen Zukunft machen. Fakt ist: Die Bargeldnutzung geht zurück, auch in Deutschland. Wir müssen unser Kernprodukt für die digitale Welt ergänzen. In allen relevanten Volkswirtschaften der Welt beschäftigen sich die Zentralbanken derzeit mit Digitalwährungen. Da kann das Eurosystem nicht tatenlos zuschauen.

Kritiker befürchten aber, dass mit dem Einstieg in den digitalen Euro die weitgehende Abschaffung des Bargelds eingeleitet wird.
Eindeutig nein! Um es klar zu sagen: Wir reden hier über eine Ergänzung zum Bargeld. Bundesfinanzminister Christian Lindner spricht immer von digitalem Bargeld. Wir wollen auch in Zukunft weiter Bargeld in physischer Form anbieten.

Quelle: Dirk Beichert

Zur Person

Was haben Verbraucher konkret von einem digitalen Euro?
Er wäre die erste europäische digitale Bezahloption, die überall im Euroraum funktionieren würde. Die Menschen hätten dann die Wahlfreiheit, ob sie mit Bargeld oder digital bezahlen möchten. Für uns ist wichtig, dass man in der digitalen Welt nicht nur mit privaten Zahlungsformen, sondern auch mit offiziellem Geld bezahlen kann. Letztlich geht es aber auch um eine gewisse Unabhängigkeit und Souveränität, die wir im Euroraum brauchen.

Die Europäische Zentralbank hat für die neue digitale Währung eine Haltegrenze von 3000 Euro angedacht. Bleibt es dabei?
Das ist noch nicht entschieden. Es laufen weitergehende Untersuchungen. Diskutiert werden Beträge zwischen 500 und 3000 Euro.

Wären 3000 digitale Euro Guthaben auf dem Wallet denn ausreichend oder würde das die Währung für viele Verbraucher unattraktiv machen?
Diese Sorge ist unnötig, denn wir arbeiten an Mechanismen, die es ermöglichen, auch höhere Beträge zu bezahlen. Wenn Sie zum Beispiel einen Gebrauchtwagen für 10.000 Euro kaufen, dann könnten Sie einen Teil mit dem Guthaben an digitalen Euro auf Ihrem Wallet bezahlen und der Restbetrag wird automatisch von Ihrem Konto bei Ihrer Hausbank abgebucht. Hier werden wir eng mit der Kreditwirtschaft zusammenarbeiten.

Wie wollen die Notenbanken den digitalen Euro in Umlauf bringen?
Wir haben als nationale Zentralbank kein Interesse daran, in Deutschland potenziell mehr als 84 Millionen Konten zu eröffnen. Dafür hätten wir auch gar nicht die Ressourcen. Wir wollen das Thema in enger Kooperation mit der deutschen Kreditwirtschaft angehen und entwickeln. Es wird am Ende ein Wallet geben, das wir möglichst in die App der Banken integrieren.

Die konkrete Umsetzung des Projekts ist im November angelaufen und auf rund zwei Jahre angesetzt. Wie geht es nun weiter?
Zunächst kümmern wir uns um die technischen Fragen. Danach konzentrieren wir uns auf das Marketing, um das neue digitale Geld einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Das haben wir vor 25 Jahren bei der Einführung des Euro ähnlich gemacht. Außerdem wollen wir in der Vorbereitungsphase die Arbeiten am sogenannten Rule Book abschließen. Das ist ein Regelwerk zur Nutzung für alle Beteiligten. Es geht um die Frage: Wie arbeiten Zentralbanken, Kreditwirtschaft, andere Zahlungsdienstleister und Händler in Zukunft zusammen?

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Die Einführung eines digitalen Euro birgt auch Risiken, insbesondere für Geschäftsbanken. Bankkunden könnten einen großen Teil ihrer Giroguthaben abziehen, Banken eine stabile Refinanzierungsquelle für ihre Kredite verlieren.
Genau dagegen soll ja die besprochene Haltegrenze helfen! Wir sollten auch nicht vergessen, dass der digitale Euro eine große Chance für die Banken sein kann. In der neuen Infrastruktur, die für den digitalen Euro geschaffen wird, können sie neue Dienstleistungen entwickeln und verkaufen. Ich sage ganz klar: Der digitale Euro ist ein Projekt, bei dem Banken und Zentralbanken miteinander arbeiten sollten. Und nicht gegeneinander.

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