Follow the money Wie Geldwäsche besser bekämpft werden kann

Quelle: imago images

Deutschland verliert jedes Jahr einen dreistelligen Milliardenbetrag durch Steuerkriminelle – das ist nicht hinnehmbar. Wer die dicken Fische fangen will, muss agil auf allen Ebenen sein. So kann es gelingen. Ein Gastbeitrag.

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Bei der Bekämpfung von Geldwäsche hat Deutschland erhebliche Defizite: Die Behördenstruktur ist zersplittert, klare Zuständigkeiten fehlen, Daten werden nicht zusammengeführt und ergeben oft kein klares Bild bei hochkomplexen Kriminalitätsphänomenen, lautet die Bilanz der Financial Action Task Force (FATF). Als eine der größten Volkswirtschaften der Welt, mit einer exportorientierten Wirtschaft, ist die Bundesrepublik erheblichen Risiken im Bereich der Geldwäsche ausgesetzt. Zu oft fangen wir aber nur kleine Fische, weil die großen Fische wissen, wie sie unsere Netze umgehen. Laut Schätzungen verliert Deutschland pro Jahr einen dreistelligen Milliardenbetrag durch Steuerkriminelle – das ist in einem starken Rechtsstaat schlicht nicht hinnehmbar.

Deshalb bekommt Nordrhein-Westfalen jetzt eine eigene Zentralbehörde für die Bekämpfung von Finanzkriminalität – es ist die erste dieser Art in einem Bundesland. Sie soll künftig die großen Fische aus dem Ozean der Steuerverbrechen und Geldwäsche ziehen. Denn mit unseren Behörden haben wir bisher nur einen schwergängigen Tanker auf die Jagd geschickt. Wir brauchen aber ein Schnellboot – eins, das wendig, agil und mit einer starken Maschine ausgestattet ist.

Das „Landesfinanzkriminalamt“ – so der Arbeitstitel der neuen Behörde – soll noch in diesem Jahr zu Wasser gelassen werden. Wir legen damit ein ambitioniertes Tempo vor. Und genau das dürfen die ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in unserem Land von uns erwarten. Sie sind es, die wir bei der Gründung des Finanzkriminalamtes im Sinn haben.

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Es geht um Gerechtigkeit für diese Menschen. Denn gerecht ist es gerade nicht, wenn sich Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Jahr für Jahr hinsetzen, nach bestem Wissen und Gewissen akkurat die Steuererklärung ausfüllen und mit ihrem Beitrag unser Gemeinwesen vom Straßenbau über Bildung bis zur inneren Sicherheit tragen – und dann kommen kriminelle Clans, organisierte Banden, Terrorunterstützer, Kriegstreiber oder skrupellose Heuschrecken, die sich an diesem Geld bedienen und der Gemeinschaft so ihre finanzielle Grundlage entziehen.

Zudem geht es um Sicherheit für die Menschen in unserem Land. Denn ohne das Geschäft mit Steuerhinterziehung und Geldwäsche wäre ein Großteil der organisierten Kriminalität – ob Menschen-, Drogen- oder Waffenhandel – kaum so lukrativ.

Der Staat muss deshalb seine Fangmethoden weiterentwickeln und verfeinern. Wenn Europol oder die Europäische Staatsanwaltschaft künftig bei Ermittlungen Hinweise auf Steuerdelikte in Nordrhein-Westfalen haben, gibt es hier eine zentrale Ansprechstelle mit Spezialistinnen und Spezialisten für diese Fälle, die alle Erkenntnisse bündeln, bis die Puzzlestücke ein klares Bild ergeben, das taugt, um zuzuschlagen und anzuklagen. Und insbesondere: um das Geld der Steuergemeinschaft zurückzuholen.

In der schnelllebigen Welt ständig neuer Betrugsmaschen hat sich das Prinzip „Follow the money“ als der effektivste Ansatz erwiesen, um die Drahtzieher zu enttarnen und Steuergeld zurückzuholen. Nordrhein-Westfalen verfügt mit seiner interdisziplinären Task Force aus Landeskriminalamt, Steuerfahndung und Justiz über weitreichende Erfahrungen und Erfolge im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche und damit über eine gute Basis für das neue Finanzkriminalamt.



Es soll moderne, vernetzte Ermittlungsarbeit institutionell verankern, weil die Spur des Geldes Behördengrenzen mühelos, oftmals im Zickzack überschreitet und die Verfolgung nur ressortübergreifend gelingen kann.

Die Spur des Geldes überschreitet nicht nur Behördengrenzen, sondern auch regionale und nationale Grenzen, jene zwischen analoger und virtueller Welt. Wenn wir dranbleiben wollen, müssen wir schlagkräftig, agil, digital und technologieoffen auf allen föderalen Ebenen sein.

Wir brauchen schnelle Entscheidungen, kurze Abstimmungswege und die Erprobung neuer forensischer Ermittlungsmethoden wie dem Einsatz von künstlicher Intelligenz gegen Cum-ex und Co. Bei der Jahresfinanzministerkonferenz Anfang Juni haben sich die Länder dem gemeinsamen Kampf gegen Geldwäsche verpflichtet.

Aber es ist wichtig, dass der Bund ebenfalls zur Tat schreitet und eine Bundesbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität aufbaut. Das muss der zuständige Finanzminister Christian Lindner möglichst rasch tun, damit der Wissens- und Datentransfer funktioniert.

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Wir sind in Deutschland gemeinsam am stärksten – Bund und Länder, von Flensburg bis Garmisch, vom Selfkant bis Rügen. Wir schließen die Schlupflöcher gemeinsam. Unser Fangnetz muss so eng gestrickt sein, dass keine Lücken mehr bleiben für die großen Fische, und so weithin ausgeworfen, dass sie es nicht umgehen können. Das gebietet die Gerechtigkeit gegenüber den Millionen redlichen Bürgerinnen und Bürgern, die unseren Staat tragen.

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