Technische Probleme, viel Bürokratie und offene Fragen: Für viele Immobilieneigentümer wurde die Grundsteuererklärung zu einer Farce. Die Kritik an der Grundsteuerreform ist deutlich und tönt von allen Seiten. Besonders groß ist das Chaos in Nordrhein-Westfalen: Laut
Städte- und Gemeindebund soll die Steuer für Ein- und Zweifamilienhäuser deutlich steigen, während die Steuerlast für Lager- und Fabrikhallen stark sinken könnte.
Nach und nach flattern nun die ersten Grundsteuerbescheide in die Briefkästen und die Tragweite der neuen Reform wird sichtbar: Immobilienbesitzer erwarten eine hohe Steuerlast, die Kommunen machen sich Sorgen um ihre Steuereinnahmen und Mieter müssen mit Aufschlägen auf ihre Nebenkostenabrechnungen rechnen.
Um dagegenzuwirken, brachte die NRW-Landesregierung am vergangenen Donnerstag ein neues Gesetz in den Landtag. Dieses soll den Kommunen eine bürgerfreundliche Öffnungsklausel vor dem Inkrafttreten der neuen Grundsteuer bieten. Das heißt: Kommunen sollen künftig selbst entscheiden können, ob sie für unterschiedliche Grundstücksarten verschiedene Hebesätze anwenden.
Für diesen Gesetzesentwurf hagelt es von den Städten und Kommunen Kritik. Nun mischen sich auch noch Wirtschaftsvertreter ein. So warnt Hans Jörg Hennecke, Hauptgeschäftsführer von Handwerk NRW, gegenüber der „Rheinischen Post“, dass diese Novelle den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen weiter schaden könnte. Denn mit diesem Gesetz würden die Kommunen mehr Freiraum bei der Ausschöpfung ihrer Steuerquellen erhalten. „So produziert man Leerstände in den Fußgängerzonen und in den Hinterhöfen unserer Städte“, warnt Hennecke.
Ähnlich beurteilt Johannes Pöttering, Hauptgeschäftsführer Verband Unternehmer NRW, die Pläne. Viele Kommunen befinden sich in angespannten Haushaltssituationen. Das könne dazu führen, dass die Kommunen an der neuen Steuerschraube drehen und die Unternehmen zusätzlich belastet würden. „Mit der nun vorgelegten Änderung der Grundsteuer wird darüber hinaus nun durch die Hintertür auch noch einer verkappten ertragsunabhängigen ,Gewerbesteuer 2‘ der Weg bereitet. Eine Maßnahme mit derartiger Tragweite und dem damit verbundenen Sonderweg für die Unternehmen in NRW darf nicht übers Knie gebrochen werden“, sagt Pöttering gegenüber der „Rheinischen Post“.
Kommunen fühlen sich alleingelassen
Und auch von Seiten der Städte und Landkreise hagelt es Kritik an dem Vorhaben der schwarz-grünen Landesregierung. Der Städte- und Gemeindebund NRW glaubt, dass das Grundsteuerproblem auf die Kommunen umgeladen werde. Präsident Prof. Dr. Christoph Landscheidt kritisiert: „Die Regierungsfraktionen schaffen hier ohne zwingende Gründe ein Einfallstor für Rechtsstreitigkeiten auf dem Buckel der Kommunen“, so Landscheidt. „Eigentlich müssten wir unseren Mitgliedern empfehlen, von der Option keinen Gebrauch zu machen.“
Ein Sprecher des Landesfinanzministeriums wies die Vorwürfe zurück und wies stattdessen gegenüber der „Rheinischen Post“ auf steuerliche Vorteile für Unternehmen hin: „Die für die Betriebsgrundstücke gezahlte Grundsteuer stellt für die Unternehmen eine Betriebsausgabe dar, die den steuerpflichtigen Gewinn mindert.“
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