Erwerbsminderungsrente Seit 1. Juli 2024 gilt der neue Rentenwert – was das für Betroffene bedeutet

Weit über 300.000 Menschen pro Jahr beantragen in Deutschland Erwerbsminderungsrente.  Quelle: Photodisc/Getty Images

350.000 Menschen in Deutschland stellen pro Jahr einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Doch nicht jeder bekommt sie auch. Vorher muss eine Reihe von Hürden überwunden werden. Ein Überblick.

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​​​Werden Arbeitnehmer länger krank, leidet darunter auch das Berufsleben. Der bisherige Job und die erhoffte Karriere müssen manchmal sogar ganz oder teilweise aufgegeben werden. Dann spielt auch die Erwerbsminderungsrente eine Rolle. Für wen sie wichtig wird, wie Sie sie beantragen und was sich 2024 noch ändert. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Erwerbsminderungsrente im aktuellen Überblick.

Erwerbsminderungsrente: Richtlinie, Erhöhung & Hinzuverdienst 2024

Was ist die Erwerbsminderungsrente?

Die Erwerbsminderungsrente ist eine Art frühzeitige Rente, die greift, wenn die bisherige Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr im gleichen Umfang ausgeübt werden kann. In solchen Fällen sinkt logischerweise der Verdienst oder fällt komplett weg. Die Erwerbsminderungsrente hilft, diese Einbußen zu kompensieren. Aber: Nicht jeder, der über einige Zeit krank ist, bekommt Erwerbsminderungsminderungsrente. Vor allem nicht in voller Höhe. Es müssen genaue Voraussetzungen erfüllt sein. Zuständig für die Prüfung und Auszahlung ist die Deutsche Rentenversicherung. Zur deutschen Rentenversicherung gehören alle gesetzlichen Rentenversicherer.

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Wer bekommt Erwerbsminderungsrente und welche Bedingungen müssen dafür erfüllt sein?

Erkranken Beschäftigte, wird der Lohn zunächst weiter vom Arbeitgeber gezahlt. Der kann sich die Kosten später unter Umständen von der Krankenkasse erstatten lassen. Erst, wenn es um schwere Erkrankungen geht, die die Arbeitsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigen (mindestens sechs Monate), kommt die Erwerbsminderungsrente ins Spiel.

Die bekommt in Deutschland auch nur, wer schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen hat, das reguläre Renteneintrittsalter aber noch nicht erreicht hat. Das hängt vom Geburtsjahr ab und steigt nach und nach auf 67 Jahre. Voraussetzung ist zudem, dass wegen der Gesundheit nur noch weniger als sechs Stunden Arbeit am Tag möglich sind. Für einen vollen Anspruch wären es sogar weniger als drei Stunden am Tag. (Bei Geburt bis einschließlich 1. Januar 1961 gilt eine abgemilderte Sonderregelung.)

Für viele Selbständige kommt eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente aber nicht in Frage, denn sie müssen bis auf einige Berufe nicht in die Rentenversicherung einzahlen und erhalten von daher auch keine Zahlungen der Deutschen Rentenversicherung bei Erwerbsminderung. Sie können etwa durch eine private Berufsunfähigkeitsversicherung vorsorgen. Freiwillige gesetzliche Rentenbeiträge reichen für einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente nicht aus. Das Thema betrifft daher vorwiegend Arbeitnehmer.

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Sie müssen in der Regel eine sogenannte Wartezeit von fünf Jahren durchlaufen haben, um Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente zu haben. Gemeint ist: Arbeitnehmer müssen mindestens fünf Jahre bei der deutschen Rentenversicherung versichert gewesen sein, bevor sie überhaupt eine Erwerbsminderungsrente erhalten können. Davon müssen sie in mindestens drei Jahren Pflichtbeiträge an die Deutsche Rentenversicherung gezahlt haben. Bei Schwangeren oder Menschen in Elternzeit gibt es Ausnahmeregeln.

In der Praxis gibt es zudem einzelne Konstellationen, in denen auch Selbständige Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben können. Zum Beispiel, wenn zusätzlich zur selbständigen Tätigkeit ein weiteres Angestelltenverhältnis besteht  – unter Umständen kann so eben doch eine Rentenpflichtversicherung entstehen. 

Aber auch Selbstständige ohne Nebenjob können in Ausnahmefällen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben. Dazu kann es zwei Jahre lang kommen, wenn sie weiter freiwillige Rentenbeiträge zahlen und vorher Pflichtbeiträge gezahlt haben. Ein dauerhafter Anspruch besteht nur, wenn Selbstständige sich auf Antrag pflichtversichern lassen – oder wenn aufgrund der Tätigkeit eine Pflichtversicherung besteht (wie bei Handwerkern, Künstlern und Publizisten, Hebammen und freiberuflichen Lehrern).

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Um welche Krankheiten geht es bei der Erwerbsminderungsrente?

Es lässt sich nicht pauschal beantworten bei welchen Krankheiten eine Erwerbsminderungsrente zugestanden wird. Denn: Krankheitsgeschichten fallen unterschiedlich aus. Die Schwere der Krankheit wird jeweils individuell beurteilt. In vielen Fällen geht es aber um schwerwiegende Muskel-, Nerven-, Knochen- oder Stoffwechselerkrankungen. Auch Krebserkrankungen sind typisch. Sind psychische Krankheiten gravierend, ist eine Anerkennung ebenfalls möglich.

Muss ich eine Erwerbsminderungsrente beantragen?

Ja. Um eine Erwerbsminderungsrente zu bekommen, muss ein Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt werden. Das kann man in einer Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung machen – oder online auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung. Online muss man dafür ungefähr 45 Minuten Zeit einplanen. Das gilt aber auch nur, wenn man die entsprechenden Unterlagen vorher bereit liegen hat. Sonst dauert das Ganze länger.

Theoretisch ist es auch möglich, die Erwerbsminderungsrente formlos in einem Schreiben zu beantragen. Dann meldet sich die Deutsche Rentenversicherung zurück und fordert weitere Unterlagen an. Die können per Post oder online eingereicht werden.

Welche Unterlagen brauche ich für den Antrag auf Erwerbsminderungsrente?

Damit es mit der Beantragung und der Auszahlung der Erwerbsminderungsrente schnell geht, sollte man also gleich alle Unterlagen parat haben. Dazu zählen zum einen Personendaten und die Versicherungsnachweise, zum anderen Dokumente zum Krankheitsverlauf. Im Einzelnen sind das:

  • Kontonummer (IBAN) und Steuer-ID
  • Kranken- und Pflegeversicherungsausweise/-Nummern
  • Versicherungsnummer (steht z.B. auf alten Schreiben zur Rente, Gehaltsabrechnung, Meldung zur Sozialversicherung oder dem Sozialversicherungsausweis)
  • Versicherungsunterlagen für Zeiten ohne Berufstätigkeit, z.B. Nachweise über Ausbildungszeiten, Bescheide über Sozialleistungen
  • Bei Antragstellung durch eine andere Person: Vollmacht oder Betreuungsurkunde sowie gültiges Personaldokument (wie etwa Geburtsurkunde oder Stammbuch in bestätigter Kopie)

Zum Krankheitsverlauf müssen bei der Erwerbsminderungsrente zusätzlich noch folgende Dokumente vorgelegt werden:

  • Angaben über behandelnde Ärztinnen und Ärzte
  • Eine ärztlich dokumentierte Auflistung der Krankheiten und deren Auswirkungen (die Rentenversicherung spricht von „Gesundheitsstörungen“)
  • Dokumente und vorherige Bescheide von Krankenkassen, Arbeitsagenturen oder Berufsgenossenschaften zum Gesundheitsstatus und zu Krankenkassen
  • Angaben zu Krankenhaus- und Reha-Aufenthalten der letzten Jahre
  • Aufstellung der beruflichen Tätigkeiten
  • Bei Behinderungen: Behindertenausweis bzw. Feststellungsbescheide zum Grad und zur Art der Behinderung
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Erwerbsminderungsrente: Was passiert nach der Antragstellung?

Bis es tatsächlich zur Auszahlung der Erwerbsminderungsrente kommt, müssen Arbeitnehmer einige Hürden überwinden. Nach dem Antrag werden die eingereichten Unterlagen von Ärzten, Krankenkasse und Behörden geprüft. Die Deutsche Rentenversicherung achtet dabei nicht nur darauf, ob die medizinischen Voraussetzungen erfüllt werden. Es geht auch um Alternativen. Wichtig ist vor allem die Frage, ob man trotz Krankheit früher oder später wieder auf den Arbeitsmarkt zurückkehren kann. Entweder in den vorherigen Beruf – oder in einen anderen Beruf, der zum Beispiel weniger körperliche Belastung mit sich bringt – wenn eine Berufsunfähigkeit, aber keine Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Der Unterschied: Bei einer Berufsunfähigkeit kann nicht mehr im bisher ausgeübten Beruf gearbeitet werden. Bei einer Erwerbsunfähigkeit kann in gar keinem Beruf mehr gearbeitet werden.

Für die Rückkehr sollen die Erkrankten Rehas absolvieren. Die Deutsche Rentenversicherung spricht selbst vom Grundsatz „Reha vor Rente“. So ganz schnell gibt es eine Erwerbsminderungsrente also nicht. Wenn die Krankheit aber so schwer ist, dass eine Reha das Problem nicht lösen kann, kann eine Erwerbsminderungsrente infrage kommen. Die wird dann entweder in abgestufter oder in voller Höhe ausgezahlt. 

Das hängt davon ab, ob nach Beurteilung der Rentenversicherung eine volle oder eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Die Anerkennung ist im Regelfall befristet und höchstens drei Jahre gültig. Nach Ablauf der Frist muss die Erwerbsminderungsrente neu beantragt werden. Nur wenn eindeutig keine gesundheitliche Besserung zu erwarten ist, wird langfristig weitergezahlt. 

Sind sich Rentenversicherung und Betroffene uneinig darüber, wie viel Arbeit noch möglich ist – und wie viel Erwerbsminderungsrente daher angemessen ist –, kann es kompliziert werden. Im Zweifel droht ein langwieriger Streit. Wirken die eingereichten Unterlagen nicht plausibel, können weitere Nachweise eingefordert werden. Zudem kann die Rentenversicherung selbst durch Leistungstests oder eigene Gutachter prüfen lassen, wie krank jemand tatsächlich ist.

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Was ist der Unterschied zwischen voller und teilweiser Erwerbsminderung?

Bei der Unterscheidung zwischen voller und teilweiser Erwerbsminderung, die darüber entscheidet, was am Ende ausbezahlt wird, geht es unter anderem um die tägliche Arbeitszeit. 

Eine volle Erwerbsminderung gibt es, wenn die Krankheit so schwer ist, dass ein Arbeitnehmer weniger als drei Stunden täglich arbeiten kann – egal in welchem Beruf. In dem Fall wird die Erwerbsminderungsrente meist in voller Höhe ausgezahlt.  Behinderte Menschen, die in Werkstätten arbeiten, gelten grundsätzlich als voll erwerbsgemindert.

Gilt man als teilweise erwerbsgemindert, wird davon ausgegangen, dass man zwar weniger als sechs Stunden, aber weiterhin mindestens drei Stunden am Tag arbeiten kann. Dann gibt es den halben Betrag. Eine Sonderregelung gibt es für Menschen, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind: Sie können auch bei Berufsunfähigkeit zumindest eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalten. Es geht also um Fälle, in denen zwar noch wenigstens sechs Stunden tägliche Arbeit möglich sind, aber nicht im bisherigen Beruf.

Wie hoch ist die Erwerbsminderungsrente? Und wie berechnet man sie?

Eine pauschale Summe oder Höhe der Erwerbsminderungsrente gibt es nicht. Sie fällt individuell aus und wird nach drei Faktoren, die miteinander multipliziert werden, bestimmt. 

Zum einen geht es um die Höhe und die Jahre der Einzahlungen in die Rentenversicherung. Dafür vergibt die Deutsche Rentenversicherung Punkte. Die richten sich nach dem Verhältnis des eigenen Einkommens im Vergleich zum deutschen Durchschnittsverdienst (im Jahr der Einzahlung). Wer zum Beispiel 70 Prozent des Durchschnittsverdienstes in einem Jahr bezogen hat, erhält 0,7 Punkte. Die heißen auch Renten- oder Entgeltpunkte. Der Hintergrund: Der Verdienst bestimmt auch die Höhe der Einzahlungen. Relevant wird später der Punkte-Durchschnitt aller Beitragsjahre.

Zum anderen geht es um die Art der Erwerbsminderung. Sie bestimmt den sogenannten Rentenartfaktor. Gilt man als vollständig erwerbsgemindert, beträgt der Rentenartfaktor 1,0. Ist man teilweise erwerbsgemindert, ist der Rentenartfaktor 0,5. 

Und dann geht es noch um den Rentenwert. Der wird jährlich bestimmt und war lange in West- und Ostdeutschland unterschiedlich. Seit dem 1. Juli 2023 beträgt der Rentenwert zum ersten Mal bundeseinheitlich 37,60 Euro. Zum 1. Juli 2024 ist er nun ein weiteres Mal gestiegen, um 4,57 Prozent. Der neue Rentenwert beläuft sich somit auf 39,32 Euro. Damit haben sich die Erwerbsminderungsrenten ebenfalls erhöht. Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung lobte die fortbestehende Angleichung des Rentenwertes in Folge der Bekanntgabe sowie die Höhe des Anstiegs. Diese positive Entwicklung stärkt die gesetzliche Rente als zentrale Säule der Alterssicherung in Deutschland", sagte Roßbach. Denn, die Renten steigen erneut stärker an als die Verbraucherpreise.

Wir zeigen ein Beispiel für die aktuelle Berechnung mit den neuen, seit 1. Juli 2024 geltenden Werten: Eine Person hat 35 Jahre in die Rentenversicherung einbezahlt. Im Durchschnitt dieser Jahre hat sie 0,7 Entgeltpunkte gesammelt. Wegen einer schweren Erkrankung bekommt sie eine volle Erwerbsminderungsrente. Der Rentenartfaktor beträgt also 1,0. Bei einer teilweisen Erwerbsminderung würde sich der Faktor entsprechend auf 0,5 reduzieren. 

Der Rentenwert liegt einheitlich bis Ende Juni 2024 bei 37,60 Euro. Danach sind es 39,32 Euro. 

Wie viel die Erwerbsminderungsrente beträgt, berechnet sich daher wie folgt: 35 Einzahlungsjahre x 0,7 Entgeltpunkte x 1,0 Rentenartfaktor x 39,32 Euro Rentenwert = 963,34 Euro. Unsere Person im Beispiel kann also mit 963,34 Euro Erwerbsminderungsrente rechnen. 

Das Beispiel ist vereinfacht und eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente. Die erhalten in der Regel Personen, die ab dem Jahr 2023 eine Erwerbsminderungsrente mit wenigstens 64 Jahren und 10 Monaten beziehen. 2024 liegt die Grenze bei 65 Jahren. Wer vor diesem Zeitpunkt Anspruch auf Erwerbsminderungsrente erhebt, muss Abschläge in Kauf nehmen. Pro Monat, um den die Erwerbsminderungsrente früher bezogen wird, beträgt der Abschlag 0,3 Prozent. Maximal werden jedoch 10,8 Prozent vom errechneten Betrag abgezogen.

Aber auch davon gibt es wieder eine Ausnahme: Personen, die als teilweise oder voll erwerbsgemindert gelten und auf 35 relevante Jahre in der Rentenkasse kommen, erhielten die Erwerbsminderungsrente zuletzt schon ab 63 Jahren abschlagsfrei. Von 2024 an sind dafür aber wenigstens 40 Jahre nötig, wobei auch Zeiten ohne eigene Beiträge (etwa in der Ausbildung) mitzählen können.

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Wie viel Geld kann man trotz Erwerbsminderungsrente verdienen?

Wer nun eine Erwerbsminderungsrente bezieht, fragt sich womöglich irgendwann, wie viel man noch dazu verdienen darf. Dabei gibt es Freibeträge (teils wird auch von Freigrenzen gesprochen). Die sind bei einer teilweisen Erwerbsminderung höher als bei einer vollen Erwerbsminderung. 2024 wurden sie noch einmal heraufgesetzt. Wer mehr verdient, muss mit Kürzungen der Erwerbsminderungsrente rechnen. Es gilt: 

Wurde eine teilweise Erwerbsminderung anerkannt, orientiert sich der Freibetrag am höchsten Verdienst der betroffenen Person in den letzten 15 Einzahlungsjahren. Die Rentenversicherung bestimmt ihn individuell. Es sind 2024 jedoch mindestens 37.117,50  im Jahr möglich (2023: 35.647,50 Euro).

Liegt eine volle Erwerbsminderung vor, ist die Grenze strikter gesetzt. Denn: Wer auf der einen Seite attestiert bekommen will, nicht mehr erwerbsfähig zu sein, kann nicht auf der anderen Seite mit einem hohen Verdienst auf sich aufmerksam machen. Der Wert ist allgemein gültig, ändert sich aber jedes Jahr. 2024 gilt ein maximaler Wert von 18.558,75 Euro für den Hinzuverdienst bei voller Erwerbsminderung (2023: 17.823,75 Euro).

Welche Vor- und Nachteile gibt es bei der Erwerbsminderungsrente?

Der bedeutendste Vorteil der Erwerbsminderungsrente liegt klar auf der Hand: Der Staat lässt Menschen, die vor dem Rentenalter schwer krank werden, nicht im Regen stehen.

Wie dargestellt, gibt es aber auch Nachteile: Einer davon ist die Beantragung und Anerkennung. Ganz unbürokratisch, selbst wenn die wesentlichen Schritte sowohl analog als auch digital erfolgen können, ist dieser Prozess nämlich nicht. Es müssen nicht nur diverse Dokumente vorgelegt werden. Zudem muss die deutsche Rentenversicherung die gesundheitliche Beeinträchtigung anerkennen. Das kann mitunter sehr kleinteilig werden. Hinzu kommt, dass der ausgezahlte Betrag auch bei voller Anerkennung nicht immer ausreicht. Dann ist man letzten Endes darauf angewiesen, sich doch etwas dazuzuverdienen oder andere Sozialleistungen zu beanspruchen. Die aufgezeigten Hinzuverdienstgrenzen zeigen, dass auch das nicht immer ohne Weiteres möglich ist.

Zuschlag und Erhöhung: Was ändert sich 2024 bei der Erwerbsminderungsrente?

Eine kleine Veränderung bei der Erwerbsminderungsrente gibt es 2024 zusätzlich. Sie ist zum 1. Juli 2024 in Kraft getreten. 

Ab diesem Zeitpunkt bekommen viele Empfänger von Erwerbsminderungsrenten einen pauschalen Zuschlag zum errechneten Auszahlungsbetrag. Den bekommen alle Betroffenen, die zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2018 erstmals eine Erwerbsminderungsrente bezogen haben. Dabei soll folgende gestaffelte Regelung gelten: 

  • Betroffene, die zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 30. Juni 2014 die Erwerbsminderungsrente zum ersten Mal erhalten haben, erhalten einen Zuschlag von 7,5 Prozent.
  • Wer hingegen zwischen dem 1. Juli 2014 und dem 31. Dezember 2018 erstmalig Erwerbsminderungsrente erhalten hat, dem steht ein pauschaler Zuschlag von 4,5 Prozent zu. Dies gilt seit dem 1. Juli 2024.

Dass der Zuschlag für die Betroffenen, die in späteren Jahren Erwerbsminderungsrente bezogen haben, nicht gilt, begründet die Deutsche Rentenversicherung damit, dass es 2014 und ab 2019 umfangreiche Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente gegeben hat, die den heutigen Standards bereits entsprechen. Diese Erhöhung der Beträge um 4,5 beziehungsweise 7,5 Prozent kostet den Bund, der letztlich dafür aufkommt, im Jahr 2024 1,3 und im Jahr 2025 2,6 Milliarden Euro. Sie wird zudem ergänzt durch die Erhöhung des Rentenwerts, welche seit 1. Juli 2024 gilt. Von den Zuschlägen profitieren rund drei Millionen Menschen. 

Der korrekte Zuschlag soll automatisch berücksichtigt werden. Ein Antrag ist nicht zu stellen. Allerdings kündigt die Deutsche Rentenversicherung auf ihrer Webseite an, dass die neuen Zuschläge von Juli 2024 an zunächst getrennt von der Erwerbsminderungsrente ausgezahlt werden sollen. Sie sollen bis Ende November 2024 anhand des geflossenen Auszahlungsbetrags berechnet werden. Ab Dezember 2024 soll sich dies ändern. Dann will die Rentenversicherung die Zuschläge bereits bei der Berechnung der Entgeltpunkte berücksichtigen. 

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